Check-Up: Sieben Innovationsfelder der digitalen Zukunft

Will die Schweizer Wirtschaft sich für die digitale Zukunft positionieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern, muss es ihr gelingen, die disruptiven Kräfte als Chancen zu nutzen. Im Whitepaper "Shaping Switzerland’s digital future" blickt KPMG in die Zukunft und skizziert mögliche Innovationsfelder für die Schweiz.

KPMG unterstreicht: Das eidgenössische System der direkten Demokratie sei im Zeitalter der partizipativen sozialen Medien so aktuell wie noch nie.

Berufe, die auf Wissen und Fachkenntnis beruhen, werden durch kognitive Systeme, künstliche Intelligenz und mittels Prozessautomatisierung durch Software-Roboter revolutioniert.

Zu den disruptiven Kräften gehören laut der Studie „Shaping Switzerland’s digital future“:

• Das Ringen um den Kunden:

Die Unternehmen müssen angesichts der demografischen Entwicklung, sich verändernden Verhaltensweisen und Erwartungshaltungen die Kunden stärker ins Zentrum ihrer Aktivitäten stellen.

• Die mobile Ökonomie:

Kostengünstige App-Geräte, die über High-Speed-Mobilfunk- und WLAN-Verbindungen und Cloud Computing miteinander verknüpft sind, werden die Wirtschaft mobilisieren.

• Das Internet der Dinge:

Vernetzte Sensoren in Maschinen und anderen physischen Gegenständen überwachen, sammeln und übermitteln Daten untereinander.

• Digitalisierung der Arbeit:

Berufe, die auf Wissen und Fachkenntnis beruhen, werden durch kognitive Systeme, künstliche Intelligenz und mittels Prozessautomatisierung durch Software-Roboter revolutioniert.

• Plattform-Geschäftsmodelle:

Digitale Marktplätze und Auktionen werden bestehende Geschäftsmodelle diverser Branchen radikal verändern – die Kommunikation zwischen Geschäftspartnern vereinfachen, die Transaktionskosten senken und den Einsatz von Ressourcen und Kapazitäten optimieren.

(Grafik: KPMG)

Die Digitalisierung hat als „4. industrielle Revolution“ vor Jahren ihren Siegeszug angetreten. Der Schwerpunkt dieser Entwicklung liegt jedoch im Silicon Valley. Dies stellt für die Schweizer Wirtschaft insofern ein Nachteil dar, als dass sie nicht mehr eigenständig über die wichtigsten Entwicklungen, ihren künftigen Wertbeitrag und am Ende über die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts entscheiden kann. Entsprechend muss die Schweiz in den nächsten Jahren lernen, mit disruptiven Kräften umzugehen und diese gezielt zu nutzen. Dabei kann sie auf ihre anerkannten Stärken setzen, muss aber auch wichtige Handlungsfelder entschlossen angehen.

Mit diesen disruptiven Kräften vermag die Schweiz dank der etablierten Stärken des Wirt-schaftsstandorts erfolgreich umzugehen:

Dazu zählen politische Stabilität, direkte Demokratie, strenge Datenschutzvorschriften, eine moderne und technikaffine Gesellschaft, Rechtssicherheit, ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, hochqualifizierte Arbeitskräfte, flexible Arbeitsgesetze, ein hoher Lebensstandard sowie führende Universitäten und Aktivitäten in Forschung und Entwicklung.

Doch um ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort zu behaupten, wird die Schweiz auch an ihren Schwächen arbeiten müssen. Dazu gehören hohe Lohnkosten, eine ungewisse Einwanderungspolitik im Zusammenhang mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative sowie die noch immer hinderlichen Steuerbedingungen für Start-ups und die klassische Schweizer Zurückhaltung.

