«Den Kontakt nicht verlieren»

Das 55. Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft (SMG) widmete sich dieses Jahr dem Thema «Losing touch?» (Kontakt verlieren?) und spiegelte wider, wann die «Bodenhaftung» zwischen Management und Mitarbeitenden fehlt – und wie man dies verhindern könnte.

Die Schweizerische Management Gesellschaft repräsentiert mit 1200 führenden Entschei-dungsträgern der Schweizer Wirtschaft eine bedeutende Vereinigung. Am 20. September 2018 kamen nicht nur geprüfte Wirtschafts­ kapitäne wie Risto Siilasmaa von Nokia, son-dern auch illustre Gäste aus Mode, Religion, Wissenschaft zu Wort.

Teil einer gefallenen Weltmarke sein
Nokia hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nokia war um die Jahrtausendwende der «Pace-maker» der Mobiltelefonie. Trotzdem verpasste der finnische Konzern die Technologieführer-schaft. Wie konnte man derartig den Kontakt zum Konsumenten respektive zu seinen Ent-wicklern verlieren? Und wie erlebte diese Phase Risto Siilasmaa, Chairman of the Board of Di-rectors, wiederum? Siilasmaa erklärte am 55. Forum seine Herkulesaufgabe im Nokia-Management so: «Wir suchten nach Vorgehens-weisen, wie man wieder möglichst erfolgreiche Bedingungen schafft.» Siilasmaa ist seit 2012 Verwaltungspräsident von Nokia Corporation. Dem Verwaltungsrat gehört er seit 2008 an, jetzt hat er ein Buch (siehe Textende) geschrie-ben, wie er die ganze Krise erlebt hat.

Menschen «aufrichtig» verbinden
«Connecting people» war der langjährige Slo-gan von Nokia, bis der Konzern seine Welt-marktführerschaft verlor. Über 150 Jahre war Nokia ein Technologieführer von Produkten wie Reinigungstücher, Pneus, Fernseher, PCs und schliesslich auch Mobiltelefone. Dann brö-ckelte nicht nur das Image des Weltmarktfüh-rers. Die Umsätze sanken Jahr für Jahr.

 

Trotz allen negativen Entwicklungen verfolgte die Konzernleitung das Ziel, Nokia zum führenden Anbieter von Geodiensten zu machen

 

So stellte Nokia in Partnerschaft mit Mi-crosoft seine Kartendienste auf Geräten mit dem Betriebssystem Windows Phone zur Ver-fügung. Zudem wurden entsprechende Nut-zungsvereinbarungen mit Amazon.com ge-schlossen. Zuletzt konnte Nokia den Unterneh-menssoftwarekonzern Oracle für seine Karten-dienste gewinnen, seine Reputation wieder er-höhen, indem es sich in einem schwierigen Technologieumfeld repositionierte – sodass aktuell auch Google um ihre Produkte wirbt.

 

Als Risto Siilasmaa Präsident von Nokia wurde, erlitt das Unternehmen einen Verlust von zwei Milliarden pro Jahr. Siilasmaa: «Man prognostizierte schon das Datum des Konkur-ses». Es war nicht einfach für den Nokia-Chef. Allerdings ist Nokia heute ein anderes Unter-nehmen. Durch die ganze Transformation wurden äusserst viele Verwaltungssitzungen geführt. Der Nokia-Präsident in Zürich:

 

«Durch die starke gemeinsame Arbeit entstand neues Vertrauen.» Nokia «lebt» heute eine «open door policy» (Offene-Türen-Politik) und eine sogenannte «open space culture» (ein Freiraumgestaltungskonzept).

Wie man Persönlichkeit schafft
«Losing touch», den Kontakt zum Personal ver-lieren, sei nichts Neues, erklärte Wolfgang J. Pfund, Leiter Personal und Logistik Suva, am 55. Forum der Schweizerischen Management Ge-sellschaft in der Schlussdiskussion. Diese Un-zulänglichkeit werde nur häufig verdrängt: Die Chefs hätten Mitarbeitende um sich «geschart» und gehen davon aus, sie seien bestens in Kon-takt respektive in einer guten Beziehung. Pfund:«Heute, wo man über grosse Distanzen arbeitet, muss man noch ehrlicher miteinander umge-hen. Darin liegt eine grosse Chance.»

 

Gesprächsteilnehmer wie Antoinette Weibel, Ordentliche Professorin für Personal-management an der Universität St. Gallen, und der SUVA-Personalchef waren sich einig: Das Leitthema «in Beziehung sein» ist das Thema der immer mobiler arbeitenden Gesellschaft. Es gehöre jedoch auch dazu, die Kommunikati-onskultur zwischen all den externen und in-ternen Terminen nicht zu verlieren.

 

Wenngleich heute Firmen wie XING mit Reporting-Apps arbeiten, sei es wichtig, «zu streiten, ohne sich gegenseitig zu verletzen», er-klärte Thomas Vollmoeller, CEO XING. Die Ge-sprächsteilnehmer motivierten die rund 300 Manager am Forum, Emotionen zuzulassen, sie greifbar werden zu lassen, schliesslich auch dazu zu stehen, wenn es einmal nicht so gut geht. Auch so würde man auf «Augenhöhe» mit seinen Mitarbeitenden bleiben. Prof. Dr. Weibel erklär-te: «Die Unternehmen rutschen heute eher in Richtung Misstrauen, weil das Management stark an (Erfolgs-)Zahlen glaubt. Man verliert je-doch auch viel Geld, wenn Vertrauen fehlt.»

 

Abschliessend kommentierte Dr. sc. nat. Lukas Braunschweiler, SMG-Präsident 2019, den höchst spannenden Diskurs mit folgenden Worten: «Manager sollten nicht nur proaktiv sein und sich einbringen. Sie sollten auch Be-scheidenheit üben und zuhören, sich auf an-dere einlassen können. Leute berücksichtigen und anstellen, die auch einmal widersprechen
können und dürfen.»

 

 

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