Behavioral Branding

Marken werden stark durch zielgerichtetes Verhalten und persönliche Kommunikation von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut und gepflegt. Wie können Unternehmen ein professionelles Behavioral Branding einführen und pflegen?

Behavioral Branding

 

 

 

Marken sind mehr als nur Differenzierungsmerkmale von Produkten und Dienstleistungen. Denn sie bringen auch spezifische Unternehmenswerte und darauf aufbauende Unternehmensphilosophien zum Ausdruck. Die Glaubwürdigkeit einer Marke, beziehungsweise eines Unternehmens, hängt stark mit dem Verhal

 

Glaubwürdigkeit hängt vom Verhalten ab

 

ten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen. Denn sie sind es, die in jeder Interaktion mit Kunden die Markenidentität nach aussen transportieren. Wer als Markenbotschafter auftritt, sorgt dafür, dass sein Unternehmen erfolgreicher ist als andere – eine Erkenntnis, die besonders für den B2BSektor sehr interessant ist.

 

Denn dort sind die Kundenkontakte intensiver und komplexer als im B2C-Sektor (Business to Consumer). Trotzdem tun sich Unternehmen im B2B-Marken-Bereich schwer damit, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sinne des Behavioral Branding ins Zentrum zu rücken. Eine Studie von Interbrand 2010 hat dies bestätigt. Dieses Manko ist vor allem auf zwei Ursachen zurückzuführen: Zum einen sind die Führungspersonen der verschiedenen Unternehmensbereiche zu wenig in das Behavioral Branding involviert. Zum anderen werden interne Zielgruppen mangelhaft segmentiert und demzufolge nur ungenügend erreicht. Dass es auch anders geht, zeigen meine Befragungen der Behavioral-Branding- Verantwortlichen solch renommierter Unternehmen wie Hilti, Geberit und Publisuisse. Sie haben schon beachtliche Erfahrungen in der Einführung und Pflege eines Behavioral-Branding im B2BBereich gesammelt.

Spezifika im B2B

 

Das Marketing im B2B orientiert sich an speziellen Begebenheiten, die sich wesentlich von denjenigen im B2C unterscheiden. So erfolgt der Beschaffungsprozess meist über mehrere Personen, die auch als Buying-Center bezeichnet werden. Ihr Informationsverhalten ist rationaler als dasjenige eines privaten Käufers. Zudem kaufen sie für eine Firma und nicht für sich selbst ein. Weiter nehmen sie sich viel Zeit für einen Entscheid, sie brauchen oft individuelle und technisch komplexe Lösungen, sie müssen nicht eigene Bedürfnisse, sondern diejenigen ihrer Organisation und ihrer Kunden befriedigen und sie gelangen oft mit formalisierten Ausschreibungen an die in Frage kommenden Lieferanten. Diese Spezifika müssen Unternehmen im B2B-Bereich bei der Kommunikation eines Markenkerns berücksichtigen.

 

Im Business-to- Business ist einiges anders

Der Weg zum Behavioral Branding

 

Um ein Konzept für ein Behavioral Branding zu entwickeln, braucht es eine ganze Reihe von Analysen und erfüllten Voraussetzungen. Zuerst einmal müssen die Verantwortlichen einen Grundsatzentscheid darüber fällen, ob sie ein Behavioral Branding-Konzept überhaupt einführen und umsetzen möchten. Dieser Entscheid sollte von der obersten Führung im Konzernhauptsitz getroffen werden, da Behavioral Branding viele Ressourcen beansprucht und in die Gesamtunternehmensstrategie eingebettet werden muss.

 

Zudem ist es die Aufgabe der Unternehmensführung, die Markenidentität allenfalls oder idealerweise zu überarbeiten oder neu zu definieren. Nach diesen Überlegungen geht es an die Analyse der Ausgangslage. Weiteren Aufschluss über das vorhandene Behavioral Branding gibt die sogenannte Lückenanalyse. Sie hilft, den Reifegrad einer Organisation zu messen und die Sequenzen des Behavioral- Branding-Prozesses genauer zu betrachten.

 

Im Fokus stehen folgende Teilbereiche: Menschliche Kommunikation (verbal und nonverbal) berücksichtigen, Mitarbeiter als Botschafter verstärken, Markenversprechen festlegen, Markenverständnis und Commitment aufbauen und eine Mehrmarkenstrategie am Mitarbeiterverhalten ausrichten. Zugleich sind diese Teilbereiche als Analyse-Schritte in genau dieser Reihenfolge zu verstehen. Zu jedem Schritt können Kriterien definiert und Massnahmen zur Optimierung und zur Kontrolle formuliert werden.

 

Zum Beispiel beinhaltet der Bereich «Menschliche Kommunikation berücksichtigen» folgende Kriterien: Wie ist das Verhalten zwischen der Belegschaft und den Kunden? Wie ist das Verhalten neuer Mitarbeiter gegenüber den Kunden? Massnahmen zur Optimierung und zur Kontrolle dieser Kriterien sind: Einzelne Kontaktpunkte definieren, die Kundenzufriedenheit ermitteln, Beobachtungen vornehmen und Leitlinien für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter definieren.

