Handelsabkommen CH – GB: Die Krux mit dem Ursprung und der Kumulation

Das Handelsabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien wird per 1. September 2021 gemäss dem revidierten PEM-Abkommen aktualisiert.

Handelsabkommen, PEM-Abkommen
Das Handelsabkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien wird aktualisiert. © Depositphotos, belchonock

Präferenzkalkulationen im Handel mit Grossbritannien (GB) bleiben eine Herausforderung für Schweizer Ausführer. Per 9. Juni 2021 und 1. September 2021 gibt es allerdings einige Erleichterungen. Was hat sich 2021 geändert und was müssen Schweizer Exporteure beachten, damit ihre Ware reibungslos durch den Zoll kommt?

In der Schweiz produzierte Waren mit Export nach GB

Bis anhin ergaben sich Probleme bei Präferenzkalkulationen unter anderem dadurch, dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen TCA (Trade and Cooperation Agreement) zwischen der EU und GB nicht in allen Aspekten deckungsgleich ist mit dem bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und GB. Dies betrifft vor allem die Ursprungsregeln. So hatten Schweizer Ausführer mit zwei gewichtigen Nachteilen zu kämpfen:

Waren mit präferenziellem Ursprung Schweiz konnten abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer zollbegünstigt bzw. zollfrei nach GB importiert werden. Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die nach GB exportieren, hatten die schweizerischen Unternehmen strengere Ursprungskriterien zu erfüllen:

  • a.) Im vereinbarten Handelsabkommen zwischen der Schweiz und GB vom 11. Februar 2019 (in Kraft seit 1. Januar 2021) galten «strengere» Ursprungsregeln als für EU-Länder. In der Regel führte erst eine erzielte Wertschöpfung von 60 – 70 Prozent zu einem Schweizerischen Ursprung der Ware.
  • b.) In der Produktion verwendete Vormaterialien aus der EU und der Türkei wurden als drittländisch eingestuft.

Neu entfällt seit dem 9. Juni 2021 der in Buchstabe b.) aufgeführt Nachteil. Die Vormaterialien aus der EU und der Türkei können nun zum Schweizerischen Ursprung addiert (kumuliert) werden.

Mit dem angestrebten Beitritt von GB zum revidierten PEM-Übereinkommen (Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln) auf den 1. September 2021 fällt auch der zweite Nachteil – Buchstabe a.) – weg. Im revidierten PEM-Übereinkommen sind «liberalere» Ursprungsregeln vorgesehen. Es genügt in der Regel eine Wertschöpfung von 50 Prozent, um den Ursprung der Ware zu erlangen.
Somit haben die Schweizer Ausführer ab dem 1. September 2021 wieder gleich lange Spiesse wie die Unternehmen in der EU.

Der Schweizerische Ausführer kann zudem wählen, ob er die neuen oder die alten Bestimmungen ab dem 1. September 2021 anwenden möchte. Sofern er sich für die neuen, liberalen Regeln entscheidet, muss er dies in der ersten Sendung aktiv – mit dem vermerken des neuen Ursprungstextes – bestätigen. Der Ursprungstext wird mit den zusätzlichen Worten «…. gemäss den Übergangsregeln für den Ursprung ….» ergänzt. Hierzu das Beispiel des Textes der neuen Ursprungserklärung: «Der Ausführer (Ermächtigter Ausführer; Bewilligungs-Nr. ………) der Waren, auf die sich dieses Handelspapier bezieht, erklärt, dass diese Waren, soweit nicht anders angegeben, präferenzbegünstigte …………….. Ursprungswaren gemäss den Übergangsregeln für den Ursprung sind.»

Reexport von EU und Türkischen Waren durch Schweizer Firmen

Der so genannte Durchhandel, d.h. das Weiterversenden von unveränderter, präferenzieller Ursprungsware der EU und Türkei ist weiterhin nicht möglich. Sendet der Schweizerische Exporteur Waren mit EU und türkischem Ursprung nach GB, kann er weiterhin keinen präferenziellen Ursprungsnachweis ausstellen. Dies hat zur Folge, dass der Empfänger in GB eine Zollabgabe entrichten muss.

Sofern die EU-Ursprungsware direkt von der EU nach GB befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.

Fazit

Angesichts der Gesetzänderungen sollten Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre Lieferanteninformationen aktualisieren und Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise detailliert prüfen. International tätige Speditionen in der Schweiz bieten den Kunden hierzu umfassende Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen reibungslos, rechtskonform, pünktlich und gegebenenfalls mit einem formell gültigen Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen nach GB zu bringen.

Zum Autor

Mario Caccivio, Zollbeauftragter, European Logistics, Dachser Spedition AG (Schweiz)

Handelsabkommen, PEM-Abkommen
Mario Caccivio zum Thema Handelsabkommen mit GB. © Thomas Hinder

 

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