Vom Himmel in die Hölle und wieder zurück

Unternehmer möchten gerne alles unter Kontrolle haben. Das bereitet ihnen ein gutes Gefühl. Die Geschäfte laufen, Kunden sind glücklich, Mitarbeiter motiviert und man ist mit sich selbst zutiefst zufrieden. Kontrolle zu verlieren oder keine Kontrolle zu haben, sind dagegen inakzeptable Zustände.

Vom Himmel in die Hölle und wieder zurück

Statt Glücksgefühle erzeugt Kontrollverlust Frustration, Widerstand oder gar Resignation. Man fühlt sich wie «vom Himmel in die Hölle» versetzt. Wie lässt sich das lösen?

 

Leistung auf dem Nullpunkt

Um es vereinfacht auszudrücken, liegt Kontrollverlust dann vor, wenn die eigene unternehmerische Leistung in ihrer Auswirkung gleich null ist. Egal, was getan wird, es wird keine Wirkung mehr erreicht – Aktivitäten zur Neukundengewinnung verlaufen im Sand, die strategische Bestandskundenbetreuung erreicht keine Top-Level-Kontakte mehr, oder mehr denn je verlassen Mitarbeiter trotz grösster Bemühungen das Unternehmen. Was geschieht, hat der Unternehmer nicht mehr im Griff. Was folgt, ist eine Kettenreaktion, eine Abwärtsspirale, der Unternehmer ist gefangen im Hamsterrad.

 

Hektik und Ohnmacht

Willkommen auf dem Weg zur Hölle. Möglicherweise waren individuelle Fehlentscheidungen gar nicht so tragisch, doch das macht in diesem Stadium keinen Unterschied mehr. Hektische Versuche, die volle Kontrolle wiederherzustellen, bleiben ohne Erfolg. Die persönliche Aufopferung kennt keine Grenzen, schon gar keine körperlichen. Jede erzeugte Leistung bleibt dennoch eine wirkungslose, die bestenfalls nur frustriert, Widerstand auslöst oder, im schlimmsten Fall, zur Resignation führt. Spätestens jetzt macht sich ein Gefühl der Ohnmacht breit – angekommen in der Hölle.

 

Das Tal der Tränen

Ohnmacht birgt – neben der weiteren Abwärtsspirale – auch die Möglichkeit der Ruhe, der Besinnung, der Gelegenheit, Gedanken neu zu ordnen. Sie markiert den Wendepunkt, um die gemachten Fehler zu reflektieren, die Lage neu zu beurteilen, Entschlüsse zu überdenken und neu zu entscheiden. Die Akzeptanz des Höllenzustands ist ein «must», das Eingeständnis der eigenen Hilflosigkeit ebenso. Aus eigener Erfahrung ist die Bauchlandung so notwendig wie die Luft zum Atmen. Es muss erst richtig weh tun, bevor die Erkenntnis des Umdenkens reift und die Kraft zum Umlenken gross genug ist. Das ist ein Prozess der kleinen Schritte, weil die Schäden am eigenen Ich gar keine grossen Sprünge erlauben. Kein Mensch mag Hilflosigkeit, schon gar nicht ein Unternehmer. Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, um sich Rat und Unterstützung von aussen zu sichern. Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion sind sicher gute Ratgeber, die Überleitung zur Selbststeuerung ist aber eine echte Herausforderung.

 

Damit die Erkenntnis des Scheiterns nicht nur eine Erkenntnis bleibt, ist mindestens eine weitere Perspektive im festgefahrenen Zustand ratsam. Das hat ganz sachliche Gründe wie den bereits angesprochenen Perspektivenwechsel, der trotz massiver Bemühungen in der Selbststeuerung nicht jedem Betroffenen gelingt, es hat aber auch etwas mit emotionalem Support zu tun. Die mit der Bauchlandung verbundenen Blessuren brauchen zur Versorgung eine helfende Hand von aussen, jemanden, der einem wieder auf die Beine hilft und ein erstes Stück des kommenden Weges gemeinsam geht. Zu pathetisch? Ganz praktisch verkürzt die zusätzliche Perspektive auch die Zeitspanne, die für die Überwindung der Höllenfahrt nötig ist. Eine ganz praktische Erkenntnis aus der Höllenfahrt: Wer klug und bereit ist, bindet weitere Perspektiven in den Heilungsprozess ein.

