Der Kunde – Ideenlieferant Nr. 1

Die Idee als Produkt individueller Denkleistung wird immer seltener, das kollektive Wissen ist omnipräsent. Dieses in Produkte und Dienstleistungen zu transformieren ist die Kunst des Unternehmers, gerade in gesättigten Märkten. Aber geht das so einfach? Was muss beachtet werden, um Social Media & Co. effizient und sinnvoll für das Ideenmanagement zu nutzen?

Der Kunde – Ideenlieferant Nr. 1

 

 

 

 

Nun kann man gelegentlich auf der einen oder anderen Webseite nachschauen, was über die eigenen Produkte oder die der Mitbewerber geschrieben wird. Und wenn dort gute Ideen stehen, können diese in das Ideenmanagement aufgenommen werden. Und dann hofft man, dass sich hieraus gelegentlich Produktinnovationen entwickeln, die sich erfolgreich vermarkten lassen.

 

Ganz ehrlich, das hat wenig mit einem systematischen Prozess zu tun, der dazu beitragen soll, das Ideenmanagement effizient weiterzuentwickeln. Ähnlich wie bei vielen anderen Themen im Unternehmen handelt es sich hierbei nämlich um

 

SystematischerTransformationsprozess

 

einen Transformationsprozess, der viele Aspekte tangiert und bei dem es gilt, alle wichtigen Themen zu beachten, um eine erfolgreiche Umsetzung sicherzustellen.

 

Um dies systematisch durchzuführen, hat die Beratungs- und Projektunternehmung TCI Transformation Consulting International aus der Erfahrung zahlreicher Transformationsprojekte ein Vorgehensmodell entwickelt, das in vielen derartigen Projekten mit Erfolg eingesetzt wurde (Grafik 1).

Implementierung einer Social Media-Nutzung

 

Was bedeutet dies nun übertragen auf die Nutzung von Social Media für das Ideenmanagement? Jede der Überschriften in Grafik 1 muss in Bezug auf die notwendige Transformation abgearbeitet und beantwortet werden – einige Themen ausführlicher, andere weniger tief, je nach Bedarf und Implementierung.

Positionierung, Strategie und Geschäftsmodell

 

Die Innovationsstrategie sollte eng mit der Unternehmensstrategie abgestimmt sein. Dies ist Grundvoraussetzung für jegliches zielgerichtetes und erfolgreiches Innovieren. Hierzu zählt natürlich auch die Strategie, wie das Unternehmen zu neuen Ideen kommt und wie diese bewertet werden (Stichwort: Stagegate- Prozess). Das heisst, die Ideengenerierung über Social Media hat direkt Einfluss auf die Innovationsstrategie und somit auch indirekt auf die Unternehmensstrategie. Somit sind insbesondere folgende Fragen zu beantworten:

 

  • Bei welchen Themen werden Impulse vom Kunden, aber auch von Wettbewerbern erwartet, wo will man ihn mitreden lassen?
  • Bei welchen Produkten macht die Einbindung von Social Media überhaupt Sinn?
  • Welche Themen sollen generell kommuniziert werden und welche strategisch wichtigen Themen sollen lieber bis zum Schluss geheim gehalten werden, um den Mitbewerber nicht frühzeitig darauf aufmerksam zu machen? Oder entstehen durch absolute Transparenz nicht gerade Kooperationen, die einen möglichen Mehrwert erst erschliessen?

Wertschöpfungs-Prozessmodell

 

Die Ideengenerierung via Social Media und Worldwideweb greift direkt in die Prozesslandschaft ein. Das gelegentliche Review einiger Seiten im Internet kann nicht Ziel dieser Transformation sein. Vielmehr geht es darum, diese Ressourcen zielgerichtet und effizient in die Unternehmensprozesse einzubinden, um dadurch auch sicherzustellen, dass brauchbare und gewinnbringende Ergebnisse die Aufwände kompensieren.

 

Auch hier gilt es wieder, konsequent einige Punkte abzuarbeiten:

 

  • Was bedeutet es, wenn der Innovationsprozess von Kunden und nicht, wie in mittelständischen Unternehmen üblich, von Ingenieuren geleistet wird?
  • Werden dann noch Marktstudien, Kooperationen mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen benötigt bzw. wie ändern sich diese Aktivitäten? 
  • Können gar die Aufwände für das Innovationsmanagement reduziert oder ganz eingespart werden?
  • Was wird noch benötigt, um sinnvoll Ideen zu generieren, zu bewerten und umzusetzen? Oder ändert sich hier durch den Einsatz von Social Media nichts?

