1. MedLunch: „Der Mensch ist kein Toyota“
Der 1. MedLunch drehte sich um brennende Aspekte im Schweizer Healthcare Sektor: Bis 2030 braucht es zusätzlich weitere 43‘000 Personen im Pflegebereich, was einer Zunahme von über 35% entspricht. Der erste MedLunch der Juventus Schulen vom 7. Mai versuchte Antworten zu geben und wirft neue Fragen auf.
Darüber musste man am 1. MedLunch diskutieren: der Dienstleistungsanspruch der Bevölkerung nimmt weiter zu und „mit ihm steigen auch die Kosten, die schon jetzt ein hohes Niveau erreicht haben“, stellt Richard Münger als Rektor der Juventus Schule für Medizin und Moderator einleitend fest. Renommierte Experten aus dem Schweizer Gesundheitswesen haben am MedLunch der Juventus Schulen über die Zukunft der Schweizer Gesundheitsversorgung diskutiert und Einblicke in ihre Lösungsansätze präsentiert.
Demografischer Wandel, Digitalisierung und hohe Kosten sind nur einige der Herausforderungen, mit denen sich die Schweiz heute im Gesundheitsbereich konfrontiert sieht. Dr. Stefan Spycher, Vizedirektor und Leiter des Direktionsbereichs Gesundheitspolitik des BAG, sagt dazu: „Während der nächsten zehn Jahre wird sich unser Gesundheitssystem stark verändern. Gewisse Aspekte sind dabei abschätzbar: Wir werden in Zukunft sehr viel mehr alte Menschen in der Schweiz haben, die auch länger leben und damit chronisch krank werden können.“
Praxis-Koordinatorinnen gesucht
„Also braucht es zukünftig mehr Pflegeangebote, die gerade den stationären Bereich umfassen und von interdisziplinären Teams geführt werden, wo medizinischen Praxiskoordinator*Innen eine zunehmend wichtigere Rolle spielen“, betont Prof. Pietro Giovanoli, Klinikdirektor Plastische Chirurgie und Handchirurgie vom Universitätsspital Zürich. Inwiefern die Digitalisierung und die dadurch gesteigerte Effizient besonders im diagnostischen Bereich eine Entlastung bieten kann, muss diskutiert werden.
“Sicher ist aber, dass überall in einem gewissen Mass auf digitalisierte Arbeitsschritte gesetzt wird, die den Menschen aber nicht überflüssig machen. In London verwenden beispielsweise bereits 40‘000 Personen eine neuartige App namens „GP at Hand“, die auf künstliche Intelligenz bei der Erstdiagnose setzt. Mit dieser App kann man einfach prüfen, ob ein Videochat mit einem Arzt notwendig wird. Befindet die App, dass ein Gespräch sinnvoll ist, schaltet sich ein Arzt hinzu, der in einem kurzen Videochat eruiert, ob eine Arztpraxis aufgesucht werden soll.
„Die Vorteile der Digitalisierung liegen im diagnostischen Bereich auf der Hand. Vor allem bei komplizierten Bildauswertungen ist die künstliche Intelligenz eine äusserst effiziente Hilfe“, bestätigt Dr. Carlos Beat Quinto, Mitglied des FMH-Zentralvorstands für Public Health und Gesundheitsberufe. „Dennoch, der Mensch ist kein Toyota! Es gibt keine menschliche Norm, auf die sich eine Maschine zuverlässig berufen kann.
Krankheiten und Symptome zeigen sich bei jedem Menschen und damit auch bei den Geschlechtern anders. Deshalb wird ein Grossteil der Arbeit im Gesundheitswesen auch in Zukunft von Menschen für Menschen gemacht werden. Vertrauen und Beziehungen sind und bleiben uns wichtig, weil sie die Basis einer effizienten Behandlung sind.“
Verschiedene Kulturelle Einflüsse
Genau um dieses Vertrauen geht es auch den Patienten und Patientinnen, wenn sie mit einem Anliegen ins Spital oder zum Arzt gehen. Dabei spielen die fachlichen und sozialen Kompetenzen des Arztes oder der Ärztin gleichermassen eine tragende Rolle. „Diese Kompetenzen gilt es gezielt und praxisnah zu schulen“, betont Dr. Elisabeth Steger Vogt, Rektorin der wittlin stauffer ag und Geschäftsleitungsmitglied der Juventus Schulen. Als Expertin für die Kaderausbildungen im Gesundheitswesen kennt Steger Vogt die Herausforderungen, die im Alltag einem Gesundheitsbetrieb begegnen:
„Wir sind auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Dabei gilt es die verschiedenen kulturellen Einflüsse der Mitarbeitenden zu verstehen und auch zu berücksichtigen, was im Kulturmanagement gezielt geschult wird. Verstärkt braucht es eine Mentalität, die kulturübergreifend und vor allem integrativ wirkt. Nur ein Zusammenspiel aller Akteure sichert unser sensibles Gesundheitssystem, wo interkulturelle und interprofessionelle Kompetenzen von wachsender Bedeutung sind, wenn Bewährtes weiter tragen und ausgebaut werden soll.“