Lehren aus Covid-19: Landesversorgung optimieren
Laut Bund ist die Versorgungslage der Schweiz grundsätzlich gut, doch die Versorgungsrisiken haben zugenommen. Dies sind die Schlussfolgerungen, die die wirtschaftliche Landesversorgung im neuen Landesversorgungsbericht zieht. Zudem hat die Covid-19-Pandemie Lücken in der Krisenvorbereitung aufgedeckt.

Die wirtschaftliche Landesversorgung (WL) sorgt dafür, dass die Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen auf den Gebieten Lebensmittel, Energie, Heilmittel, Logistik und IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) sichergestellt ist. Über die gesamte Berichtsperiode 2017-2020 bilanziert die WL eine grundsätzlich gute Versorgungslage der Schweiz (vgl. hier Landesversorgungsbericht 2017-2020)
Laut Bund zeigen sich aber auch Lücken in der Krisenvorbereitung, die es nun möglichst rasch zu schliessen gilt: Die Versorgung mit Atemschutzmasken sowie mit Hände- und Flächendesinfektionsmitteln war zeitweise kritisch, da die Nachfrage innert kürzester Zeit massiv zunahm. Deshalb habe die WL die Einführung einer Pflichtlagerhaltung von Ethanol bereits 2020 in Angriff genommen. Als Übergangslösung stünden mittlerweile ein mit 6000 Tonnen Ethanol gefülltes Sicherheitslager zur Verfügung.
Bei der periodischen Überprüfung der Vorratshaltung wird die WL auch die Erfahrungen aus der COVID-19-Krise mitberücksichtigen, wie es heisst. So werde sie die Heilmittelpflichtlager neu beurteilen. Zudem gehe es ab 2021 darum, im Bereich der Nahrungsmittel Anpassungen in die Wege zu leiten. Gleichzeitig sind auch Massnahmen zu fördern, die die Energieversorgung, die Logistik oder die IKT in einer Krise besser unterstützen können.
Höhere Versorgungsrisiken
Wie der Landesversorgungsbericht 2017-2020 zeigt, haben die Versorgungsrisiken und versorgungsrelevanten Ereignisse in den letzten Jahren zugenommen. Hier ein Blick in die einzelnen Bereiche:
Elektrizität: Bei der Elektrizität kommen immer mehr erneuerbare Energien zum Einsatz und zwar dezentral. Dadurch wird das Ziel einer sicheren Stromversorgung komplexer und auch verletzlicher. Seit der Abschaltung des Atomkraftwerks Mühleberg im Dezember 2019 ist die Schweiz zudem noch abhängiger von Stromimporten.
Vor allem im Winter kann die Spitzenlast nur ungenügend durch die inländische Produktion gedeckt werden. In dieser Jahreszeit wird mehr Strom konsumiert. Die Wasserkraftwerke produzieren aber weniger.
Heilmittel: Mehrere in- und ausländische Entwicklungen machen die Grundversorgung mit Heilmitteln anspruchsvoller: Dazu zählen weltweite Unternehmensfusionen, der Preisdruck bei nicht mehr patentgeschützten Produkten, der Rückzug von Produkten aus dem Schweizer Markt sowie die Zentralisierung und Verlagerung von Produktionszentren nach Asien.
Nahrungsmittel: Die Versorgungslage bei den Nahrungsmitteln ist in der Schweiz sehr gut. Seit gut 20 Jahren liegt der Selbstversorgungsgrad der Schweiz mit Nahrungsmitteln bei rund 60 Prozent. Die Schweiz ist daher auf genügend Importe angewiesen.
Logistik: In der Logistik spielt die IKT eine immer wichtigere Rolle. Bei einem Ausfall drohen abrupt Versorgungsstörungen. Alle Versorgungsprozesse hängen zudem stark vom Zusammenspiel von Logistik und Energieversorgung ab.
Rückgriffe auf Pflichtlager
Die WL verfüge über eine breite Palette an Instrumenten und Massnahmen, um Versorgungsengpässen zu begegnen, schreibt der Bund. Im Herbst 2018 etwa sei die Rheinschifffahrt wegen des tiefen Wasserstands fast zum Erliegen gekommen. Die übrigen Verkehrsträger konnten die Transporte nicht vollumfänglich kompensieren. Daher stütze der Bund die Versorgung der Schweiz mit Mineralöl und Dünger durch Öffnung der Pflichtlager.
