Anlagendokumentation outsourcen

Wer mehrere Maschinen zu einer Anlage verkettet, muss für diese neue Gesamteinheit unter Umständen ebenfalls eine Anlagendokumentation erstellen. Für viele Hersteller beziehungsweise Betreiber ist das eine lästige wie teure Pflicht. Doch eine solche Dokumentation birgt auch Chancen: Sie bietet im Schadensfall Rechtssicherheit und kann die Bediener der Anlage unterstützen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Die Anlagendokumentation lässt sich auch bequem an externe und spezialisierte Dienstleister outsourcen.

 

Sind mehrere Maschinen steuerungstechnisch verknüpft und arbeiten sie als Einheit zusammen, definiert sie die Europäische Maschinenrichtlinie (2009; auch in der Schweiz im Zuge der Harmonisierung mit EU-Recht rechtsverbindlich, Anm. d. Red.) als Gesamtheit. Vier Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein: Die Maschinen müssen eine gemeinsame Aufgabe ausführen, funktional verbunden sein und sich gegenseitig beeinflussen, über ein gemeinsames Steuerungssystem verfügen und eine gemeinsame sicherheitstechnische Verbindung besitzen. Maschinen, die nebeneinander angeordnet sind, müssen also nicht unbedingt eine Anlage darstellen.

Neue Maschinen können genauso gut zu Gesamtheiten zusammengeschlossen werden wie gebrauchte oder solche von unterschiedlichen Herstellern. Manche auf Anlagenbau spezialisierten Hersteller verketten eingekaufte Maschinen. Ebenso kann eine Anlage aber auch von einem Betreiber zusammengestellt werden, wenn keines der beteiligten Unternehmen als Generalunternehmer auftritt. Er wird dann zum Hersteller und ist verpflichtet eine Anlagendokumentation zu erstellen, wenn per Definition eine Anlage vorliegt.

Was ist die Anlagendokumentation?

Eine solche Anlagendokumentation beschreibt die Ganzheit der neuen Anlage, die in den einzelnen Betriebsanleitungen der integrierten Maschinen nicht abgedeckt werden kann. Dazu gehören eine interne und eine externe Dokumentation: Erstere bleibt beim Hersteller. Sie muss bei Prüfungen oder Unfällen vorgelegt werden können – also dann, wenn Behörden Einsicht nehmen wollen. Auch Konstruktionspläne und Risikobeurteilungen gehören dazu. Die externe Anlagendokumentation geht an den Kunden. Sie beinhaltet unter anderem die Betriebsanleitung, CE-Erklärung und Typenschild.

Die Anlagendokumentation wird auf Basis von drei Dokumenten erstellt: der Betriebsanleitung der Maschinenrichtlinie, der Norm DIN EN 82097-1 (in der Schweiz: SN EN 82079-1 von 2012, Anm. d. Red.) und dem DIN Fachbericht 146:2006-01 (01 Technische Produktdokumentation – Betriebsanleitungen für Anlagen – Leitlinie für die Zusammenfassung von Informationen aus Betriebsanleitungen von Komponenten; Anm. d. Red.: in der Schweiz erhältlich z.B. bei der Schweizerischen Normen-Vereinigung SNV).

Sinn der Anlagendokumentation ist also nicht eine Anhäufung aller Informationen, die über die Einzelteile vorliegen, sondern ein Überblick über die neue Gesamtheit. Ziel ist es, ihre Bedienung darzustellen und darzulegen, wie die verschiedenen Maschinen zusammenarbeiten.

Warum ist sie notwendig?

Der Gesetzgeber erfordert nur dann keine Anleitung, wenn ein Produkt so gebaut ist, dass ein sicherer und bestimmungsgemäßer Gebrauch auch ohne Anleitung möglich ist. Die Hersteller von allen Produkten müssen aber laut Produktsicherheitsgesetz dafür sorgen, dass der Bediener beziehungsweise der Kunde, sie sicher verwenden können. Bei einer Maschine ist zudem eine Betriebsanleitung gemäß der Maschinenrichtlinie gefordert. Das gilt auch bei einer Anlage, die sich aus mehreren Einzelmaschinen zusammensetzt. Fehlt diese Anleitung, ist das Produkt unvollständig und unsicher – es darf nicht verkauft werden.

Was umfasst die Anlagendokumentation?

Zentrales Element der Anlagendokumentation ist die Beschreibung der sogenannten bestimmungsgemäßen Verwendung der Gesamtanlage, da diese in keiner der Einzelanleitungen zu finden ist.

Funktion und Aufbau der Anlage und ihre Komponenten werden erläutert. Die Betriebsanleitung muss die wesentlichen Teile der Maschinenanleitungen enthalten, die beteiligt sind. Wichtig ist dabei, die Zielgruppe nicht aus den Augen zu verlieren. Für sie werden die einzelnen Arbeitsschritte und übergreifende Bedienung möglichst verständlich aufgeführt. Dazu gehören zum Beispiel die Hauptfunktionen oder die Einrichtung der Programme.

Auch die Ergebnisse der übergreifenden Risikobeurteilung samt Restrisiken der Gesamtanlage gehören in die Anleitung. Zudem müssen Schutzausrüstung sowie alle wichtigen Sicherheits- und Warnhinweise aus den Einzelbeschreibungen integriert werden.