Tragfähige Zukunft der Schweiz

KPMG hat sieben Innovationsfelder benannt, die für die Schweiz erhebliche Chancen bieten:

1. Digitale Werkbank

Die globale digitale Wirtschaft wird eine grundlegend neue Wertschöpfungskette generieren. Auslagerungen in Niedriglohnländern dürften an Attraktivität verlieren, da Kompetenzen in Technologiebereichen wie etwa der Datenanalyse verstärkt gefragt sein werden. Die Schweiz hat hervorragende Voraussetzungen, eine digitale Werkbank für die Weltwirtschaft zu werden: Zu diesen zählen die gut ausgebaute Infrastruktur sowie ein hohes Mass an Stabilität, Rechtssicherheit und Datenschutz. Allerdings muss die Schweiz noch stärker in Bildung und Forschung investieren.

2. Datentreuhänder der Welt

Daten stellen die Währung des digitalen Zeitalters dar. Die Schweiz geniesst international einen Ruf als vertrauenswürdiger und verlässlicher Partner. Bereits heute sind zahlreiche Datenzentren und andere Infrastrukturen hier angesiedelt. Damit sich die Schweiz auch künftig als verlässlicher Datentreuhänder zu positionieren vermag, muss die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffen und die nötige Balance finden im Spannungsfeld zwischen Datenschutz und möglichst offener Datennutzung.

3. Fintech Valley

Die Schweiz hätte das Zeug, im Feld der digitalen Finanzdienstleistungen führend zu sein: Jahrelange Erfahrung im Banken- und Versicherungssektor kombiniert mit technologischer Expertise. Momentan konzentrieren sich die Entwicklungen im Bereich Fintech jedoch zu sehr auf den kleinen Heimmarkt und werden deshalb international noch zu wenig stark wahrgenommen. Die hohen Lohnkosten – und damit verbunden die tiefere Produktivität – sorgen ausserdem für eine zu geringe Wettbewerbsfähigkeit.

4. Widerstandsfähige Industriesteuerungen

Die vernetzte Industrie 4.0 baut auf funktionierende Kontrollsysteme und Abwehrmechanismen. Ohne diese Sicherheitssysteme drohen Störfälle und sogar Katastrophen in der realen Welt, beispielsweise durch Cyber-Angriffe auf kritische Infrastrukturen wie etwa Kraftwerke. Hiesiges Know-How im Bereich Cyber Security gehört schon heute zur Weltspitze. Nun gilt es, die richtigen liberalen Akzente in der Bildungs- und Migrationspolitik zu setzen, um einen Fachkräftemangel im Ingenieurwesen zu verhindern.

5. Robotik im Gesundheitswesen

Technischer Fortschritt in der Robotik sowie die zunehmende Alterung unserer Gesellschaft sind zwei aktuelle, parallel laufende Entwicklungen. Die Demographie führt zu erhöhten Gesundheitskosten, welche aber durch den vermehrten Einsatz von Robotern in Spitälern und Pflegeeinrichtungen in Zukunft gesenkt werden könnten. Die Schweiz verfügt über hervorragende Forschung in der Robotik, beispielsweise im Umfeld der ETH Zürich und Lausanne.

6. Schweiz als Inkubator für grosse Ideen

Menschliche Kreativität, Vermittlung zwischen Parteien sowie konstruktive Problemlösungsansätze werden auch in der digitalen Zukunft gefragt sein, vermutlich mehr denn je. Die Schweiz ist bereits heute Standort von verschiedenen internationalen Organisationen und Veranstaltungen wie der UNO und des WEF. Damit die Schweiz ihre Position als neutraler, kreativer Hub auch unter den veränderten Bedingungen weiterzuentwickeln vermag, muss der internationale Austausch zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft weiter intensiv gepflegt werden.

7. Direkte Demokratie als Exportgut

Das eidgenössische System der direkten Demokratie ist im Zeitalter der partizipativen sozialen Medien so aktuell wie noch nie. Die Schweiz könnte mit «Democracy as a Service» (DaaS) ein Vorbild für andere Staaten sein und ihr Erfolgsmodell als Exportartikel anbieten – gerade auch in Kombination mit neuer Technologie. Allerdings muss die Schweiz der Glaubwürdigkeit halber zuerst Fortschritte erzielen im Bereich des eigenen E-Government und die Einführung einer nationalen Digital ID vorantreiben.

Mehr über die Studie „Shaping Switzerland’s digital future“ finden Sie unter diesem Link

 

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