 

Wertvoll ist auch eine Analyse der Aussensicht, die eine Befragung der Kunden und Partner beinhaltet: Welche Bedürfnisse haben sie? Wo gibt es Wissenslücken? Wie zufrieden sind sie mit der Betreuung? Auch die Kontaktpunkte mit den Kunden und anderen externen Anspruchsgruppen gilt es zu erfassen: Welche Kontaktpunkte gibt es? Wie hoch ist das Involvement?

Workshops für Manager und Mitarbeiter

 

Ein markenkonsistentes Mitarbeiterverhalten stellt eine unternehmensübergreifende, kollektive Zielsetzung dar. Es ist die Aufgabe des Top-Managements, die Vision der Marke zu definieren, um den Beitrag der Marke zum Unternehmenserfolg darzulegen. Das weltweit tätige Technologieunternehmen Dyson beispielweise verfügt über ein Behavior Wheel, ein Modell, das die Werte von Dyson darstellt. Es reicht aber nicht, diese Information ins Intranet zu stellen. Es braucht Prozesse, mit denen das Kaderpersonal Werte kommunizieren und vorleben kann. Idealerweise wirkt die Belegschaft bei der Definition der Werte mit, denn nur so sind diese glaubwürdig und nachvollziehbar. Das Unternehmen Geberit hat mit einer Agentur einen interaktiven Workshop entwickelt. Dieser dauert einen Tag und hat den Zweck, die Lerninhalte im Sinne von «learning by doing» zu erarbeiten. Dazu gehören Gespräche und Diskussionen, um das vorhandene Wissen und die Erfahrungen der am Workshop Teilnehmenden zu berücksichtigen und darauf aufzubauen. Während dieser Unterrichtseinheiten besprechen die Beteiligten Themen wie: «Geschichte – woher kommt Geberit», «Marken und Werte: Warum sind Marken so stark?» oder «Was wollen wir und wie wollen wir wahrgenommen werden?» Wichtig ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ih

 

Führung muss entscheiden

 

ren Beitrag zum Ganzen erkennen. Das stärkt ihre Motivation entscheidend.

Die Rolle der Führungskräfte

 

Damit die erarbeiteten und vermittelten Werte Früchte tragen, müssen sie von den Arbeitnehmern engagiert gelebt werden. Sonst funktioniert Behavioral Branding nicht. Um das Mitarbeiterengagement zu fördern und zu pflegen, gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Sie betreffen die Unternehmenskultur, die Daily-Business- Charakteristik und Managereigenschaften, wobei Letztere besonders wichtig sind. So hat die Persönlichkeit eines Managers einen entscheidenden Einfluss auf das Mitarbeiterverhalten. Ein standardisiertes, universell gültiges Anforderungsprofil für die perfekte Führungskraft gibt es allerdings nicht. Studien haben gezeigt, dass Vorgesetzte am meisten durch Authentizität bewirken können. Ein authentischer Führungsstil setzt Engagement für die Entwicklung bei sich selbst voraus – ein (Berufs-)Leben lang. Verantwortung für die persönliche Entwicklung zu übernehmen, ist der Schlüssel zum Erfolg. Ansteckend wirkt dabei die transformationale Führung, also das gelebte Vorbild der Führungskräfte – extern und intern. Was Vorgesetzte selbst nicht vorleben, können sie von ihren Untergebenen nicht erwarten. Allerdings lässt sich die transformationale Führung nicht von heute auf morgen einführen. Als längerfristiges Projekt ist sie aber sehr geeignet, um den Behavioral-Branding- Prozess zu unterstützen. Konkret wird bei jedem Mitglied der Belegschaft nach Funktion und Bildungsgrad entschieden, inwieweit ein transformationaler Führungsstil bereits angewendet werden kann. Das setzt bei den Vorgesetzten eine reife Persönlichkeit mit der notwendigen Empathie und das Wissen zur Beurteilung jedes Einzelnen voraus.

Behavioral Branding ist ein Prozess

 

Was wissen Unternehmen zu berichten, die Behavioral Branding im B2B-Bereich bereits seit geraumer Zeit bewusst berücksichtigen und pflegen? Interessante Erkenntnisse aus der Praxis erhielt die Autorin in Interviews mit den Behavioral- Branding-Verantwortlichen von Hilti, Geberit und publisuisse. Dabei stellten sich folgende Punkte als zentral heraus:

 

  • Die Konzernleitung, beziehungsweise das oberste Management, muss den Behavioral Branding- Prozess befürworten und initiieren.
  • Die Unternehmensleitung sollte sicherstellen, dass für die Umsetzung genügend Manpower sowie Infrastrukturen für die Schulung der Mitarbeiter und Partner vorhanden sind.
  • Behavioral Branding kostet Geld und ist als Investition anzusehen, die sich mittelfristig auszahlen wird.
  • Die Menschen müssen bezüglich ihrer Eigenschaften zu einem Unternehmen passen.
  • Die Führungskräfte sollten die Unternehmenskultur leben und sicherstellen, dass alle den Prozess kennen und mittragen.

 

Behavioral Branding ist ein aufwendiger Prozess, der sich aber mittel- und langfristig auszahlen wird.

 

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