Nachhaltiges Sourcing

Sourcing ist in aller Munde. Sei es bedingt durch die erhöhten Regulierungsverschärfungen, die omnipräsenten, eindimensionalen Kostensparübungen und die mangelnden eigenen Skalen oder durch ein gezieltes strategisches Aufbrechen der Wertschöpfungskette entsprechend einem industrialisierten Ansatz.

Nachhaltiges Sourcing

 

 

 

Hand aufs Herz: Welche Banquiers sind bereit, industrielle Ansätze quer durch die gesamte Wertschöpfungskette anzuwenden oder von den Industrieerfahrungen zu lernen? Die VP Bank sowie die Liechtensteinische Landesbank (LLB) haben in Kooperation erfolgreiche Sourcingprojekte realisiert.

Konsequent Fragen stellen

 

Der erste Schritt für ein erfolgreiches Sourcing startet mit dem Hinterfragen des eigenen Business- Modells. Dies beinhaltet beispielsweise die Notwendigkeit, Klarheit darüber zu haben, welches die wirklichen (und nicht die gewünschten) Kernkompetenzen und welche Bereiche auslagerungsfähig sind. Dazu sind das Big Picture des Unternehmens sowie die daraus abgeleiteten Strategien unabdingbare Voraussetzungen. Zentrale Punkte sind eindeutige Aussagen zum möglichen Partner- Management und Rahmenbedingungen. Ohne strategische Verankerung kann ein Sourcingthema schnell in Schieflage geraten. Eine weitere zentrale Startfrage: Welcher

 

Mehrwert für den Kunden

 

Mehrwert wird dadurch für den Endkunden realisiert – respektive was spürt der Endkunde von der Auslagerung? Was ist kritisch für den Endkunden? Nichtsdestotrotz muss die Führung Klarheit über ihre Verantwortung und die Berechenbarkeit des Sourcings haben.

Zeit, um zu reifen

 

Der Aufbau und die Umsetzung einer effektiven Sourcingstrategie sowie das unermüdliche Einbeziehen sämtlicher Stakeholder benötigten vor allem eins: Zeit. Zu bedenken gilt auch, dass nicht alle Stakeholder mit dem Thema gleich vertraut sind und möglicherweise andere Themen favorisieren. Dieses Momentum kann mit einer effektiven Strategie elegant ausgehebelt werden. Sourcing per Dekret zu verordnen ist wenig zielführend.

 

Sourcing-Bestrebungen brauchen Zeit, Freiraum und die notwendige Reife, um im richtigen Augenblick umstellen zu können. Erfahrungen zeigen, dass diese Prozesse lange reifen. Reflexartiges Sourcing – ebenso das Outsourcing eines Problembereichs – ist zum Scheitern verurteilt.

Kriterien der Evaluation

 

Das Evaluieren möglicher Partner erfolgt nach der klassischen Vorgehensweise: 

 

  • Longlist (Request for Information)
  • Shortlist (Request for Proposal)
  • Präsentationen vor Ort
  • Referenzbesuche
  • Drittauskünfte

 

Beinhaltet beispielsweise die Unternehmensstrategie eindeutige Vorgaben zum Partner-Management (fachlich wie partnerschaftlich), kann dieser Prozessschritt massiv verkürzt werden und zeugt gleichzeitig von unternehmerischer Weitsicht. Je nach Sourcing- Objekt und möglicher Sourcinglösung muss Klarheit bestehen, was bezweckt werden soll. Handelt es sich um einen Kostencase und werden «Äpfel mit Äpfeln» verglichen – wobei, um bei den Apfelsorten zu bleiben, ein Boskop bei weitem kein Gravensteiner ist. Wenn dagegen eine strategische, unternehmerische Komponente dazukommt, sind die idealen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Sourcing gegeben.

 

Im Rahmen der Evaluation tauchen weitere kritische Erfolgsfelder auf: Einerseits soll eine zukunftsorientierte Governance (vom Kern-, Führungs- bis hin zum Unterstützungsprozess) und die vertragliche Ausgestaltung inklusive dem eventuellen Rückbau gebührend berücksichtigt werden. Andererseits müssen beide Partner kulturell fit und stimmig sein. Ein Fit auf Führungsebene genügt nicht, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Ein kultureller Nicht-Fit schlägt unweigerlich auf den Endkunden durch, sei es durch mangelnde Qualität oder durch entsprechende Verhaltensweisen.

Breit und bewusst motivieren

 

Erfolgreiches Sourcing beinhaltet das Begeistern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Menschen,

 

Mitarbeiter ins Boot holen

 

die das Ziel des Sourcings verstehen und darin neue, eigene Chancen entdecken, sind die Basis für kontinuierliche Verbesserungen oder schlicht: Innovation. Diese Begeisterung kann beispielsweise gestärkt werden, indem mögliche Betriebsstätten des Sourcingpartners in die Nähe des Outsourcers verlagert werden oder die Betroffenen neue, zusätzliche Aufgabengebiete erlernen und verantworten können. Dies beinhaltet ebenfalls den Umgang mit den Erwartungen an den neuen Arbeitgeber. Dieser Prozessteil basiert auf vielen Gesprächen und schlussendlich auf Vertrauen. Die Authentizität des Partners ist entscheidend. Neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern müssen je nach Thema weitere Stakeholder auf gesellschaftlicher Ebene (Behörden, Regulator, allenfalls Nachbarn etc.) einbezogen werden.

