«Auf Augenhöhe mit den Besten bewegen»

Die ältere Generation von Führungskräften kann sich daran noch erinnern: Mit einer Offizierslaufbahn in der Schweizer Armee standen einem auch in der Privatwirtschaft fast alle Karriere-Türen offen. Das hat sich später stark geändert, eine militärische Karriere stand einer wirtschaftlichen eher im Weg wegen der langen Dienstzeiten. Dass aber eine höhere Kaderausbildung in der Armee durchaus auch im Zivilleben nützlich sein kann, ist seit einiger Zeit wieder stärker anerkannt

«Auf Augenhöhe mit den Besten bewegen»

 

 

 

Die Höhere Kaderausbildung der Armee HKA ist das Kompetenzzentrum für Führungsausbildung und militärwissenschaftliche Forschung und erbringt ihre Leistungen hauptsächlich für die Armee. Dies geschieht in Partnerschaft mit den anderen Trägern der Nationalen Sicherheitskooperation (Blaulichtorganisationen) sowie zivilen Bildungsorganisationen. Zur Höheren Kaderausbildung der Armee gehören die Zentralschule (ZS) in Luzern und Bern, die Generalstabsschule (GST S) in Kriens, die Militärakademie (MILAK) an der ETH Zürich in Birmensdorf und die Berufsunteroffiziersschule (BUSA) in Herisau sowie der Stab Operative Schulung (Op S) in Bern. Geleitet wird die HKA durch Divisionär Philippe Rebord. Die Orientierung am Führungsmodell der EFQM wurde im Jahr 2005 an der HKA eingeführt und erreicht nach den Auszeichnungen und «Recognized for Excellence 5 star» (2016) mit der Finalteilnahme für den ESPRIX Swiss Award for Excellence einen weiteren Meilenstein.

Herr Rebord, was hat Sie bewogen, sich für den ESPRIX Swiss Award for Excellence zu bewerben?
Bevor ich im Januar 2014 das Kommando an der Höheren Kaderausbildung übernommen habe, habe ich schon Erfahrungen mit verschiedenen Qualitätsmanagementsystemen gesammelt. Für mich war immer klar, dass ich den bisherigen Weg der Excellence weitergehen und mit einer Politik der kleinen Schritte die HKA kontinuierlich weiterentwickeln will. Nach verschiedenen Assessments im Rahmen von Recognized for Excellence ist der Entscheid dann gereift, sich im Rahmen des ESPRIX Swiss Awards for Excellence 2016 dem Wettbewerb zu stellen.

Was bedeutet für Sie – ganz allgemein – der Begriff «Business Excellence»?
Für mich bedeutet «Business Excellence», dass sich eine Organisation oder eine Unternehmung auf Augenhöhe mit den Besten auf nationaler, sowie auch auf internationaler Ebene bewegen kann.

Nun ist die HKA gleichsam eine «staatliche» Organisation, die sich abseits von marktwirtschaftlichen Kriterien bewegt. Inwiefern ist hier «Business» mehr mit «Verwaltung» gleichzusetzen?
Wie überall begründen die Kunden die Existenz einer Unternehmung, das ist natürlich auch bei der HKA der Fall. Das Modell leitet uns an, aktuelle und zukünftige Anforderung laufend zu erfassen und unsere Lehrgänge und Prozesse darauf auszurichten. Aus diesem Grunde sind wir sehr kundenorientiert. Das Budget in der Verwaltung ersetzt den Markt, somit ist die Ausgangslage im Business und der Verwaltung weitgehend vergleichbar

In ihrem Kernbereich hat die HKA eine Monopolstellung, der Wettbewerb als Qualitätstreiber fällt grösstenteils weg. Weshalb muss eine Monopol-Organisation dennoch kontinuierliche Verbesserungsprozesse durchführen?
Die Anforderungen und Erwartungen von Arbeitgebern und Teilnehmenden haben es erforderlich gemacht, dass die heutige Miliz-Kaderausbildung kürzer, flexibler und effizienter gestaltet werden musste. Das ExcellenceModell leitet uns dabei an, integral zu denken und die Bedürfnisse aller Interessengruppen zu berücksichtigen. Dies fördert die Kreativität und unterstützt uns darin, unsere Vision und Zukunftsperspektiven zu erreichen. Es geht darum, den Teilnehmenden von Lehrgängen und Kursen eine zeitgemässe und qualitativ hochstehende Führungsausbildung anzubieten, welche sie auf ihrer künftigen Funktion als Vorgesetzte vorbereitet und entsprechend für die Praxis befähigt.