Rollen und Verantwortlichkeiten

 

Wenn der Kunde jetzt die Ideen direkt liefert, hat das Einfluss auf die Rollen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen. Dies muss berücksichtigt und gewollt sein, weil sonst aus unterschiedlichsten Gründen diese Ideen nicht angenommen werden (Stichwort: «Not-inventedhere- Syndrom»). Wenn also der Innovationsmanager diese Ideen «von draussen» als Bedrohung für seinen Job wahrnimmt, wird er unter Umständen alles unternehmen, damit diese Ideen nicht erfolgreich umgesetzt werden.

 

Demzufolge ändern sich Rollen und Verantwortlichkeiten und müssen angepasst werden:

 

  • Es ist zu klären, was sich grundlegend ändert.
  • Welche Funktion haben (noch) der Innovationsmanager oder der Produktmanager? Die Auswirkungen müssen nicht unbedingt negativ sein, aber sie sollten beschrieben werden.
  • Wie wichtig ist noch das betriebliche Vorschlagswesen?
  • Oder wird der Social Media Manager nun zum Produktmanager?
  • Und wird es neue Rollen geben, zum Beispiel den Wissensarbeiter?
  • Wie wird patentrechtlich vorgegangen?

Optimierte Organisationsstruktur

 

Wie schon erwähnt, haben Transformationen natürlich auch Auswirkungen auf die Organisationsstruktur und die Abläufe im Unternehmen. Es entstehen neue Rollen und Verantwortlichkeiten und diese müssen in der Organisationsstruktur abgebildet werden, damit es keine Kompetenzstreitigkeiten und andere Reibungsverluste gibt. Nur dann lassen sich die gewonnenen Ideen zeitnah in hoffentlich lukrative Innovationen umsetzen.

 

Fragen, die in diesem Kontext zu beantworten sind:

 

  • Wo werden die Social Media Aktivitäten im Unternehmen angesiedelt? Im Marketing oder Vertrieb? In

 

Aufwände reduzieren oder ganz einsparen

 

der Produktion, im Innovationsmanagement? Beim HR-Management oder direkt beim Vorstand? Welchen Stellenwert werden sie haben?

 

  • Wie sieht das Call Center von morgen aus? Werden hier weiterhin nur Bestellungen und Reklamationen entgegengenommen oder auch Ideen und Vorschläge für Verbesserungen und neue Produkte?
  • Wird Social Media Monitoring zum zentralen Element des Ideenmanagements?
  • Muss hier mehr Personal eingesetzt werden? Und lässt sich dies an anderen Stellen einsparen?
  • Was bedeutet dies für das Product Lifecycle Management?

Fähigkeiten und Personal

 

Innovationsprozesse sind im hohen Masse Kommunikationsprozesse. Social Media definiert Kommunikation neu und beeinflusst daher die notwendigen Anforderungen an das Personal. War es noch Ende der 90er-Jahre üblich, dass Entwicklungen in Unternehmen im privaten Umfeld für Staunen und Schulterklopfen gesorgt haben, so ist es inzwischen umgekehrt.

 

Heute definieren die Digital Natives mit ihren Erfahrungen aus dem privaten Bereich die Anforderungen an die Kommunikation im Unternehmen. Deshalb werden sich auch die Jobprofile ändern. Der Umgang mit und das Bewegen im Social Net will gelernt sein. Und die Informationen müssen interpretiert werden. Hier ist auch nicht derjenige der Wichtigste, der die meisten Bestellungen aufgibt, sondern der, der die meisten Beiträge (Tweets) verfasst und darauf die meisten Antworten (Re- Tweets) erhält. Dies muss berücksichtigt werden.

 

Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter weiterentwickelt werden müssen bzw. neues Personal beschafft werden muss: 

 

  • Wie viele Mitarbeiter und mit welchen Skills werden für die Aufgaben benötigt? Wie müssen Jobprofile angepasst bzw. neu erstellt werden?
  • Was ist davon schon vorhanden? Was fehlt noch? (Stichwort: Kompetenzplanprozess)
  • Wie sehen geeignete und notwendige Massnahmen aus, um die vorhandenen Mitarbeiter weiterzuentwickeln bzw. neue Mitarbeiter effizient und schnell an die Aufgaben heranzuführen. 
  • Welche Zielvereinbarungen werden mit diesen Mitarbeitern geschlossen, woran möchte man sie messen?

