Den Paso doble üben
Im voll besetzten Berner Kursaal hat Anfang Januar am Neujahrsapéro das Bundesamt für Energie (BFE) seine Energiepreise 2013 verliehen. Mit dem «Watt d’Or» wurden zum siebten Mal Personen und Organisationen ausgezeichnet, die mit ihren Innovationen Wege in die energiepolitische Zukunft öffnen.
Die schweizerische Energielandschaft ist in Bewegung. National und international ergeben sich daraus vielfältige, anspruchsvolle Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Diskussionen über und Perspektivarbeiten zur schweizerischen Energiezukunft laufen derzeit auf allen Ebenen. Die Bemühungen um einen energiepolitischen Konsens werden von heftigen Reaktionen begleitet. In seiner Neujahrsansprache begrüsste BFE-Direktor Dr. Walter Steinmann denn auch ausdrücklich die «werten Gegenspieler auf dem Feld der Energie».
«Energiepolitischer Paso doble»
Das diesjährige Motto für den Neujahrsanlass trifft genau die Stimmung und Absicht, worauf sich das BFE 2013 konzentrieren will. Der Paso doble wird stolz mit erhobenem Haupt getanzt. Das Wesen des Stierkampfes wird in Haltung und Tanzschritte umgesetzt, in Drehungen, Wechselschritte und Attacken. «Kommt Ihnen das bekannt vor?», fragte Walter Steinmann die Zuhörer. Die Ähnlichkeiten zwischen Paso doble und Energiepolitik seien offensichtlich, wenn auch bei der Energiepolitik bisweilen fehlendes Musikgehör zu beklagen sei. «Doch 2013 haben wir Gelegenheit, Rhythmusgefühl und Schritte gemeinsam zu entwickeln, zu üben und bis zur Perfektion zu bringen. Sodass wir die energiepolitische Harmonie verinnerlichen und den Paso doble bald elegant, energieeffizient und turniertauglich hinlegen können.» Eine solche Harmonie wird unerlässlich, um das wichtigste Geschäft des BFE, die Vernehmlas
Den Rhythmus finden
Vernehmlassungsvorlage «Energiestrategie 2050» an das Parlament voranzutreiben. Sie ist die Schweizer Antwort auf die Umstrukturierungen in der Energiewirtschaft. «Die Szene wird internationaler, volatiler, kostenbewusster und innovationsgetriebener. Kurz: Sie wird beweglicher und macht sich fit für neue Rhythmen», so Walter Steinmann.
Aus seiner Sicht gilt es unter anderem, den marktorientierten Umbau als Grundlage der Energiestrategie 2050 glaubwürdig darzulegen und das Instrumentenset entsprechend auszugestalten. Marktgetriebene Prozesse sollen befristet unterstützt werden. Und: Weil das Wissen und der Erfahrungsschatz der Ingenieurinnen und Ingenieure im Effizienzbereich matchentscheidend seien, sollen der Erfahrungsaustausch auch international gezielt unterstützt und Topleistungen ausgezeichnet werden.
Die Watt d’Or-Preise 2013
Der «Watt d’Or» ist eine der BFEAktivitäten, die sich aus Steinmanns Absichten ableiten. Es soll über die Energiewende nicht nur diskutiert, es soll gehandelt werden. Die Preisträgerinnen und Preisträger schaffen Lösungen, die Energie- und Umweltbewusstsein in Einklang bringen mit Komfortansprüchen, Ästhetik und ökonomischen Interessen. Und sie zeigen mit ihren Innovationen den praktischen Nutzen für uns, für Wirtschaft und Gesellschaft auf, so das BFE.
Die prestigeträchtige Auszeichnung ist nicht dotiert und es gibt keine Siegerränge. Aber die Trophäe, eine schwere Schneekugel ist ein Gütesiegel par excellence. «Der Watt d’Or», sagt Alt-Nationalrat und Jurymitglied Yves Christen, «ist für die Energiebranche, was der Goldene Leopard von Locarno für die Filmszene ist. Alle, die auf dem Weg in die Energiezukunft ihre Rolle vorbildlich spielen, sind die wahren Stars der 2000-Watt-Gesellschaft. » Ausgezeichnet wurden in folgenden Kategorien:
Gesellschaft Services Industriels de Genève SIG
Das Genfer Energieversorgungsunternehmen setzt mit dem «Stromsparprogramm éco21» und dem «Energieleistungsvertrag CPE» aufs Energiesparen. Energieeffizienz ist die wichtigste, verfügbarste, umweltfreundlichste und billigste Energiequelle. Darum stellt das Geschäftsmodell der SIG seit fünf Jahren im Einkauf und Verkauf die Energieeffizienz ins Zentrum. Kundinnen und Kunden sparen durch einen effizienteren Stromverbrauch Geld, die SIG können auf den Zubau von kostspieligen neuen Netzen und Kraftwerken verzichten und es entstehen qualifizierte neue Arbeitsplätze für Energieeffizienzfachleute. Der Energiemarkt der Zukunft à la genevoise: ein Erfolgsmodell.
Energietechnologien Joulia SA, Biel
Die «Wärmerückgewinnende Duschwanne Joulia» gewinnt die Wärme und damit die Energie aus dem abfliessenden Duschwasser zurück und heizt damit das kalte Frischwasser vor. Resultat: Es braucht weniger Heisswasser aus dem Boiler, der Energiebedarf beim Duschen sinkt um über einen Drittel. Joulia sieht sehr elegant aus. Sie ersetzt herkömmliche Duschwannen und braucht als zusätzliche Installation nur den Anschluss des Wärmetauschers. Die Einsparung von Heisswasser hat auch Einfluss auf andere Systeme im Haus. Joulia: «Die elegante Energierevolution im Badezimmer: eine saubere Sache.»
Energietechnologien, Spezialpreis: Export Maschinenfabrik Rieter AG, Winterthur
Die Energiesparklappe «suction tube ECOrized» für Ringspinnmaschinen: Das tönt kompliziert, ist aber von bestechender Einfachheit. Das kleine Absaugröhrchen aus Kunststoff sieht aus wie ein Seepferdchen. Wer es in der Hand hält, kann kaum glauben, welche Wirkung es entfacht. Spinnmaschinen sind wahre Energiefresser. Mit der neuen Absaugklappe ist dem Rieter F+E Team ein Clou gelungen: Sie senkt auf einen Schlag den Energieverbrauch ihrer Maschinen um zehn Prozent. Laut BFE können damit weltweit über sechs Milliarden Kilowattstunden Strom eingespart werden. Das ist mehr als der Jahresverbrauch der beiden Kantone Aargau und Solothurn. Und das dank eines kleinen, einfach zu montierenden Kunststoffteils! Jeder Garnproduzent kann die Energiesparklappe durch eigene Betriebsmechaniker und Elektriker selbst einbauen.
Erneuerbare Energien
Die Jury hat dieses Jahr in dieser Kategorie kein Siegerprojekt gekürt. Sie erklärt dazu, dass die sehr guten Wettbewerbsbeiträge nur die in den Vorjahren prämierten Projekte «dutzendfach» multipliziert hätten. Ziel des Watt d’Or aber sei, die Einzigartigkeit und den Pioniergeist auszuzeichnen.
Energieeffiziente Mobilität PostAuto Schweiz AG
Mit seinen «Brennstoffzellenpostautos » setzt das Unternehmen einen starken Akzent. 39 Millionen Liter Diesel verbraucht PostAuto jedes Jahr, um seine über 120 Millionen Fahrgäste zu transportieren. Das geht ins Geld und belastet die Umwelt. Grund genug für die Post- Auto Schweiz AG, ihren Energiekonsum konsequent effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten. Mit ihrem fünfjährigen Testbetrieb mit fünf Brennstoffzellenpostautos in der Region Brugg fährt PostAuto pünktlich in die Energiezukunft ab. «Mit diesem Projekt beweist PostAuto ihre Kompetenz, neue Technologien aufs Terrain zu setzen», sagt Daniel Landolf, Leiter des Konzernbereichs PostAuto der Post.
Kategorie Gebäude und Raum CREDIT SUISSE AG, Zürich
Mit dem Uetlihof 2, der Erweiterung ihres seit 1976 bestehenden Bürokomplexes im Süden der Stadt Zürich, setzt die Credit Suisse Massstäbe. Der Neubau mit neun Etagen und einer Bürofläche von 38’000 m2 ist das bisher grösste Minergie-P-Eco-Gebäude in der Schweiz. Er ist mit dem Label «Gutes Innenraumklima» zertifiziert und erreicht durch die Optimierung der Herstellungsenergie (graue Energie) und ein umweltfreundliches Mobilitätskonzept die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft. Im Fokus des Uetlihof 2 steht aber der Mensch: Das energiesparende, gesunde Gebäude und das innovative Smart-Working-Konzept bieten den 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern äusserst attraktive Arbeitsbedingungen.
Green Datacenter AG, Brugg
In Lupfig im Kanton Aargau ist seit 2011 das derzeit modernste und gleichzeitig sehr energieeffiziente Rechenzentrum der Green Datacenter in Betrieb: ein internationaler Show-Case für Schweizer Cleantech. Denn das Rechenzentrum setzt auf die Hochspannungs- Gleichstromtechnik der schweizerischen ABB. Dank der Eliminierung von Spannungsumwandlungs- und Abwärmeverlusten verbraucht es 20 Prozent weniger Strom und setzt damit neue Massstäbe. «Wir haben ein starkes kommerzielles Interesse, den Stromverbrauch unseres Rechenzentrums zu reduzieren. Es ist für uns ein unabdingbarer Wettbewerbsvorteil», sagt Franz Grüter, CEO der Green Datacenter AG.