Das «Crispr/Cas» für die chemische Industrie

Nach einer erfolgreichen Forscherkarriere an der Empa hat Matthias Koebel nun den Sprung in die Privatwirtschaft gewagt und ein Start-up gegründet. Der umtriebige Jungunternehmer klopft mit einem Wundermaterial bei der Industrie an.

Hybridbaustoff

Jungunternehmer Matthias Koebel. © Empa

 

Das, was Matthias Koebel in seinem Portfolio anbietet, klingt fast so wie die mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnete Genschere Crispr/Cas, mit der sich genetisch bedingte Krankheiten gezielt heilen lassen. Nur eben für die chemische Industrie: ein multifunktionaler Materialbaustein, der die Eigenschaften von Klebstoffen, Beschichtungen oder Füllstoffen je nach Produkt und Kundenwunsch verbessert.

Genaugenommen handelt es sich bei diesem Baustein um einen siliziumbasierten, molekularen Hybridbaustoff, der nur etwa ein Nanometer gross ist. Setzt man dieses «Tentakelmolekül» richtig ein, kann es gezielt die Eigenschaften bestimmter Stoffe verbessern. Beispielsweise können Beschichtungen kratzresistenter werden, Klebstoffe eine bessere Adhäsion oder kürzere Aushärtungszeit bekommen oder Füllstoffe spezifischer mit einer Harzmatrix interagieren. Mit diesem «multifunktionalen Legobaustein» in der Tasche, wie ihn Koebel selbst nennt, hat der Forscher vor kurzem das Start-up Siloxene AG gegründet. Den Baustein entdeckte und erforschte Koebel während seiner Zeit als Wissenschaftler und Leiter der Empa-Abteilung «Building Energy Materials and Components».

Know-how, Technologie und viel Elan

Von hier bekam er neben dem Rohstoff, also dem Makromolekül, die zweite wichtige Komponente mit, die das Siloxene-Portfolio bildet: das Know-how, das beim Entwickeln von komplexen, chemischen Produkten essentiell ist. Siloxene fokussiert auf Unternehmen in der Kunststoffverarbeitung, der Klebstoff- oder Dichtstoffherstellung und der Baustoffindustrie. «Hier sind die regulatorischen Hürden nicht so hoch und wir können relativ einfach mit den Firmen ihre Produkte und Prozesse optimieren», erklärt Koebel. Hinter der Formulierung beispielsweise eines Klebstoffs stecken genau aufeinander abgestimmte Mischungen verschiedener chemischer Stoffe, deren Zusammenspiel man verstehen muss, um dann eine gezielte Änderung vorzunehmen.

Momentan arbeitet er mit seinem vierköpfigen Team bereits mit verschiedenen Firmen an Neuentwicklungen. Der Firmenkunde selbst arbeitet bei so einem Prozess primär an der eigenen Produktformulierung, Siloxene bietet die technologische Beratung, also wie sich das Makromolekül im konkreten Fall am besten einsetzen lässt und stellt dieses als Rohstoff zur Verfügung. Je nach Bedarf und Anwendung wird dieses auch angepasst. «Für Industrieunternehmen bietet sich gerade jetzt in der Krise die Gelegenheit, in Forschung und Entwicklung zu investieren, Produkte zu entwickeln oder zu verbessern. Uns kommt das zugute», sagt Koebel. 

Eigene Produktion im Auge

Überhaupt ist wenig von Krisenstimmung zu spüren, wenn man sich mit ihm unterhält. Die Finanzierung für einen guten Start sei gesichert. Koebel kann sich nun darauf konzentrieren, eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung aufzubauen und weitere Firmenkunden zu akquirieren. Zudem hat der energiegeladene Unternehmer schon eine Vision für die nächsten fünf Jahre: «Zu Beginn werden wir unser Makromolekül wohl von einem Lohnfertiger produzieren lassen. Langfristig möchte ich aber eine eigene Produktion aufbauen. Ich bin von Grund auf Optimist und schaue immer nach vorne und mache weiter, egal was passiert.»

 

(Visited 513 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema