Choba Choba

Zugegeben, das Ganze kommt schon etwas gar farbig daher. Aber es sorgt immerhin für Eindruck und kommt direkt aus dem Schokoladengeschäft.

Choba Choba

 

Wenn man die Herkunft der Produkte von Choba Choba erfährt, das peruanische Tal ­Alto Huayabamba nämlich, dann ergibt das noch junge Produkt bildlich Sinn. Und inhaltlich ist es sowieso eine spannende Start-up-Geschich-te. Und zwar eine, die sich mitten im globalen Schoggi-Geschäft bewegt. Laut der amerikani-schen Zion Market Research wird der weltwei-te Schokoladenmarkt im Jahr 2017 auf USD 103 Milliarden geschätzt und dürfte bis 2024 ei-nen Umsatz von USD 160 Mrd. erzielen. Eine gigantische Branche also, mit enormen Ge-winnen für die führenden Akteure wie Barry Callebaut, Cargill, Nestlé, Mars oder Hershey.

 

Christoph Inauen und Éric Garnier wa-ren beide jahrelang in dieser Schokoladen-branche tätig und reisten deshalb auch in die Quellländer des Kakaos, beispielsweise 2008 eben nach Peru. Langsam begriffen die beiden, wie das System wirklich funktioniert. Näm-lich, dass es weltweit schätzungsweise sechs Millionen Bauern gibt, die zwar den Schlüssel zum Erfolg der grossen Konzerne bilden, selbst aber miserabel entschädigt werden.

David gegen Goliath
Die Gedanken hatten zu reifen wie richtige Früchte. Erst im Februar 2015 waren die bei-den Jungunternehmer bereit, einen grossen Schritt zu machen und dafür einen kleinen Start-up zu gründen. Zuerst hiess ihr in Bern domiziliertes Unternehmen «Our Own Cho-colate» und später wurde dieses in Choba Cho-ba AG umbenannt. Am kürzlichen 8. Zermatt Summit, welches nachhaltiges Unternehmer-tum thematisiert, durfte Christoph Inauen vor rund 200 Fachleuten aus den Bereichen Nach-haltigkeit und Corporate Responsibility die Firmengeschichte erzählen. «Der Grossteil der Kleinbauern kämpft ums Überleben und ­deren Nachkommen sehen im Kakaoanbau keine Zukunft. Wir wollten deshalb eine Platt-form bauen, auf der die Kunden der west­ lichen Welt ihre Schokolade so kaufen, wie sie es mit frischem Gemüse machen könnten, das sie auf dem Markt direkt vom Bauernhof er-werben könnten. Damit dies richtig funktio-niert, mussten wir die Kakaobauern einbin-den. Choba Choba wurde deshalb zusammen mit 36 peruanischen Kakaobauern auf die ­Beine gestellt und wird nun in enger Partner-schaft mit diesen Menschen geführt.»

 

«Choba Choba wurde mit 36 peruanischen Kakaobauern auf die Beine gestellt.»

 

Neben den Farben, die auch die kultu-relle Vielfalt Südamerikas darstellen, benö-tigte man auch einen treffenden Namen, möglichst in Verbindung mit der eigentlichen Idee des Start-ups. «Hilfst du mir, so helfe ich dir» oder «Ich helfe dir, wenn du mir hilfst» bedeutet eben Choba Choba.

Erfolgreiches Crowdfunding
Finanziert haben die beiden Initianten, der Schweizer Inauen und der Franzose Garnier, ihren Start-up mit einer klassischen Schwarm-finanzierung. In gerade mal zwei Wochen brachten sie das benötigte Gründungskapital zusammen. Dazu nutzen sie als Plattform auch die 1984 in Basel gründete Freie Ge-meinschaftsbank Genossenschaft. Diese hat zum Zweck, gemeinnützige oder sonst der Allgemeinheit dienende Initiativen durch Entgegennahme und Gewährung möglichst zinsgünstiger Gelder zu fördern. Das bezieht sich beispielsweise auf Kindergärten, Ausbil-dungsstätten, Heilpädagogik, künstlerische Initiativen, Altersheime oder zertifizierte bio-logische Landwirtschaft. Choba Choba arbei-tet heute auch mit der Alternativen Bank Schweiz zusammen, die, wie sie sich darstellt, als sozial und ökologisch orientierte Bank auf Gewinnmaximierung verzichtet und ethi-sche Grundsätze in den Vordergrund stellt.

