Von Königen am „Networking-Tag“ der Fachhochschule St. Gallen

Am diesjährigen Networking-Tag der Fachhochschule St.Gallen wurde die Schweizer Demokratie auf den Prüfstand gestellt. Hochkarätige Referierende und ein humorvoller Moderator haben gestern einen kurzweiligen Freitagnachmittag geboten mit interessanten Erkenntnissen aus Politik, Wirtschaft und Medien.

Der diesjährige Networking-Tag, der mit ilustren Politik und Kultur-Exponenten durchgeführt wurde, stand unter dem Motto „Der gute König. Demokratie auf dem Prüfstand“. (Bild: zVg)

Der 14. Networking-Tag 2018 der Fachhochschule St. Gallen packte die Besucher und die Besucherinnen. Unter dem Motto „Der gute König. Demokratie auf dem Prüfstand“ diskutierten hochkarätige Referenten über aktuelle Themen wie das schwindende Interesse an der Demokratie, Xenophobie und andere Strömungen. Mit diesen und anderen Fragen eröffnete Sebastian Wörwag, Rektor der Fachhochschule St.Gallen, den 14. Networking-Tag vom Freitag, 7. September, in den Olma Messen St.Gallen.

Demokratie – weiblich geschrieben

Wörwag lud die rund 650 Teilnehmenden ein, über Demokratie und die Werte, die es für ein funktionierendes Miteinander braucht, nachzudenken. Klar, es hätte auch ‚die gute Königin‘ heissen können“, sagte Sigmar Willi, Leiter der FHS Alumni. Aber das Zitat stamme nun einmal von Platon – und eine gendergerechte Schreibweise war vor 2500 Jahren kein Thema. Moderiert wurde der Anlass von Comedian und Polit-Blogger Michael Elsener, der mit spitzer Zunge und einer gehörigen Portion Humor immer wieder für Lacher im Publikum und auf der Bühne sorgte.

Für die Demokratie sahen die Podiumsteilnehmenden keineswegs schwarz. Im Gegenteil. „Die Demokratie wird lebendiger“, sagte Andrea Caroni. Dank E-Collecting und E-Voting würden die Menschen künftig wieder verstärkt am politischen Diskurs teilnehmen. Endo Anaconda glaubt, dass die „Zivilgesellschaft den Parteien ziemlich Dampf machen wird“, und das sei gut so. Paul Rechsteiner hofft, dass künftig alle, egal woher sie kommen, Chance auf politische Bildung haben. Die Politaktivistin und Co-Präsidentin der Operation Libero, Flavia Kleiner, wünscht sich für die Demokratie der Zukunft: „Kalte Zeiten für nackte Despoten.“

„Die Demokratie wird lebendiger“
Ein Höhepunkt war das Politpodium, das mit FDP-Ständerat Andrea Caroni, SP-Ständerat Paul Rechsteiner, SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr, Politaktivistin Flavia Kleiner und Musiker Endo Anaconda hochkarätig besetzt war. Caroni und Gutjahr waren für Petra Gössi (Präsidentin FDP Schweiz) und Roland Rino Büchel (SVP-Nationalrat) eingesprungen, welche die Teilnahme kurzfristig absagen mussten. Bei der Diskussion ging es unter anderem darum, wie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik zurückgewonnen und ihre Beteiligung an der Demokratie gesteigert werden kann.

Demokratie gestern, heute und morgen
Historiker Daniele Ganser sprach über die Geschichte der Schweizer Demokratie und wie die politische Macht durch die Einführung der Zauberformel „zerstückelt“ wurde. Er lobte den Dialog, „auch bei kontroversen Ansichten, sollte man sich dem Diskurs stellen“, und kritisierte die Zusammenarbeit der Schweiz mit „Partnership for Peace (PfP)“, dem „Kindergarten der Nato“, wie Ganser das Bündnis bezeichnete.

PfP sei eine internationale Struktur, welche die USA auferlegt hätten, um zögerliche Länder an die Nato anzugleichen, so Ganser. Wer mit denen kooperiere, könne nicht mehr als neutral bezeichnet werden.

Demokratie mit künstlicher Intelligenz?

Einen Blick in die Zukunft wagte Nicola Forster, Gründer und Präsident des Think Tank „foraus“. In seinem Referat zeigte er auf, wie Demokratie im Zeitalter der totalen Digitalisierung funktionieren kann. Dabei plädierte der junge Visionär für eine Mitwirkungs- statt Abstimmungsdemokratie. „Mit künstlicher Intelligenz etwa können die Staatsdienstleistungen noch stärker auf jeden Einzelnen zugeschnitten werden“, sagte Forster. «Doch soweit ist die Schweiz noch nicht.» Es sei aber wichtig, dass „wir diese Kompetenzen selber haben und nicht anderen überlassen“.

Demokratie und die Krise der Medien
Medien spielen in einer funktionierenden Demokratie eine wichtige Rolle. Oft werden sie auch als die „vierte Gewalt“ bezeichnet. Doch die Medien stecken in einem tiefen Transformationsprozess, die Medienlandschaft schrumpft. „Es geht in eine Richtung, die
uns nicht gefällt“, sagt Daniel Binswanger, Co-Leiter Feuilleton des Online-Magazins Republik, der von Christof Moser die Rolle des „Verfechters unabhängiger Medien“ übernommen hatte. „Die Mittel werden aus den Medien abgezogen und in andere Bereiche gesteckt. Das ist schlecht für die Gesellschaft und schlecht für die Demokratie.“

Marc Walder, CEO und Miteigentümer von Ringier AG, sah das etwas anders: „Medien müssen sich diversifizieren, um eine Zukunft zu haben.“ Er ist sich sicher, dass „jene Medien, die heute zu mehr als 70 Prozent vom Journalismus abhängig sind, in zehn Jahren einen schweren Stand haben werden“.

„Es braucht eine staatsbürgerliche Bildung, bei der kritisches Denken gefördert und eine Haltung entwickelt wird“, sagte schliesslich Flavia Kleiner. Auch die Referentin Diana Gutjahr befürwortet eine politische Bildung, nur sollten die Diskussionen nicht in der Schule stattfinden, sondern „zuhause am Küchentisch“. Es sei jedoch Aufgabe der Politikerinnen und Politiker, sicher auch der Medien, die Leute fürs Wählen und Abstimmen zu motivieren – „und zwar in Gesprächen und nicht mittels Facebook-Post“, sagt die Thurgauer Nationalrätin.

www.networkingtag.ch

 

 

 

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