Wo kamen Sie erstmals mit dem EFQM-Modell in Berührung und was gab den Ausschlag, es in der HKA umzusetzen?
Als Kompetenzzentrum für Führungsausbildung hat sich die HKA bereits 2004 der umfassenden Qualität und somit dem EFQMModell verpflichtet. Damit soll den Lehrgangsteilnehmenden eine qualitativ hochstehende Ausbildung angeboten werden. Die Absolventen sollen unter erschwerten Bedingungen und unter Zeitdruck Führungserfahrungen sammeln und diese anschliessend auch an ihrem zivilen Arbeitsplatz anwenden können

Was waren – rückblickend – die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung und wie haben Sie diese gemeistert?
Als einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren muss der Einbezug aller Führungsstufen und Mitarbeitenden genannt werden. Ein gutes Verständnis für die mittelfristige Ausrichtung und die übergeordneten Zielsetzungen sind die Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung einer ExcellenceKultur und die Erreichung anspruchsvoller Zielsetzungen. Um dies zu gewährleisten, werden Führungskräfte und Mitarbeitende seit Jahren kontinuierlich ausgebildet und sensibilisiert.

Inwiefern erleichtert bzw. erschwert eine hierarchisch geprägte militärische Organisation die Durchführung von EFQM?
Erfolgreiche militärische Führung setzt einen intensiven Einbezug und ein selbstständiges Arbeiten innerhalb von Richtlinien auf allen Stufen voraus, bei uns als Auftragstaktik bekannt. Dem entsprechend sind die militärischen Führungsprozesse ausgelegt. Bereits in der Rekrutenschule werden diese Prinzipien und Werte geschult. Mit dem Beginn der Kaderausbildung in der Unteroffiziersschule werden die Führungsprinzipien und -prozesse systematisch vermittelt und angewendet. Diese Basis hat es uns bestimmt erleichtert, das EFQM Excellence-Modell rasch zu verstehen und Top-Down einzuführen.

Lange war die militärische Führungsausbildung eher verpönt, geniesst in letzter Zeit aber wieder mehr Anerkennung von ziviler Seite. Worauf führen Sie diesen Wandel zurück? Auch ein Resultat von EFQM?
Die Studie Sicherheit 2015 des Center for Security Studies, ETH Zürich, und der Militärakademie an der ETH Zürich zeigt, dass die militärische Führungsausbildung für junge Schweizerbürger wieder attraktiver geworden ist. Wie stark die HKA und insbesondere das EFQM-Modell hierzu beigetragen haben, ist schwierig zu beurteilen. Sicher ist aber, dass wir mit der konsequenten Anwendung des Excellence-Modells eine hohe Ausbildungsqualität sicherstellen können und dabei zivile internationale Anforderungen an das Qualitätsmanagement erfüllen.

Unsere Partnerschaften mit Schweizer Bildungsinstituten (ETH Zürich, HSW Luzern, usw.) sowie das internationale Netzwerk mit der Vergabe von ECTS-Punkten und zivilen Zertifikaten erhöhen die Attraktivität einer militärischen Führungsausbildung. Dadurch leisten wir mit unserer Ausbildung einen Beitrag an die Führungskultur der Wirtschaft.

Sie betrachten die erneute EFQM-Zertifizierung als Input für weitere Anwendungen in anderen Bereichen des Verteidigungsdepartements. Als Vision: Auch für die gesamte Armee?
Dies ist absolut vorstellbar, liegt jedoch nicht in der Kompetenz und Verantwortung der Höheren Kaderausbildung der Armee. Selbstverständlich sind wir aber sehr gerne bereit, unseren Beitrag diesbezüglich zu leisten, so dass die gesamte Armee von unserem Wissen und unserer Erfahrung profitieren kann

Was sind Ihre nächsten Schwerpunkte für die weitere Entwicklung der HKA?
Mit der Bewerbung erschliesst sich der HKA der Zugang zu exzellenten Organisationen mit grosser Erfahrung. Wir sind bereit, unsere Stärken einzubringen und erhoffen uns einen einfachen Austausch und den Einblick in viele gute Praktiken. Sie sollen uns Inspiration für die eigene Entwicklung geben und uns helfen, die HKA kontinuierlich zu entwickeln.

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