Die Marke, die Kakaobauern gehört
Ihre vorerst geschäftlichen Kontakte in Peru entwickelten sich langsam zu einer Freund-schaft, einer Art Familienbetrieb. Inauen er-innert sich: «Zusammen mit den Kakaobau-ern aus den Gemeinden Pucallpillo und Santa Rosa wollten wir die Regeln der Schokoladen-industrie umkrempeln und gründeten die erste Schweizer Schokoladenmarke, welche den Kakaobauern mitgehört. Diese Men-schen sind also nicht mehr bloss Rohstoff­ lieferanten, sondern als Partner direkt an den Entscheidungen und so am Erfolg des Unter-nehmens beteiligt.»

 

Das Konzept ist an sich einfach: Die pe-ruanischen Bauern stellten einen eigenen «Revolutionsfonds» auf, und in diesen wer-den laufend und automatisch fünf Prozent sämtlicher Verkäufe überwiesen. Die Land-wirte haben Mitspracherecht, was die Ver-wendung dieser Gelder betrifft; sie können es sich auszahlen lassen, andere Projekte finan-zieren oder sogar ihren Anteil an der Aktien-gesellschaft erhöhen. Kurzfristiges Ziel des Start-ups ist es, dass mindestens ein Drittel der Aktien in peruanische Hände kommt; langfristig soll es sogar die Mehrheit sein.

Wohlfahrt schaffen
Christopher Inauen studierte Entwicklungs-politik an der ETH Zürich und war früher für verschiedene Organisationen in Westafrika und Kolumbien unterwegs. So referierte er in Zermatt auch über seine gemachten Erfah-rungen und seine ganz persönliche Motiva­ tion: «Wir glauben, dass es eine Hauptaufgabe einer jeden Firma sein sollte, Wohlfahrt für die globale Gemeinschaft zu schaffen, Men-schen zusammenzubringen und positive Auswirkungen auf unsere Ökosysteme aus-zulösen. Dies ist aus unserer Sicht in der heu-tigen Gesellschaft die wahre Rolle eines Un-ternehmens. Und zwar unabhängig davon, in welchem Umfeld es operiert, wo es arbeitet und von wem es geführt wird.»

 

Und so spricht Choba Choba darüber, dass ihr kollaborativer Ansatz in der weltwei-ten Schokoladenindustrie einzigartig ist. Man will die Lebensbedingungen der Kakaobau-ernfamilien verbessern, und dazu muss man neue Wege gehen. Die Bauern sind aktiv ­engagiert, entscheiden mit und partizipieren am Gewinn dieses Geschäftsmodells.

 

Qualität muss stimmen
Man braucht sich aber nichts vorzumachen. Auch wenn die Idee grossartig ist und die Umsetzung bemerkenswert: Wenn die Schokolade nicht schmeckt, implodiert das Projekt ziemlich schnell. Gerade in der Schweiz, dem Land der Schoggi-Konsumen-ten, muss eine Geschichte nicht nur positiv sein, sondern auch exzellente Produkte aus-lösen. Im Versprechen der Firma gibt es des-halb nicht nur Werte wie Nachhaltigkeit und Wertschätzung, sondern auch schoko-ladenrelevante Verpflichtungen. «Hochwer-tigkeit» verspricht, Zitat: «Beste Schweizer Chocolatiers kreieren feine Schoggi in Pre-miumqualität.» Und zum Begriff «Exklusivi-tät» wird vermittelt: «Unsere erlesenen Ka-kaosorten stammen aus dem Herzen der peruanischen Unesco-Biosphäre.» Wer nun die Qualität prüfen will, kann die Choba-Choba-Schokoladen online oder in zwanzig Partnergeschäften in der ganzen Schweiz erwerben.

 

Im Falle dieses Start-ups drückt sich «Erfolg» natürlich nicht rein monetär aus, mindestens nicht, was die Ausschüttung an die Aktionäre betrifft. Relevanter sind die fünf Prozent, welche automatisch nach Peru fliessen. Und so ist der reine Umsatz entschei-dender, und dieser lässt sich durchaus sehen: Im ersten Geschäftsjahr 2016 erwirtschafte-tet man CHF 726 000, dementsprechend gin-gen CHF 36 300 – sehr viel Geld in Peru – ­direkt zu den Bauernfamilien. 2017 betrug der Umsatz fast CHF 1,5 Millionen und im vergangenen Jahr CHF 2 010 000. Da darf man durchaus von einem erfolgreichen Start-up reden.

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