Bei den Heilmitteln waren in den vergangenen vier Jahren fast 200 Bezüge aus Pflichtlagern notwendig. Im ersten Jahr der Covid-19-Pandemie gab die WL 92 Mal Heilmittel-Pflichtlager frei, zumeist für Antibiotika sowie für Atemschutzmasken. Die WL veranlasste 2020 auch andere Eingriffe in den Markt, um die Versorgung des Landes während der Pandemie zu stärken. So schränkte sie beispielsweise die Abgabe von knappen Arzneimitteln ein und sorgte mit zielgerichteten Massnahmen dafür, dass die Transportkapazitäten aufrechterhalten werden konnten, wie es abschliessend in der Medienmitteilung heisst.
Quelle: Bund
Förderprogramm für Covid-19-Arzneimittel
Der Bund unterstützt die Kantone seit Beginn der Covid-19-Pandemie in der Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern. Dazu kann er subsidiär auch Arzneimittel zur Behandlung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten beschaffen. Zusätzlich zu dieser kurzfristigen Unterstützung hat der Bundesrat mit dem Förderprogramm nun auch eine mittelfristige Strategie beschlossen, um die Erforschung, Entwicklung und Herstellung von Covid-19-Arzneimitteln zu fördern. Damit will er einen Beitrag leisten zur Behandlung von Menschen, die an Covid-19 erkranken.
Das Förderprogramm soll die grundlegenden Kriterien festhalten, die für Investitionen des Bundes gelten. So sollen die geförderten Arzneimittel den Patientinnen und Patienten mit grosser Wahrscheinlichkeit bis Ende 2022 zugänglich gemacht werden können und sich gegenüber anderen Arzneimitteln, die verfügbar sind oder zeitnah verfügbar werden, besonders auszeichnen. Förderbeiträge sollen nur gesprochen werden, wenn eine private Finanzierung nicht möglich ist oder der Zugang der Schweiz zu wichtigen medizinischen Gütern erschwert sein könnte. Der Bund soll für die Investitionen eine Gegenleistung erhalten (z.B. vorrangige Belieferung). Förderanträge sollen unter transparenten, wissenschaftlichen Kriterien geprüft werden.
Die Kriterien des Förderprogramms und das Gesuchsprozedere werden ab Juli 2021 veröffentlicht. Das Programm ist bis Ende 2022 befristet. Mit der Umsetzung soll eine bereits bestehende Organisation betraut werden, die mit den rechtlichen Strukturen ausgestattet und mit der Umsetzung von Förderprogrammen vertraut ist. Der Bundesrat wird im Sommer darüber entscheiden, an wen er das Mandat vergeben wird.
Förderprogramm für Covid-19-Impfstoffe
Um der Schweiz den Zugang zu sicheren und wirksamen Covid-19 Impfstoffen zu gewährleisten, hat der Bund frühzeitig Reservations- beziehungsweise Kaufverträge mit potenziell erfolgreichen Impfstoffherstellern abgeschlossen. Bisher war diese Strategie erfolgreich. Letzte Woche hat der Bundesrat die Strategie für die Beschaffung von Impfstoff für das Jahr 2022 festgelegt und wird gemäss dieser Strategie die ausreichende Versorgung sicherstellen.
Der Bundesrat wird auch über das Jahr 2022 hinaus hauptsächlich auf Reservations- und Pandemieverträge setzen und wird zu diesem Zweck den Kontakt zu den Herstellern von mRNA-Impfstoffen weiter vertiefen. Diese Herangehensweise erlaubt es, ein diversifiziertes Portfolio zu erstehen. Technologie- und Herstellungsrisiken können minimiert werden, da aufgrund der sich rasch entwickelnden neuen Corona-Mutanten eine flexible Beschaffungsstrategie notwendig ist.
Darüber hinaus soll zusammen mit den Hochschulen und der Industrie für die Zukunft eine Strategie erarbeitet werden, wie die Schweiz ihre Rahmenbedingungen weiter verbessern kann, damit die Schweiz auch in Zukunft gut aufgestellt ist, um in einer nächsten Pandemie früh Kapazitäten in der Forschung, Entwicklung und Produktion von zukünftigen Impfstoffen bereitzustellen. In der Zusammenarbeit mit interessierten Partnerländern könnte die Schweiz damit einen Beitrag zum globalen Zugang zu Impfstoffen leisten.
Pressemeldung Bund
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