Aus dem Takt?
Ursachen unklar: Der Ausschuss an der Montagelinie ist zu hoch, die Taktzeiten nehmen minimal, aber stetig zu, auf den ersten Blick wird jedoch nicht deutlich, woran es liegt. Bei grossen Montagelinien ist es oft schwierig, problematische Stationen oder Prozesse ausfindig zu machen, um das Optimierungspotenzial zu erkennen. Das Sammeln von Produktionsdaten mit Hilfe einer Softwareapplikation ist die Lösung.
An einer grossen Montageanlage für Hinter achsgetriebe eines namhaften deutschen Automobilzulieferers lässt sich veranschau lichen, welche Analysen und Auswertungen mit der Applikation möglich sind. Diese Mon tageanlage umfasst rund 50 Stationen, die alle samt mit piaOptimum überwacht werden, einem Software-Tool, das Engpässe in kom plex verketteten Montageanlagen ermittelt und dank grösstmöglicher Datentransparenz die schnelle und nachhaltige Optimierung der Produktionseffizienz ermöglicht. Möglich ist auch, nur einzelne Stationen oder Linienab schnitte genauer in den Blick zu nehmen. Um jedoch Aussagen über OEE-Verluste (Overall Equipment Effectiveness) treffen zu können, ist die Betrachtung der gesamten Anlage sinn voll, um ganzheitlich Engpässen und Störun gen auf die Spur zu kommen. Als Station wird in der Software ein Anlagenteil definiert, an dem ein oder mehrere Bearbeitungsschritte durchgeführt werden, die von Beginn der Be arbeitung eines Bauteils bis zum Beginn der Bearbeitung des nächsten Bauteils dieselbe Solltaktzeit aufweisen wie die Anlage insge samt; in diesem Fall 55 Sekunden. Alle 55 Se kunden wird also ein Hinterachsgetriebe fer tiggestellt. Die Stationen sind in der Regel seriellaufgebaut. Es gibt allerdings auch Aus nahmen, wo es technisch nicht möglich ist, den Bearbeitungsschritt in 55 Sekunden durchzuführen. Um durch langsamere Statio nen jedoch keinen Flaschenhals in der Monta ge zu etablieren, werden diese Stationen dop pelt oder mehrfach als ganzzahliges Vielfaches der Solltaktzeit ausgeführt. So erreicht man im Endeffekt wieder einen Anlagentakt von 55 Sekunden.
Datenanbindung mittels OPC-UA ohne SPS-Eingriff
Mit dem Einsatz von piaOptimum möchte der Kunde Transparenz für die Optimierung der Ausbringung seiner Anlage schaffen. Dazu notwendig sind Daten, die die Grundlagen der Gesamtanlageneffektivität (GAE) betref fen, also Informationen über die Bauteilquali tät zum Abschluss eines Bearbeitungsschritts (also einer Station), die dazugehörigen Takt zeiten und ebenso aufgetretene Störungen und Meldungen. Die Konfiguration aller Da tenpunkte ist unkompliziert über die Web-Oberfläche der Software möglich. Dazu sind keinerlei Eingriffe in die Maschinensteuerung nötig, sondern piaOptimum ermöglicht eine absolut flexible Datenanbindung mittels des bereits standardisierten OPC-UA-Protokolls – sofern Mindestanforderungen der Linien steuerung erfüllt sind. Während die Daten für Bauteilqualität und Taktzeiten über OPC-UA gut zu generieren sind, lassen sich Details über Meldungen und Störungen nur über HMI-Panels abrufen, deren Kompatibilität über die jeweilige Netzwerkstruktur des Kun den zunächst geprüft und teilweise angepasst werden muss.
Analyse und Optimierung einer Pressenstation
Nachfolgend lässt sich exemplarisch an Sta tion 8 zeigen, wie eine Analyse auf Gesamt taktebene (von einem Bearbeitungsbeginn bis zum nächsten) sowie eine Teiltaktanalyse letztlich eine nachweisliche Verbesserung der Taktzeit ergeben haben: Im Zeitraum von Kalenderwoche 23/2018 bis Kalenderwoche 25/2018 wurde an dieser Station, einer Pres senstation, eine Analyse durchgeführt. Diese zeigte, dass der Median mit 58,5 Sekunden et was über dem Sollwert von 55 Sekunden lag. Hier war also eine Optimierung hinsichtlich der Taktzeit notwendig. An der Station 8 fin den folgende Bearbeitungsschritte in der Soll taktzeit statt: «Aktorik griffbereit», «Neben zeit», «Bauteil in Position», «Bauteil spannen»,
«Pressvorgang», «Einheiten zurück». Eine tiefe re Analyse der Teilbewegungen ermöglichte, für den Gesamttakt eine Verkürzung zu erzie len. Durchgeführt wurden die Optimierungs massnahmen in der Kalenderwoche 26/2018. Im Anschluss konnte klar ersichtlich gemacht werden, dass die Adaption eines speziellen Teiltakts namens «Nebenzeit» den Hauptanteil an der Senkung der Gesamttaktzeit mit sich brachte.
piaOptimum bietet hier die Möglichkeit, mittels eines sogenannten Referenzteiltakt- Widgets einerseits die Analyse bis zu den Einzelbewegungen in der Station einzusehen, andererseits sowohl Gesamt- als auch Teiltakte mit einer Referenz zu vergleichen. Als Referenzzeitraum wurden die drei Wochen KW 23/2018 bis KW 25/2018 definiert, als Analysezeitraum der komplette Folgemonat Juli 2018. Die Referenz wird in der Grafik (Abb. 1) immer als blauer Balken dargestellt, die aktuellen Analysewerte dazu in Rot, Gelb oder Grün, je nach Ergebnis des Vergleichs.