 

Gesucht: ein starker Partner

Um bereit für eine Veränderung zu sein, ist meist die Bauchlandung, das Tal der Tränen, die Hölle, Voraussetzung. Die nun folgende Phase in Richtung Himmel erfordert einen starken Partner. Dieser unterstützt beispielsweise dabei, neue Wege in der Kundenakquise zu finden, verloren gegangene Kunden wiederzugewinnen oder Vertrauen zu säen, damit gute Mitarbeiter auch bleiben. Es geht um einen Partner, der eine andere Perspektive auf das Problem und die Lösung hat, der Sparringspartner und Coach ist. Es geht aber auch um einen Menschen, der empathische Fähigkeiten mitbringt, um die Schmerzen der Bauchlandung verstehen und einordnen zu können. Bestenfalls bringt eine Person beide Fähigkeiten mit. Der Weg raus aus der Hölle gelingt auch mit mehr als einem Begleiter. Je kürzer diese Phase, je schneller neue Massnahmen etabliert werden können, desto besser ist das Ergebnis. Zu langes Zögern wird in der Regel bestraft.

 

Der Weg zurück nach oben

Wird der Weg der Veränderung eingeschlagen, ist nicht nur der Unternehmer (und seine starken Partner) gefragt, sondern jeder einzelne Mitarbeiter im Unternehmen. Das setzt voraus, dass die «Schieflage» für jeden spür- oder messbar ist. Damit sind die Auswirkungen des Kontrollverlusts auf das Unternehmen gemeint, nicht die persönliche Betroffenheit des Unternehmers selbst. Der unternehmerische Weg zurück nach oben lässt sich mit fünf Phasen skizzieren.

– Phase 1: Bild des gemeinsamen Ziels. Entwickeln Sie ein Bild der zukünftigen Situation und erstellen Sie Strategien zur Zielerreichung. Wichtig ist, dass Sie gemeinsam mit allen Mitarbeitern an diesem Ziel, der Vision, arbeiten. Eine Absichtserklärung im stillen Kämmerlein führt zu keinem Ergebnis. Falls nicht alle an der Vision mitarbeiten können, sorgen Sie dafür, dass das Bild der Zukunft dennoch den letzten Winkel des Unternehmens erreicht und jeden mit auf den Weg nimmt.

– Phase 2: das geeignete Umfeld schaffen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Umfeld die Strategien umsetzen kann. Verändern Sie all die Systeme und Strukturen, die die Vision untergraben. Gehen Sie dabei auch Risiken ein, ein «Das haben wir schon immer so gemacht» wird hier nicht weiterhelfen. Machen Sie sich andere Denkweisen zunutze (zusätzliche Perspektiven!), fordern Sie zu Anregungen auf und seien Sie offen für Vorschläge und Bedenken.

– Phase 3: schnelle Erfolge erzielen und kommunizieren. Zeigen Sie Ihrem Umfeld, dass die neuen Strategien wirken und sorgen Sie für «Quick Wins». Sparen Sie nicht mit Lob und Anerkennung für die involvierten Mitarbeiter. Achten Sie auf individuelle Erfolge und Bemühungen, auf die persönliche Entwicklung des Einzelnen. Das hat auch eine positive Wirkung auf die eigene Motivation und Leistungsfähigkeit. – Phase 4: aktiv bleiben. Die Phase nach den Quick Wins ist entscheidend, um die Fahrt nicht zu verlieren. Ein Ausruhen auf den ersten Erfolgen wäre tödlich und schliesst den Weg zurück nach oben nicht erfolgreich ab. Knüpfen Sie an Erreichtem an, werden Sie nicht müde, die Vision zu bemühen und auf die Umsetzung der Strategien zu pochen. Halten Sie Ihre Mitstreiter aktiv.

– Phase 5: Verbesserungen messbar machen. Jetzt wird abgerechnet. Machen Sie die Verbindung zwischen dem ehemaligen Status quo, der «Schieflage» und der erreichten Leistungsverbesserung sichtbar. Finden Sie die richtigen Mittel, um die Strategie in messbare Zahlen, Daten und Fakten zu übersetzen und kommunizieren Sie die Ergebnisse. Halten Sie an Ihrer Story der Vision fest.

 

Neben der unternehmerischen Entwicklung wird auch die persönliche Entwicklung einhergehen. Das ist Balsam für die geschundene Unternehmerseele. Herzlich willkommen zurück im Himmel! Persönliches Wachstum am Kontrollverlust ist möglich – und daraus wiedergewonnene Kontrolle schmeckt besonders gut. ■

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