«Mittlerweile findet täglich irgendwo eine SAQ-Prüfung statt – und das nicht nur in der Schweiz»
Die Zertifizierung von Personen hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Umsatzträger der SAQ entwickelt. Wir sprachen darüber mit Stefan Aegerter, Leiter Personenzertifizierungsstelle. Er wird diese Aufgabe ab 2016 seinem Nachfolger Andreas Lenzi übergeben.
Nicht nur Organisationen lassen sich die Qualität ihrer Prozesse und Produkte zertifizieren. Auch Personen belegen ihre Fachkompetenz durch ein entsprechendes Zertifikat. Personenzertifikate sind ein wichtiger Leistungsnachweis – gerade in Bereichen mit hohen Anforderungen an die Fachkompetenz. So lassen aufgrund der steigenden Komplexität der Finanzmärkte verschiedene Banken ihre Kundenberater inzwischen durch die SAQ zertifizieren, um den wachsenden Ansprüchen der Kunden an ihre Finanzberater gerecht zu werden.
Weshalb hat sich die Personenzertifizierung zu einem derart wichtigen Standbein der SAQ entwickelt?
Stefan Aegerter: Ursprünglich sind die Personenzertifikate aus den reinen QM-Prüfungen herausgewachsen. Hier hat die SAQ vor knapp zehn Jahren – auch mit ein wenig Risiko und Glück – auf die richtige Karte gesetzt mit dem Aufund Ausbau im Bereich der IT-Zertifizierungen. Es herrschte eine grosse Nachfrage, und mit dem Druck einerseits, den Erwartungen zu genügen, wuchsen parallel auch die Erfahrung und das Knowhow. Später kam die Zertifizierung von Kundeberatern Bank hinzu. Heute ist die Personenzertifizierung nicht nur ein wichtiges Standbein der SAQ, sondern auch ein anerkannter und gewichtiger Partner, wenn es um die Entwicklung und Einführung von komplexen und multinationalen Zertifizierungssystemen geht. Hier haben wir in den letzten Jahren eine Vorreiterrolle übernommen. Wir können heute sagen, dass auf der ganzen Welt SAQ-Prüfungen durchgeführt werden.
Die Nachfrage scheint also weiterhin enorm zu sein. Inwiefern profitieren Sie da auch vom verstärkten regulatorischen Druck auf bestimmte Branchen, gerade wenn man an den Finanzsektor denkt?
Grundsätzlich spüren wir keinen direkten Druck seitens der Regulatoren. Die entsprechenden Branchen sind bestrebt, proaktiv die geplanten regulatorischen Vorgaben zu erfüllen. Sie warten nicht ab, bis der Gesetzgeber die neuen Vorgaben in Kraft setzt. Ziel ist, eine Selbstregulierung durch die Branche zu erreichen.
Was sind die derzeit am stärksten nachgefragten Zertifikate und was beinhalten sie?
Die Nachfrage nach Zertifikaten im Bereich IT ist nach wie vor gross. Die SAQ ist mittlerweile Zertifizierungsstelle für ISTQB® Certified Tester, IREB Certified Professional for Requirements Engineering, ISPMA Certified Software Product Manager und UXQB Certified Professional for Usability and User Experience. Ein grosses Interesse besteht an der bei der Schweizerischen Akkreditierungsstelle akkreditierten Zertifizierung von Kundenberatern Bank. Im Bereich der Umfassenden Qualität verfügen wir über ein breites Angebot via unsere Tochtergesellschaften SAQ-QUALICON AG und ARIAQ SA. Wichtig ist es uns, Trends aufzugreifen und zu beobachten. Wir wägen jedoch sehr genau ab, wo sich ein vertieftes Engagement lohnt. Wir wollen glaubwürdige Systeme bauen, die sich über längere Zeit etablieren. Insofern lehnen wir auch immer wieder Anfragen ab.
Welche Trends haben Sie denn in den letzten Jahren festgestellt und wohin werden sich diese weiterentwickeln?
