CAPA-Einführung: Die Mitarbeiter mit ins Boot holen

Beatrice Schroetter ist selbstständige Qualitätsmanagerin für Medizintechnik. Die QM-Beraterin aus Aachen ist eine international gefragte Expertin rund um das Qualitätsmanagement nach ISO 9001 und ISO 13485 Medizintechnik mit fundiertem pharmazeutischem Hintergrundwissen. Die Diplomchemikerin gibt praxisnahe Einblicke in ihre Arbeit.

CAPA-Einführung: Die Mitarbeiter mit ins Boot holen

 

 

 

CAPA ist ein Konzept aus dem Qualitätsmanagement. CAPA steht als Abkürzung für ‹Corrective Action and Preventive Action›. Unter den Korrektur-Massnahmen versteht man Aktionen, die die Ursache, die zu einem erkannten Fehler führen, beseitigen. Preventive Action sind dagegen präventive Massnahmen, welche die Erkenntnisse aus KorrekturMassnahmen auf übertragbare Prozesse oder Systeme anwenden, um gleichartige Fehler von vornherein zu vermeiden. Kurz gesagt: Es geht darum, Fehlerquellen systematisch auszuschalten und immer besser zu werden. CAPA ist ein Qualitätswerkzeug, welches hauptsächlich in der Pharmazie und Medizintechnik Anwendung findet und darüber hinaus weniger bekannt ist. Noch! Es lohnt sich auch für andere Industrien dieses sehr interessante Werkzeug näher zu betrachten

Frau Schroetter, was macht für Sie eine erfolgreiche CAPA aus? Beatrice Schroetter:
Bei einer guten CAPA kann man aus den vorliegenden Dokumenten ersehen, was das Problem war und

 

Die Organisation sollte strenge Regeln aufstellen, wann eine CAPA zu eröffnen ist

 

wie es gelöst wurde – und das für jeden verständlich! Zudem dürfen aus den vorgenommenen Änderungen keine weiteren Probleme entstehen. Das hört sich einfach an, muss aber höchste Ansprüche erfüllen, weil alle Details mit objektiven Beweisen abgebildet sein müssen. Es sollten möglichst wenige Fragen offen bleiben. Eine CAPA behördengerecht zu dokumentieren, heisst penible Kleinarbeit, die der Experte meist gar nicht auf dem Schirm hat, weil sie für ihn selbstverständlich sind. Für einen Aussenstehenden jedoch kann das Fragen aufwerfen.

Kommt es vor, dass beklagt wird, dass sich schon wieder alles ändert?
Ja, CAPA ist ein Prozess mit starkem Verbesserungspotenzial und solche Prozesse unterliegen einem Wandel. Mit Veränderungen kommt nicht jeder Arbeitnehmer zurecht. Der CAPA-Prozess ist ein abteilungsübergreifender Vorgang, der nur funktioniert, wenn alle in die gleiche Richtung rudern. Letztendlich geht es darum, alle in das Boot zu bekommen. Dafür muss man manchmal auch zurückrudern.

Wie holen Sie alle ins Boot, wenn es Widerstände bei Einführung des CAPA-Systems gibt?
Die meisten Widerstände entstehen, weil das CAPA-System als zu aufwendig und zu zeitintensiv gesehen wird. Insbesondere der Dokumentenaufwand wird als Pedanterie angesehen. Dabei geht es gerade beim CAPA-System darum, dass die ausgeführten Untersuchungen und Massnahmen für jeden nachvollziehbar sind, nicht nur für den Inspektor der Behörde. Gerade in der Medizinprodukte-Industrie, in der sich der europäische GmPStandard noch nicht durchgängig durchgesetzt hat, sollte das CAPA-System intensiver betrieben werden. CAPA dient als Wegbereiter für eine bessere Qualität – nicht nur in Bezug auf untersuchte Fehler.

Sie als Qualitätsmanagerin brauchen also Fingerspitzengefühl?
Ja. Ich stelle als erfahrene QMBeraterin die Frage nach der Schuld erst gar nicht. Sonst könnte die wahre Ursache vertuscht werden, zum Beispiel aus Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Es kommt vor, dass Mitarbeiter Fehler verheimlichen, um nicht zu viel Ausschuss zu produzieren. Ein behutsames Vorgehen ist wesentlich. Aus Erfahrung weiss ich, dass die Leute an der Linie oftmals wissen oder zumindest ahnen, warum ein Fehler entsteht. Ein gemeinsames und motivierendes Vorgehen kann den Weg zur Lösung des Problems abkürzen. Daher stelle ich das allgemeine Problem den jeweiligen Mitarbeiterteams vorund mache daraus eine gemeinsame Knobelaufgabe. Ich schaffe damit eine Vertrauensbasis mit einer guten Stimmung, die alle in ein Boot ziehen soll.

Wie sollte die Organisationsstruktur aussehen, damit die CAPAEinführung erfolgreich ist?
Die gängigen Organisationsstrukturen sehen vor, dass es einen CAPA-Owner, Task-Owner, CAPACoordinator und eine CAPA-Review Board gibt. Der CAPA-Owner treibt als Projektmanager alle Aufgaben der CAPA voran – Untersuchungen, Planerstellung, Umsetzung der Massnahmen, Überwachung der Wirksamkeit und Berichterstattung an das CAPA-Review Board. Der Task Owner arbeitet seine spezifischen Aufgaben ab. Der CAPACoordinator hat organisatorische Aufgaben und pflegt das CAPA-System. Das CAPA-Review Board (CRB) überprüft die CAPA hinsichtlich der regulatorischen Anforderungen sowie der gesetzten Anforderungen des QM-Systems der eigenen Organisation. Das CRB sollte regelmässig tagen, damit eine CAPA in den täglichen Arbeitsablauf aufgenommen wird.

Was empfehlen Sie, wie oft das CAPA-Review Board tagen sollte?
Das kommt darauf an, wie viele CAPAs in der Organisation eröffnet werden. Damit eine CAPA zügig vorankommt und gleichzeitig Steine aus dem Weg geräumt werden, empfehle ich wöchentliche Treffen. Das bringt eine regelmässige Struktur und integriert die CAPA in den Arbeitsalltag. Allerdings: Die Organisation sollte dazu strenge Regeln aufstellen, wann eine CAPA zu eröffnen ist und wann es in eine Non-Konformität mündet – aber nicht wahllos jedem Problem den Namen CAPA geben. Das führt zu einer Überforderung der Organisation, weil eine CAPA erhebliche Ressourcen schluckt.

Was gehört zum Pflichtprogramm, wenn ein CAPA-System eingeführt werden soll?
Bevor das System ausgerollt wird, müssen erste Arbeitsanweisungen, Rollenverteilungen und die Review Strukturen genauestens in der Organisation abgestimmt werden – egal, ob die Organisation in der Papierversion startet oder mit einem elektronischem System. Dann startet die allgemeine CAPA-Einführung für alle betroffenen Mitarbeiter, indem die beauftragten Mitarbeiter für die speziellen Aufgaben geschult und über die Zeit begleitet werden.

Wie wichtig sind Schulungen bei der CAPA-Einführung und was empfehlen Sie als Capa-Trainerin?
Als erfahrene CAPA-Managerin führe ich die Schulungen in den Unternehmen vor Ort oder als externe Trainerin durch. In der ersten Schulungsphase werden Mitglieder des Review Board sowie einige CAPA-Owner und der CAPA-Koordinator intensiv geschult. Die zweite Schulungsphase betrifft die möglichen Task-Owner. So lernt jeder erst einmal seine Rolle im System und kann sie später in der Praxis einstudieren.

(Visited 421 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema