Das Profil eines Betrügers

Wie die Forensik-Studie „Profile of a fraudster“ über Betrugsfälle (März 2013 bis August 2015) von KPMG zeigt, wurden von 750 Fällen 24 Prozent durch technologische Mittel begünstigt. Allerdings sind die Profile von Wirtschaftskriminellen unterschiedlich. Wie KPMG Forensiker unterstreichen, ist ein Gros von Betrügen auf ungenügende Meldesysteme oder schwache Kontrollsysteme zurück zu führen.

Auch die beste Kontrolle schützt nicht vor Wirtschaftsbetrügereien.

„Bei Wirtschaftsdelikten“, so Mathias Kiener, Partner Forensik KPMG Schweiz, „wirkt meistens nur der Kommissar Zufall“.

Wirtschaftskriminalität richtet Schäden in Milliardenhöhe an. Auch in der Schweiz leiden zahlreiche Unternehmen unter solchen Aktivitäten. In der Schweiz – wie auch weltweit – nutzen mehr und mehr technisch versierte Betrüger zeitgemässe technologische Mittel für die Ausübung ihrer Machenschaften.Von allen hierzulande untersuchten Fällen mit technologischem Einsatz betrafen rund 27 Prozent Rechnungsdokumente mit falschen oder irreführenden Angaben und 27 Prozent die Erstellung von betrügerischen E-Mails. Die Wirtschaftsbetrügereien (Engl.: Frauds) sind jedoch vielfältig, wobei 47 Prozent direkt auf Vermögenswerte und „nur“ 22 Prozent auf Manipulationen von Daten abzielt

Text von Michael Merz

Der grundsätzliche Anstieg auf registrierte 750 Betrugsfälle (in 81 Ländern) führt KPMG auf einen höheren Technologieeinsatz auf beiden Seiten, beispielsweise zwischen Auftraggeber und Leistungszusteller, sicher zwischen Unternehmenspartnern und Hochkriminellen zurück.

Weitere neun Prozent der technologischen Betrügereien zwischen 2013 und 2015 stellten den allgegenwärtigen Missbrauch bestehender Zugriffsrechte auf Computersysteme. Betrügerische Manipulationen werden in der Regel häufiger von Gruppen (62 Prozent) als von Einzelpersonen (38 Prozent) begangen.

Der typische Betrüger

Der typische Wirtschaftsdelinquent in der Schweiz ist zwischen 46 und 55 Jahre alt, männlich und Executive (Mitglied des Kaders). „Sie sind oft selbstherrlich, scheinen jedoch freundlich“, betonte Philippe Fleury, Leiter Forensik KPMG Schweiz. In der Studie repräsentieren 17 Prozent weibliche Betrügerinnen. Sie agieren im Gegensatz zu männlichen Delinquenten im Kaderbereich eher als unscheinbare Staff Mitglieder.

Im  Vergleich zu Studiendaten anderer Länder ist der typische Wirtschaftsdelinquent in der Schweiz auch gut 10 Jahre älter als ausländische Betrüger. Ausserdem waren 36 Prozent dieser Type schon 6 Jahre im gleichen Unternehmen. Die KPMG Forensiker sehen daher bei bestehenden Mitarbeitern und Unternehmenspartnern Risikoherde: “Es ist schwierig Einzeltäter zu eruieren. Gerade in der Schweiz existiert eine hohe Vertrauenskultur.“

„Hier“, so Mathias Kiener, Partner Forensik KPMG Schweiz, „wirkt meistens nur der Kommissar Zufall“. Neben unentdeckten Einzeltätern gebe es in der Fraud-Typologie auch undefinierbare Collusionen und doch vielseitig organisierte Seilschaften und „ganze inkriminierte Geschäftsleitungsgruppen.“

Für die Schweiz zeichnet sich das folgende Profil-Bild des typischen Wirtschaftsdelinquenten:

• Über die Hälfte der untersuchten Betrüger sind zwischen 46 und 55 Jahre alt.

• 82 Prozent der Täter sind männlich.

• 64 Prozent aller Betrüger stammen aus den eigenen Reihen.

• 55 Prozent der Täter sind Kadermitglieder.

• 36 Prozent sind seit mindestens sechs Jahren beim Unternehmen beschäftigt (2013: 41 Prozent).

• Die wichtigsten Tatmotive von Betrügern sind persönliche Bereicherung zur Finanzierung des Lebensstils (64 Prozent), Habgier (18 Prozent) und ein Gefühl der Neugier/ leichten Durchführbarkeit der Tat (18 Prozent).

Kontrollsysteme ungenügend

Weiter unterstrichen die Forensiker die KPMG Studie: „Die Betrüge und Bedrohungen sind gewachsen wegen schwächeren Kontrollen.“ Für 64 Prozent aller Wirtschaftsdelinquenten sind schwache interne Kontrollen ein wichtiger Treiber, der offenbar an Bedeutung gewinnt: Die Zahl der Betrüger, deren kriminelles Handeln wesentlich durch schwache Kontrollen begünstigt wird, hat gegenüber 2013 stark von 18 auf 27 Prozent zugenommen.

Erstaunlich ist das Faktum, dass sich höchstens 13 Prozent aller Betrüger unter Druck einer Organisation wähnte, einen kriminellen Weg einzuschlagen. Eine weitere Erkenntnis der Studie: höchstens 3 Prozent aller Betrügereien können durch „pro-actitve data analytics“ erhoben werden, und gerade mal 6 Prozent von Missbräuchen werden durch externe Auditoren entdeckt.

Während die Täter bereits heute schon sehr effizient technologische Werkzeuge einsetzen, tun Unternehmen erst wenig, um ihrerseits mit technologischen Mitteln die Kriminalität einzudämmen.

Davor warnt Philippe Fleury, Leiter Forensik von KPMG Schweiz: „Der Einsatz von Technologien in der Wirtschaftskriminalität wird weiter ansteigen. Für Unternehmen sind daher verbesserte Kontrollsysteme und Gefahrenüberwachungssysteme ein Muss, um unregelmässiges oder verdächtiges Verhalten rechtzeitig aufzuspüren.“

Vermutungen und Hinweise 

Doch auch die beste Kontrolle schütze nicht gänzlich vor Wirtschaftsbetrügereien: In 16 Prozent der untersuchten Fälle konnten Kontrollsysteme umgangen werden. Bei weiteren 20 Prozent spielten diese wiederum gar keine Rolle; die Täter liessen sich durch die Kontrollmechanismen nicht ablenken und führten ihre Betrügereien ohne Rücksicht auf diese durch.

Die Aufdeckung solcher Handlungen erfolgte zu 44 Prozent durch Beschwerden oder Hinweise und zu 22 Prozent aufgrund Identifikationen oder  Analysen durch die Geschäftsleitung.

Details zur aktuellen, vollständigen Forensik-Studie „Profile of a fraudster“ finden Sie unter diesem Link

 

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