Unterstützende Methoden und Informationssysteme

 

Wie wir alle wissen, ist das Internet voll von Informationen und die Schwierigkeit ist nicht, dass man nichts findet, sondern dass zu viele Informationen gefunden werden. Also muss einerseits geklärt werden, wo nach den relevanten Informationen gesucht werden soll, und andererseits, wie diese Informationen ausgewertet und aufbereitet werden. Für Letzteres existieren bereits viele Tools am Markt, aber auch hier muss das Richtige ausgesucht werden.

 

Auch hier müssen Entscheidungen getroffen werden:

 

  • Wo soll nach Informationen gesucht werden: sind es nur die klassi

 

Das Bewegen im Social Net lernen

 

klassischen sozialen Medien, wie z.B. Facebook, Twitter und Co., oder auch die Bewertungsportale wie z.B. Ciao. de, die Einkaufsportale wie Amazon. de und die Online-Auftritte von Fachzeitschriften wie Chip.de und andere, wo genauso über Produkte und Dienstleistungen diskutiert wird?

 

  • Soll ein eigenes Corporate Blog initiiert werden, in dem Kunden, aber auch Nicht-Kunden ihre Ideen hinterlassen und bewerten können? Oder schliesst man sich bestehenden Ideenportalen an.
  • Welche Anforderungen werden an ein Auswertungs- und Aufbereitungstool gestellt und welches kommt für das Unternehmen in Frage? Welche sind für den eigenen Bedarf die richtigen und wie viel Aufwand soll getrieben werden?
  • Wie wird mit Social Media Tools im Unternehmen Politik gemacht? 85 Prozent der Wissensarbeiter schauen zuerst im www, obwohl das Intranet oft schon Impulse geben kann.

Controlling und Governance

 

Wie bei jeder Transformation muss geklärt werden, ob sich die ganzen Aufwände rechnen und ob die damit verbundenen Ziele erreicht werden. Auch muss festgelegt werden, wer etwas in den sozialen Medien platzieren darf und welche Freigabeprozesse eingehalten werden müssen. Wie geht man mit Kundenkritik zu den eigenen Produkten und Dienstleistungen um, egal ob nun berechtigt oder nicht. Wird diese Kritik nur zur Kenntnis genommen, oder wird mit geeigneter Kommunikation dazu Stellung genommen, was eigentlich von den Kunden erwartet wird? Oder herrscht hier immer noch die Meinung im Unternehmen vor, dass man solcher Kritik mit rechtlichen Schritten entgegentreten sollte?

 

Fragen, die hierzu beantwortet werden sollten:

 

  •  Welche Ziele werden mit der Ideengenerierung über soziale Medien verbunden? Was will das Unternehmen damit erreichen? 
  • Gibt es geeignete KPIs, um einen ROI zu berechnen? Welche Auswirkungen entstehen überhaupt und sind alle auch gewollt?
  • Gibt es Abbruchkriterien? Wann sollen die Aktivitäten nicht weiter verfolgt werden bzw. was sind Indi

 

Was wird vom Kunden erwartet?

 

katoren für Anpassungen und Nachbesserungen? (Stichwort: Risikound Chancenmanagement)

 

  • Gibt es eine Corporate Police zum Thema Veröffentlichungen im Internet und muss diese evtl. angepasst werden? Wie wird mit Verstössen umgegangen?
  • Gibt es einen Notfallplan für einen sog. «shit storm»?

 

All dies sind Themen und Fragestellungen, die betrachtet werden sollten, wobei die Liste sicher nicht vollständig ist, sondern nur die wesentlichen Themen berücksichtigt.

Resümee

 

Social Media hat in den letzten Jahren das Kommunikationsbedürfnis einer ganzen Generation einschneidend verändert. Diese Veränderung bietet die Chance, diese Art der Kommunikation auch für Unternehmen und deren Innovationsprozesse zu nutzen. Die hier vorgestellte ganzheitliche Betrachtung ist Grundlage für einen notwendigen Transformationsprozess gerade im Ideenmanagement. Grafik 2 präsentiert zusammenfassend unseren Ansatz zum Transformation Social Media Cycle für das Ideenmanagement.

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