Am schwierigsten ist das Tun

 

Erst mit der erfolgreichen Umsetzung und dem täglichen Anwenden ist Sourcing operativ gestartet. Dieses Tun beinhaltet den bewussten Entscheid, den Hebel umzustellen und gleichzeitig das Partnermanagement aktiv zu leben und weiterzuentwickeln. Dieses Tun basiert auf einer durch die Führung vorgelebten und einfordernden Veränderungsbereitschaft – kurz: Disziplin. Die Führung versteht Veränderung als Investition, unterstützt laufend den Durchhaltewillen, gibt in kritischen Phasen Sicherheit und bringt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern echte Wertschätzung sowie Respekt entgegen. Sie hat ein klares Ziel vor Augen, das ständig wiederholt wird (Feu sacré). Gleichzeitig schafft eine zukunftsorientierte Führung

 

Wertschätzung und Respekt

 

Freiräume für Sourcingmöglichkeiten und hilft, die Komplexität zu reduzieren. Selbst wenn das Zitat von Antoine de Saint-Exupéry etwas strapaziert erscheint – es trifft den Kern: «Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.»

Erfolgreiche Beispiele

 

Im März 2010 haben die VP Bank sowie die Liechtensteinische Landesbank (LLB) angekündigt, in den Bereichen Logistik und Informatik enger zusammenzuarbeiten. Mittlerweile konnten verschiedene Sourcingobjekte erfolgreich realisiert werden. Am Beispiel «Druckund Versand» und «Gründung einer gemeinsamen Einkaufsgesellschaft » soll die Vorgehensweise grob aufgezeigt werden. Diese beiden Kooperationsprojekte bringen klare und messbare Ergebnisse.

«Druck und Versand» – klassisches Outsourcing

 

Bereits im Jahr 2009 haben sich die zwei Unternehmen Gedanken gemacht, den Bereich «Druck und Versand» gemeinsam sinnvoll zu lösen. Dieser Bereich gehört nicht zum Kernbusiness und ist sehr investitionsintensiv. Nachdem beide Partner mögliche Sollbruchstellen in diesem Prozess definierten, erfolgte eine Ausschreibung. Auf Basis dieser vordefinierten Kriterien wurde eine Vorselektion getroffen. (Rund zehn Unternehmen zeigten Interesse, wovon vier vertieft geprüft worden sind.) Der Entscheid fiel zugunsten der Trendcommerce Group aus St.Gallen, die in Liechtenstein innerhalb von vier Monaten mit den beiden Banken zusammen ein perfekt funktionierendes Druck- und Versandzentrum auf die Beine stellte. Unsere bisherige Erfahrung fällt sehr erfreulich aus und erfüllt unsere Erwartungen vollumfänglich.

 

Voraussetzung für die Realisierung einer Outsourcinglösung war, dass unsere hohen Sicherheitsanforderungen zu 100 Prozent abgedeckt werden und dass der Partner fundierte Erfahrung im Massendruck und -versand mitbringt. Bezüglich Sicherheit haben wir deutlich mehr investiert als bei einem klassischen Outsourcingprojekt: Alle drei Parteien brachten ihr Wissen ein und formten daraus das Endprodukt, welches durch externe Testate laufend belegt wird. Der Nutzen für die Banken: Der Druck erfolgt schneller, die Qualität der Belege ist massiv höher und weitere grafische Möglichkeiten stehen offen. Der Nutzen für Trendcommerce: Dank der Expertise im Fürstentum Liechtenstein konnte Trendcommerce in der Schweiz Raiffeisen als Kunden gewinnen und ein komplett neues Hochsicherheitsdruck- und Versandcenter erstellen – somit: eine klassische Win-win-Situation.

 

Besondere Herausforderung in diesem Sourcingobjekt waren: Zwei Unternehmen, die eine Kooperation in diesem Bereich anstreben, nach aussen «gleich» zu schalten

 

Erwartungen sind erfüllt

 

und die Aufgabe mit einem Dritten, der die komplette Betriebsstätte komplett neu aufbaut, zu realisieren. Beide Banken haben sich ohne Wenn und Aber zu einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Von Beginn weg war klar, dass dieses Sourcingobjekt partnerschaftlich gelöst und eine unternehmerische Governance angestrebt werden soll. Beide Unternehmen sind heute Kunden und nicht Aktionäre der Trendcommerce Liechtenstein AG und steuern das partnerschaftliche Verhältnis via definierte Service Level Agreements.

«Data Info Services AG» – Joint Venture

 

Parallel dazu gründeten beide Banken eine gemeinsame Einkaufsgesellschaft für Finanzinformationssysteme. Die Data Info Services AG beschafft in einer ersten Phase Telekurslizenzen für die beiden Gründerbanken. Durch dieses sogenannte «Pooling» von Lizenzen können beim Einkauf von Finanzinformationen vorteilhafte Bedingungen erzielt werden, was wiederum die Kostenbasis substanziell reduziert. Auch in diesem skalengetriebenen Beispiel wurde eine Lösung gebaut, die weiteren Finanzmarktteilnehmern offen steht.

 

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