Maschinentakt durch Optimierung der «Nebenzeit» gesenkt
Der Maschinentakt-Anteil im Juli ist gegen über dem Voroptimierungszeitraum um vier Prozent gesunken. Betrachtet man nun die einzelnen Schritte in der Station, erkennt man auf den ersten Blick den Hauptverantwort lichen dafür: Obwohl die Schritte «Aktorik griffbereit», «Bauteil in Position» und «Einhei ten zurück» etwas länger dauern, hat die Opti mierung der Bewegung «Nebenzeit» den wah ren Ausschlag gegeben. Der Ablauf zeigt, dass nach diesem Schritt alle folgenden früher be ginnen und somit die gesamte Bearbeitung verkürzt werden konnte. Bei der «Nebenzeit» handelt es sich um eine nicht-automatisierte Bewegung, die durch einen Bediener ausge führt wird. Die Optimierung bestand darin, dem Mitarbeiter ein besseres Werkzeug zur Bearbeitung zur Verfügung zu stellen – eine kleine Änderung mit einem erstaunlichen Ef fekt auf die Gesamttaktzeit dieser Station und letztlich auch auf die GAE der Anlage. Für den Folgemonat Juli konnte der Median der Takt zeit unter den Solltaktwert gesenkt werden, hier 53 Sekunden, und darüber hinaus wur den ebenfalls die Schwankungen stark redu ziert.
Produktionsverlauf Station 8
Mit der Auswertung des Produktionsverlaufs einer Station (Abb. 2) sieht der Nutzer, wie viele Bauteile im Stundenverlauf produziert wurden und in welcher Qualität die Kompo nenten vorliegen. Die weissen Bereiche zwi schen den Balken stellen Nicht-Produktions zeiten dar, z.B. Stillstände wie an Wochen enden, einzelne ausgefallene Schichten oder Umrüstungszeiten. Die Färbung der Spitzen gibt Aufschluss über die Bauteilqualität, Grün für «Bauteil ok», Rot für «Bauteil nicht ok». Dies ist eine andere Sicht auf die Station 8. Die Solltaktzeit kann sehr wohl erfüllt sein. Wenn jedoch ein zu langer Abschnitt der Bal kenspitze im obigen Diagramm rot eingefärbt wäre, bedeutete dies, dass zu viele der in der Solltaktzeit produzierten Teile mangelhaft sind. Auch hier erfolgte dann die Ursachen forschung: Störungen an der Station selbst, ein fehlerhaftes Messverfahren für die Beur teilung der Qualität oder mangelnde Qualität der verarbeiteten Einzelbauteile, die von Zu lieferern stammen. Im vorliegenden Beispiel entsprechen die Färbungen jedoch den übli chen und akzeptablen Schwankungen und Ausschusszahlen.
Benachrichtigungsregeln definieren
Gerade aus Sicht der Instandhaltung ist es not wendig, möglichst früh auf ein Fehlverhalten der Anlage aufmerksam gemacht zu werden. Dazu können logisch verknüpfte Bedingungen hinterlegt werden, bei deren Erfüllung aktiv eine Nachricht an einen oder mehrere Emp fänger per E-Mail verschickt wird. Ein typi sches Beispiel hierzu aus der Anlage: Ein Bau teil an verschiedenen Stationen ist ein Zylin der, der mit Luftdruck arbeitet. Wenn der Zy linder mehr und mehr verschleisst, lässt der Druck nach, was sogar eine kürzere Taktzeit zur Folge hat. Für die Instandhaltung ist dies ein Hinweis, dass der Zylinder in den nächsten Tagen oder Stunden ausfallen wird. Es lässt sich also die Benachrichtigungsregel aufstel len, dass eine Info-Mail erfolgt, wenn ein ge wisser Taktzeitwert unterschritten wird. Somit kann die Instandhaltung alles für einen bevorstehenden schnellen Austausch des Zylinders vorbereiten.
Fazit: Volle Datentransparenz für gezielte Prozessoptimierung
Über die Gesamttakt- und Teiltaktanalyse hi naus lassen sich weitere aufschlussreiche Aus wertungen mit piaOptimum darstellen und für die Produktionsoptimierung nutzen, z.B. Anzeigen der Produktionsstatistik (die Granu larität lässt sich nach Belieben festlegen: die gesamte Linie, einzelne Gruppen oder Statio nen über jeden freien Zeitraum bis hinunter zu Zehn-Minuten-Paketen) oder auch Sam mel- und Detailansichten über aufgetretene Störungen und Meldungen.
Die Analysen und Auswertungen sind detailliert und vielschichtig, sodass von ver schiedenen Seiten ein Blick auf die Produk tionsergebnisse geworfen werden kann. Eine problematische Station betrachten, einzelne Linienabschnitte auswerten oder ganze Pro duktionsstandorte miteinander vergleichen – die Softwareapplikation stellt dazu viele Werkzeuge bereit. Die Ausstattung mit pia Optimum ist sowohl bei neuen Anlagen als auch als Retrofit-Version bei bestehenden Pro duktionslinien möglich.