Datenqualität: Schweizer Banken mit Optimierungspotenzial

Wer mehr Daten hat, hat einen Wettbewerbsvorteil. Dieses Credo gilt in fast allen Branchen – auch im Banking. Trotzdem haben die Banken im deutschsprachigen Raum bei der Datenqualität noch Aufholbedarf, wie eine Studie der Hochschule Luzern zeigt.

Beim Management von Datenqualität und Datenquantität haben viele Schweizer Banken noch Optimierungspotenzial. (Bild: Depositphotos.com)

Eine neue Studie der Hochschule Luzern zeigt: Auch im Banking ist Management der Datenqualität und -quantität ein hochgradig relevantes Thema. Gleichzeitig geben viele Banken an, dass sie sich zu diesem Thema nicht äussern, da sie dadurch zu viel über ihre Geschäftstätigkeit preisgeben würden. Die Studie wurde vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ gemeinsam mit BSI (Business Systems Integration AG), Dun&Bradstreet sowie Finnova und msg GillardonBSM durchgeführt. Es wurde untersucht, wie gut Banken auf die kommenden Herausforderungen im Kundenmanagement und den anstehenden Technologiesprung vorbereitet sind. Die Studie analysierte den Zusammenhang zwischen der Datenhaltung und den daraus resultierenden Möglichkeiten, den Geschäftserfolg von Banken nachhaltig und automatisiert zu steigern. Zudem sollen die Herausforderungen und Chancen für die Banken, die sich durch qualitativ und quantitativ exzellente Datenhaltung ergeben, eruiert werden. Dazu haben die Forscherinnen und Forscher von Mai 2021 bis September 2021 die grössten 70 Banken des DACH-Raums befragt.

Hohe Datenqualität und -quantität: Nutzen zeigt sich verzögert

«Betrachtet man die Grösse der teilnehmenden Banken, so stellt man fest, dass insbesondere kleine und sehr grosse Banken dezidierte Teams für das Kundenstammdatenmanagement unterhalten», stellt Nils Hafner, Studienautor und Dozent für Kundenmanagement am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern, fest. Dies könne daran liegen, dass gerade mittelgrosse Institute noch nicht die Notwendigkeit für eine konsequente datengestützte Bewirtschaftung des Kundenstamms als Erfolgsfaktor sehen. Gleiches gilt für eine Verankerung des Stammdatenmanagements in der Unternehmensstrategie. «Da sich der spezifische Nutzen einer hohen Datenquantität und -qualität erst mit der Zeit zeigt, gehen wir davon aus, dass Banken in der DACH-Region gerade erst damit beginnen, grundlegende Zusammenhänge zwischen Wissen in Form von Daten und Können in Form erfolgreicher Kampagnen zu verstehen», so der Studienleiter.

Datenmanagement als Teil des Geschäftsmodells

Geht es darum, konkrete Empfehlungen für Bankinstitute aus der vorliegenden Studie abzuleiten, so orientieren sich diese nicht zwingend an den Entwicklungen innerhalb der Branche. Gerade im Kontext der Teilhabe und Gestaltung von Ökosystemen seien Banken häufig nicht in der Position des Orchestrators eines solchen Ökosystems, wie die Studienautoren festhalten. Diese werden häufig von kundennäheren Branchen wie dem Einzelhandel geprägt. Daraus abgeleitet empfiehlt die Studie den Banken, ihr Wissen um die Erhebung, Ablage und Analyse der wichtigsten Kundendatenkategorien zu erhöhen. Das bedeutet im Einzelnen:

  1. Banken sollten sich Gedanken über die strategische Bedeutung von Kundenwissen und damit über Erhebung, Ablage und Analyse von Kundenstammdaten für ihr eigenes Geschäftsmodell machen. Das beinhaltet eine Analyse des Ist-Zustandes, also ein Customer Data Quality Assessment, und eine Ableitung von Massnahmen, um die Quantität zu steigern und die Datenqualität auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Dabei essenziell ist die Formulierung strategischer Prinzipien zur Datenhaltung wie dem Anspruch an eine vollständige 360°-Kundensicht, dem Prinzip der fehlerfreien Erfassung «First Time Right», der Etablierung eines «Single Source of Truth» oder des «Golden Records» und der Idee von «Zero Maintenance» durch einen hohen Automatisierungsgrad beim Qualitätsmanagement des Kundenstammdatenbestandes.
  2. Gerade im Kontext des ersten Prinzips einer vollständigen 360°-Kundensicht ist es wichtig, althergebrachte Prioritäten in der Touchpoint- und Kanalbetrachtung der Finanzinstitute zu verlassen. Die Studie zeigt hier deutlich auf, dass Banken immer noch den «physischen Kunden» über Telefon und Filiale und den «Online-Kunden im Netz» unterscheiden. Eine ganzheitliche Kundensicht kann aber nur dann hergestellt werden, wenn die «klassisch-physische» Beobachtung des Kundenverhaltens mit dem «digitalen» Klickverhalten der Kundinnen und Kunden bei E-Mail-Kampagnen oder im Netz ergänzt wird. Nur so kann die Interessen der Kundschaft ganzheitlich analysiert werden.
  3. Gesamthaft müssen Finanzinstitute im Verständnis des Lebens ihrer Kundinnen und Kunden schneller und besser werden. Gerade im Vergleich zur Assekuranz oder dem Retail-Handel sind sie häufig nicht in der Lage, Veränderungen im Leben ihrer Kundinnen und Kunden in Echtzeit und vollautomatisiert festzustellen und darauf zu reagieren. So sind sie auch mittelfristig nicht fähig, Kundenpotentiale für Cross- und Up-Selling zu analysieren und zu heben. Sollte dies aber den erwähnten anderen Branchen gelingen, werden diese den klassischen Banken einiges an Geschäftsvolumen abnehmen.

Schliesslich kann festgestellt werden, dass Banken noch auf einem erstaunlich tiefen Reifegrad im Kundendatenmanagement verharren und sich entsprechend dringend entwickeln sollten, wollen sie im Wettbewerb in einer zunehmend digitalisierten Welt erfolgreich sein.

Quelle und weitere Informationen: Hochschule Luzern

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