Das eine geht nicht ohne das andere
Ein zeitgemässes Qualitätsmanagement ist nur möglich, wenn sich alle Beteiligten daran beteiligen. Deshalb ist es auch ein wesentlicher Bestandteil des strategischen Beschaffungsmanagements.
Die professionelle Beschaffung hat viel mit Qualitätsmanagement zu tun. Legt sich ein Unternehmen erst einmal auf Lieferanten fest, geht es ein gewisses Risiko ein, was die Qualität der Ware, aber auch, was die Termin- treue anbelangt. Die Praxis hat schon allzu oft gezeigt, dass ein Qualitätsproblem zu Lieferschwierigkeiten führen kann. Und Lieferschwierigkeiten kosten den Auftraggeber nicht nur Nerven, sondern auch Zeit und Geld. Hat Termintreue mehr Gewicht als das Qualitätsanliegen, ob nun auf Zulieferer- oder Auftraggeberseite, ist die Gefahr gross, dass nur eine oberflächliche Symptombekämpfung stattfindet, statt der Ursache für den Mangel auf den Grund zu gehen – und diesen zu beheben.
Qualitätsmanagement ist Risikomanagement
Je höher der Beschaffungsanteil auf Auftraggeberseite ist, desto existenzieller ist dem- nach ein zeitgemässes und umfassendes Supplier Quality Management. Es lohnt sich, hier Zeit und Geld zu investieren. Das muss schon bei der Evaluierung der Lieferanten starten. Als Auftraggeber will man sich sicher sein, dass der ausgewählte Partner nicht nur willens, sondern auch fähig ist, zuverlässig zu liefern. Gerade deshalb sollten die Kandidaten noch vor Vertragsabschluss ein erstes Audit durchlaufen.
Ist der Entscheid für einen Lieferantenpartner gefallen, sollten detaillierte Vereinbarungen punkto Qualitätssicherung sowie das Vorgehen bei Abweichungen auf jeden Fall fester Bestandteil des Vertrags sein. Es empfiehlt sich, laufend zu überprüfen, ob das Gebotene noch den Vorstellungen entspricht. Systematische und wiederkehrende Qualitätskontrollen, startend bei der Produktentstehung bis hin zum fertigen Musterteil, stellen dies sicher. Die Auftraggeberseite arbeitet hierbei vorzugsweise mit Qualitätsleitfäden und Rahmenverträgen, in denen alle neural- gischen Punkte aufgeführt sind – und geregelt werden. Gut fährt zudem, wer die wichtigsten vereinbarten Kennzahlen mit Reports, möglichst in Echtzeit, verfolgt, um bei Bedarf schnell eingreifen zu können.
Eine Qualitätsentwicklung bei und gemeinsam mit den Lieferanten, etwa durch Workshops, trägt dazu bei, eigene Risiken zu minimieren oder, wo immer möglich, zu eliminieren. Eine erfolgreiche Lieferantenentwicklung geht, gerade auch unternehmensintern, nicht allein von der Beschaffungsseite aus. Sie erfordert eine gute Vernetzung mit den Profis aus Technik- und Produktmanagement und jeglichen für Einkaufsverantwortliche wichtigen Schnittstellen. Wollen Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht nur erhalten, sondern ausbauen, ist es zentral, ein ganzheitliches, effektives und effizientes Qualitätsmanagement über die gesamte Lieferkette hinweg zu entwickeln, zu implementieren und auch zu pflegen. Das sollte in Zeiten der zunehmenden digitalen Vernetzung nicht mehr als Luxus betrachtet werden.
Beschaffungsstrategie als Basis
Volatile Märkte, internationale politische und wirtschaftliche Krisen sowie komplexe, globale Lieferantennetzwerke stellen das Einkaufs- und Beschaffungswesen – und somit auch das Qualitätsmanagement – vor neue Herausforderungen. Und der Einkauf leistet heute einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung.
Einkaufsverantwortliche haben sich in den vergangenen Jahren in Richtung «eierlegende Wollmilchsau» entwickelt. Sie handeln nicht mehr nur optimale Konditionen aus, sondern sie überprüfen Organisationen, Prozesse und Systeme, um ungenutzte Chancen für zusätzliche Optimierungen in der Supply Chain ausfindig zu machen. Aktuellste und vertiefte Kenntnisse in Technik, Logistik, Qualitäts-, Innovations- und Finanzmanagement sind dabei gefragt. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre in der Informations-und Kommunikationstechnologie erlauben es mittlerweile, praktisch alle für Beschaffungsverantwortliche relevanten Unternehmensaktivitäten und Kennzahlen ins eigene Prozessmanagement zu integrieren. Einkaufsmanager sind auch Qualitätsmanager.
Die Ergebnisse der im Herbst 2017 von der ETH Zürich und dem Fachverband procu-re.ch zum zweiten Mal nach 2014 durchgeführten Studie «Mitarbeiter- und Gehaltsentwicklung im Einkauf» (www.procure.ch/Sala-erstudie) bestätigen, dass Kompetenzen im Bereich der ICT für Einkaufsprofis immer wichtiger werden. 96 Prozent der Befragten gehen damit einig. Robotics, Big Data Analytics, Maschinelles Lernen, Blockchain, 3D-Druck oder das Internet der Dinge sind nicht nur Schlagwörter, die aktuell in aller Munde sind. Der technologische Wandel manifestiert sich auch im Einkauf und nimmt folglich genauso Einfluss auf das Qualitätsmanagement.
Es führt kein Weg am Einkauf vorbei
Eine sorgfältig erarbeitete Beschaffungsstrategie bildet das Fundament für die Massnahmen im Bereich des Supplier Quality Managements. Auf dieser Basis kann gezielt entwickelt, optimiert und dort angesetzt wer-den, wo der Nutzen am grössten ist. Diesen grösstmöglichen Nutzen kann der Einkauf jedoch nur dann erzeugen, wenn ausnahmslos alle Beschaffungsvorgänge zentral über ihn abgewickelt werden. Das wiederum be-dingt, dass der Einkauf, überall dort, wo er Stakeholder ist, frühzeitig in die Entscheidungsprozesse involviert wird. Um eine solch enge Kooperation zu erreichen, müssen alle beteiligten Akteure, insbesondere die internen Schnittstellen, um den Wertbeitrag eines zentralen Einkaufs wissen.
Höhere Berufsbildung als Königsweg
Die Weiterbildung der eigenen Einkaufsmannschaft, gerade im Bereich des Qualitätsmanagements, ist langfristig gesehen eine Investition in die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Der nationale Fachverband für Einkauf und Supply Management, procure.ch, hat deshalb gemeinsam mit SAQ-Qualicon den Lehrgang «Supplier Quality Management» entwickelt. Dieser leistet bereits seit 2014 einen wertvollen Beitrag zur besseren Vernetzung und Zusammenarbeit. Ideal für Führungs- und Fachkräfte, die strategieorientiert die Zulieferqualität verbessern und Lieferantenrisiken reduzieren wollen.