Der Einsatz von Querdenkern im Design-Thinking-Prozess
Design-Thinking ist ein Werkzeug zur Generierung innovativer Lösungen. Dafür werden Querdenker gesucht. Es war bislang nicht klar, wie sie identifiziert und wo sie mit ihren Merkmalen im Prozess gewinnbringend eingesetzt werden können. Eine erste Übersicht mit Kriterien des Querdenkers samt Zuordnung zu verschiedenen Prozessschritten hilft dabei, Ideen zu gene- rieren, zu planen und umzusetzen.
Durch die digitale Transformation wird bis 2025 in Europa eine indus- trielle Bruttowertschöpfung von circa 1,42 Billionen CHF erzielt [1]. Da- her innovieren und investieren viele Unternehmen aktuell und in den kommenden Jahren vor allem verstärkt in den Bereichen Artificial In- telligence (AI) resp. AI-Produkte, Plattformen und Big Data [2]. Es ist also wichtig für den Unternehmenserfolg, mit überzeugenden und in- novativen Lösungen Kundenbedürfnisse befriedigen zu können [3]. Und dabei ist es nachrangig, ob es sich um Produkte, Dienstleistungen oder neue Geschäftsmodelle handelt. Aber wie können Unternehmen Innovation mit ihren Mitarbeitenden betreiben? Kann Design-Thin- king helfen? Und wenn: In welchen Innovationsphasen sollten Mitar- beitende anhand ihrer Stärken und Schwächen eingesetzt werden, da- mit der Design-Thinking-Prozess zum Erfolg wird? Helfen dabei Quer- denker?
Design-Thinking im Überblick
Der Begriff «Design» bedeutet erst einmal das formgerechte und funk- tionale Gestalten oder Formen von Dingen. Dieses wird auf Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle übertragen. Design-Thin- king hilft, Antworten auf bestehende Fragen zu entwickeln. Lösungen sollten sich konsequent an den Kundenbedürfnissen orientieren, die subjektiv und emotional sein können. Der Design-Thinking-Prozess folgt dabei einem sehr strukturierten Ablauf und erfolgt iterativ, d. h. wiederholend in Schlaufen. Man geht unergiebige Schritte immer wieder durch, bis vor allem potenzielle Kunden zufrieden sind. Erst dann geht es in die Umsetzung. Der Design-Thinking-Prozess [4] glie- dert sich in verschiedene Phasen mit verschiedenen Ergebnissen, die hier in aller Kürze skizziert werden:
- Verstehen: Themenpool und Projektplan sind
- Beobachten: Beobachtungs- und Interviewprotokolle von Nut- zern und Experten sind vorhanden; Testprotokolle bestehender Lösungen liegen
- Synthese: User Journey und Kundenbedürfnisse sind
- Ideengenerierung: Strukturierte und bewertete Ideen zur Bedürf- niserfüllung sind
- Prototyping: Prototypen in unterschiedlichen Ausführungen lie- gen
- Testen: Test- und Feedbackprotokoll von Nutzerinnen und Nut- zern liegt vor. Beschreibung des Geschäftsmodells anhand ver- schiedener Kriterien liegt
Der gesamte Prozess ist im Kern durch vier Prinzipien geprägt:
- Man stellt den Menschen samt Bedürfnissen als Ausgangspunkt jeglicher Innovation in den
- Es wird ein interdisziplinäres Team zusammengesetzt, weil man hofft, dass «mehr Augen mehr sehen», d. h. verschiedene Kompe- tenzen und Fähigkeiten
- Im Prozess sind Anpassungen jederzeit möglich und man kann quasi wieder einen Schritt zurück
- Es wird ein kreativer Arbeitsort gewählt, an dem man aus dem normalen Arbeitsalltag ausbrechen
Aber bevor es losgeht, fragt man sich: Wer macht mit? Und da wird es schwierig. Denn Innovation geht selbstverständlich mit Kreativität einher [5] – aber welche Personen sind kreativ oder können andere Sichtweisen einnehmen und sollten eigentlich am Design-Thinking- Prozess teilnehmen, damit dieser ein voller Erfolg wird? In diesem Zu- sammenhang wird im Alltag oft vom Querdenker gesprochen, wobei fast immer unklar ist, was das genau bedeutet. Wir wollen Ihnen eine erste Übersicht bereitstellen.
Querdenker: Out-of-the-box-Denken ist unverzichtbar bei der Ideengenerierung
Ein Querdenker denkt (a) eigenständig, (b) originell und oft werden dessen Ideen und Ansichten (c) nicht verstanden oder akzeptiert. So die bislang greifbarste Beschreibung. Wirtschaftsführer heben immer wieder im Rahmen von Innovationen hervor, dass Querdenker eine entscheidende Rolle spielen. Aber da präzise Kriterien bislang fehlen und sich deshalb solche Querdenker in Unternehmen nicht zielsicher identifizieren lassen, ging eine an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) durchgeführte Forschungsarbeit in Form von semistrukturier-
«Innovation geht selbstverständlich mit Kreativität einher.»
ten Experteninterviews mit Innovationsexperten und -expertinnen (mittleres und oberes Management; verschiedene Branchen) genau dieser und anderen Fragen nach und führte eine Anforderungsana- lyse [6] durch. Im Rahmen der Analyse wurde auf Fähigkeiten, Per- sönlichkeitseigenschaften und Verhaltensweisen von Querdenkern, ihren Stärken und Schwächen als auch die beste Passung zu den ver- schiedenen Phasen des Design-Thinking-Prozesses geachtet. Im Kern zeigen die Ergebnisse folgendes vereinfachtes Bild:
Der Querdenker fällt vor allem durch das kreative «Out-of-the- box»-Denken auf und kann durchaus in alles Design-Thinking-Phasen eingesetzt werden. Vor allem in zwei Phasen kommen die Eigenschaf- ten des Querdenkens besonders zum Ausdruck: (A) Ideengenerie- rung: Hier kommt der Querdenker voll zum Einsatz und ist unver- zichtbar. Er besitzt die Fähigkeit, die Ideen – auch der anderen Pro-jektmitglieder – aufzuwerten oder so weit zu verbinden, dass Ideen noch wettbewerbsfähiger werden. (B) Synthese: Trotz seiner Stärke, komplexe Frage- und Problemstellungen rasch zu erkennen, steht das analytische Zusammentragen von Erkenntnissen in dieser Phase im Vordergrund – und das ist keine Stärke des Querdenkers.
Psychologische Verfahren können Unternehmen dabei unter- stützen, die richtige Auswahl und Planung von Innovationsteams und-prozessen vorzunehmen, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Das schont Zeit und Nerven und sichert mit grösserer Wahrschein- lichkeit wirtschaftlichen Erfolg.