Der Trend geht eindeutig in Richtung Internationalisierung und Harmonisierung. Die Bolognaund Kopenhagen-Systeme müssen sich ergänzen mit der generellen Anerkennung von praktischen Kompetenz-Nachweisen. Univer
Knowhow und Flexibilität: Hier setzen Personenzertifizierungen an.
sitäten und Hochschulen sind bereit, in den modularen Lehrgängen die Lerninhalte eines CAS so anzupassen, dass am Schluss des Moduls, nach bestandener SAQPrüfung, ein SAQ-Zertifikat erlangt werden kann. Bis vor kurzem wäre dies undenkbar gewesen. Dies, damit die Studenten einerseits das SAQ-Zertifikat und gleichzeitig die ECTS-Punkte erhalten. Die Zertifikatsinhaber profitieren dadurch von einem anerkannten Zertifikat im Rahmen des international harmonisierten ISO-Standards 17024 und können gleichzeitig bereits eine in der entsprechenden Branche gefragte Kompetenz ausdrücklich nachweisen.
Wer soll bzw. muss sich nun als Person zertifizieren lassen?
Mich stört hier das Wort «muss». Die Einsicht, dass nur lebenslanges Lernen und permanente Weiterbildung die individuelle Arbeitsmarktfähigkeit erhalten können, hat sich bereits weitgehend durchgesetzt. Allein die Europäische Kommission schätzt aktuell, dass 80 Prozent der heute in der Berufswelt verwendeten Technologien innert zehn Jahren veraltet sein werden. Gleichzeitig werden 80 Prozent der Beschäftigten mit Technologien arbeiten müssen, die nicht älter als zehn Jahre sind. Diese Zahlen zeigen, was von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gefordert wird: Knowhow und Flexibilität. Hier setzen Personenzertifizierungen an. Im Gegensatz zu eidgenössischen Abschlüssen mit dem Fähigkeitszeugnis, einem Fachausweis oder Diplomen, die – einmal erworben – ihre Gültigkeit behalten, setzen die meisten Personenzertifizierungen nach einer gewissen Laufzeit eine Rezertifizierung voraus. Konkret heisst das: Eine zertifizierte Person muss mittels Testoder Trainingsmassnahme aufzeigen, dass sie die entsprechende Kompetenz und Fähigkeit in diesem Bereich nach wie vor besitzt.
Wie hoch ist der Aufwand einerseits für die Person, anderseits für deren Arbeitgeber?
Der Aufwand ergibt sich ja meistens aus der Vorbereitung (Training) und der jeweiligen Prüfung. Deshalb ist dieser Aufwand individuell. Wir halten uns an den Grundsatz, dem wir auch gegenüber der SAS und der Norm ISO 17024 verpflichtet sind: strikte Trennung zwischen Ausbildung und Prüfung. Jede interessierte Person kann sich über unsere Homepage www.personenzertifizierung. ch über die jeweiligen Prüfungen informieren. Dies beinhaltet Literatur, Musterprüfungen und Informationen zur Anmeldung und Dauer des jeweiligen Settings.
Sie werden nun die Leitung der Zertifizierungsstelle in neue Hände legen. Was geben Sie Ihrem Nachfolger als zentrale Message weiter?
Ich bin sicher, dass mein Nachfolger keine Message und Empfehlungen von mir nötig hat. Mir ist wichtig, dass wir die gemeinsame, mehrwöchige Übergabezeit optimal nutzen können. Andreas Lenzi verfügt über eine langjährige Erfahrung im Prüfungsbereich, von welcher die SAQ wird profitieren können. Persönlich erfüllt es mich mit grosser Freude, einen Bereich übergeben zu dürfen, der sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt und diversifiziert hat. Zu einem solchen Erfolg gehört ein ganzes Team, angefangen von der Administration über die Prüfungsaufsichten bis hin zu allen mandatierten Experten. Dieses Team sorgt mit viel Hingabe und Enthusiasmus dafür, dass fast täglich SAQ-Prüfungen reibungslos durchgeführt werden können.
Wie werden Sie selbst in Zukunft der SAQ verbunden bleiben?
Einerseits werde ich natürlich mit Interesse weiterverfolgen, wie sich die einzelnen Projekte und Zertifizierungssysteme entwickeln. Ich bin sicher: Hier werden wir auch künftig noch viel Positives hören von der SAQ. Zudem werde ich in einem kleinen Pensum als Prüfungsauditor zur Verfügung stehen und prioritär im Bereich Kundenberater Bank auditieren.