Auch die technischen Daten der Gesamtanlage werden erfasst, da diese von den einzelnen Maschinen abweichen können, etwa, wenn die Anlage einen höheren Lärmpegel verursacht als ihre Bestandteile. Montage und Inbetriebnahme gehören dann in die Anlagendokumentation, wenn diese nicht direkt vom Hersteller vorgenommen werden. Dann sollten dabei alle relevanten Tätigkeiten vollständig abgebildet werden.

Der Wartungsplan enthält Informationen, welche Arbeiten wann anfallen und wer sie durchführen darf – ob Fachpersonal notwendig ist, oder ob der Bediener die Arbeiten ausführen darf. Ist letzteres der Fall, können die Wartungsarbeiten im Detail ebenfalls dargelegt werden. Auch hier ist wieder ein Verweis auf die Maschinenanleitungen möglich.

Aus der neuen Anlage und Gesamtsteuerung ergeben sich in der Regel neue Störungsmeldungen und -fälle. Diese müssen abhängig vom Fall konkret dargelegt werden, können aber auch durch Verweise auf die Betriebsanweisungen der Einzelmaschinen abgedeckt werden.

es sinnvoll erscheint, auf Zuliefererdokumente und die Anleitungen der Einzelmaschinen verwiesen werden.

Wo liegen die Probleme?

Der Wartungsplan einer Anlage ist aufwändig in der Erstellung, da aus jeder Betriebsanleitung der zugehörigen Maschinen die Wartungsdaten zusammengetragen und in einem Gesamtwartungsplan konsolidiert werden müssen. Auch eine Sortierung abhängig von Wartungsintervallen muss hier vorgenommen werden. Der Wartungsplan lässt sich auch kaum aus allen Plänen der Ursprungsmaschinen erstellen, da eine Anlage nicht immer den Zugriff auf jede Einzelmaschine gewährleistet und sie sich im Aufbau unterscheiden.

Eine große Fehlerquelle bei der Anlagendokumentation liegt in den Zulieferdokumenten. Zum einen muss sichergestellt werden, dass diese einwandfrei und in einer aktuellen Version vorliegen – nicht jeder Hersteller stellt sie korrekt zur Verfügung und für sehr alte Maschinen existieren manchmal keine Betriebsanleitungen. Zum anderen ist es sinnvoll, sich bereits beim Einkauf der Maschine vertraglich Rechte einräumen zu lassen, um Text und Illustration der Einzelanleitungen nutzen zu dürfen oder die richtige Sprache festzulegen. Das vereinfacht die Erstellung der Anlagendokumentation ganz erheblich.

Eine Anlagendokumentation ist auch oft zu umfänglich, da viele Hersteller nicht nur Dokumente zur Maschine beilegen, sondern auch Datenblätter ihrer Einzelteile. Damit wachsen die Papierberge und die Informationen sind nicht mehr zielgruppengerecht, da sie zu viel Wissen beinhalten und Instruktionen teilen, für deren Ausführung der Bediener möglicherweise gar nicht berechtigt ist. Genauso nachteilig ist eine Anlagendokumentation, die nur aus Verweisen auf bestehende Maschinenanleitungen besteht: Sie ist leseunfreundlich und hält die relevanten Informationen nicht vor.

Die Anlagendokumentation als Chance

Die Anlagendokumentation ist für Hersteller teuer und aufwändig und wird oftmals als lästige Pflichtaufgabe empfunden. Ein Hauptargument dabei lautet: Keiner braucht sie und gelesen wird sie auch nicht. Generiert der Betreiber jedoch eine Arbeitsanweisung auf Basis der Anlagendokumentation, muss das nicht so sein. Denn eine gut aufgesetzte Anlagendokumentation bringt Mehrwert: Sie hilft dabei, Bedienerfehler zu vermeiden und verbessert die Kundenzufriedenheit. Der Hersteller hat damit ein wenig genutztes Instrument zur Kundenbindung an der Hand, indem er sie leserlich und gut strukturiert aufbereitet. Versteht der Bediener den vollen Funktionsumfang einer Anlage, kann er sie außerdem effizienter nutzen.

Der Betreiber der Anlage hat eine Instruktionspflicht: Er muss die Sicherheit der Anlage samt Anleitung gewährleisten und ist im Falle eines Unfalls in der Haftung. Auch, wenn die Anlagendokumentation im Normalbetrieb nur eine untergeordnete Rolle spielt: Bei einem Betriebsunfall mit Personenschaden wird sie relevant. Dann nämlich können Betriebe über eine gute Dokumentation nachweisen, dass sie allen Verpflichtungen nachgekommen sind. Die Anlagendokumentation dient also auch als eine Absicherung.

Fazit

Die Anlagendokumentation ist zwar eine Pflichtaufgabe, richtig aufgesetzt kann sie aber auch einen erheblichen Mehrwert bieten. Wer die aufwändige Erstellung nicht selbst übernehmen will, kann sie an einen Spezialisten outsourcen. So spart man sich nicht nur Zeit – die Anlagendokumentation im Detail ist tatsächlich ein Fall für Experten. Wer sich des Themas selbst annehmen will, kann auch auf Software-Unterstützung wie das Tool CE-CON Safety zurückgreifen. Durch den modularen Aufbau können Maschinengesamtheiten übersichtlich dargestellt werden.

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