Gelegenheit für «De-Risking» bei Schweizer Pensionskassen
Zwei aktuelle Studien unterstreichen: Der stärkere Franken gegenüber dem Euro-Mindestkurs sowie fallende Zinsen schmälern die Renditen. Andererseits könnte die vorherrschende Wirtschaftsphase die beste Gelegenheit zu Risikoevaluationen, zu einem sogenannten Risikoabbau (De-Risking) bieten.
Die im Jahr 2013 revidierten Bilanzierungsregeln nach IAS 19 (Engl.: International Accounting Standards) für die Bewertung der Vorsorgepläne bedingen die vollständige Offenlegung der Unter- und Überdeckungen in den Firmenbüchern. Hieraus müsste eine hohe Transparenz speziell bei resultieren, börsenkotierten Unternehmen resultieren. Doch die verbesserte Transparenz birgt auch Schattenseiten, weil sie – wie gleich zwei Schweizer Studien belegen – mit einer hohen Bilanzvolatilität verbunden ist.
Wie Peter Zanella und Richard Köppel, Pensionskassenexperten bei Towers Watson Schweiz (siehe auch «Neue Studien zum Deckungsgrad für Schweizer Unternehmen » am Textende), belegen, existiert innerhalb der Unternehmensbuchhaltungen ein grosses Risikopotenzial. Die Pension-Risk Studie 2015 von Watson Towers unterstreicht: «Unternehmen verzeichnen eine hohe Bilanzvolatilität gegenüber dem Vorjahr. » Viele Schweizer Unternehmen müssten die Gelegenheit nutzen, Wege zu suchen, die mit den Vorsorgeeinrichtungen verbundenen Finanzierungsrisiken zu verstehen und zu kontrollieren.
Rückläufige Ergebnisse
Seit der Einführung von Negativzinsen durch die Nationalbank erschwert sich besonders die wirtschaftliche Situation der Schweizer Pensionskassen. «Zur Verringerung der Volatilität könnte auch die Implementierung risikoärmerer Anlagestrategien in Erwägung gezogen werden», meint Richard Köppel weiter, «ein Standardverfahren hierfür gibt es allerdings nicht, da die Ausgangslage von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ist», erklärt der Experte.
Schweizer Vorsorgeeinrichtungen, befragt zum wichtigsten Anlageziel bei Investitionen, orientieren sich laut einer aktuellen Studie der Hochschule Luzern (hslu) meistens präferiert an direkten Anlagen für Immobilien. Viele Schweizer Einrichtungen führen längerfristige Strategien aus, zeigen die hslu-Studienergebnisse, die bereits im März 2015 bereits publiziert wurden.
Pensionskassen investieren in Gebäude und Grundstücke, damit sie eine definierte Rendite erreichen, ihr Kapital erhalten und sich vor Inflation schützen. In der Schweiz erzielten die befragten Investoren in den Jahren 2012 bis 2013 im Durchschnitt Renditen zwischen 5 und 6 Prozent, mit einer immer mehr fallenden Tendenz.
Gleichwohl weist Michael Trübestein, Dozent und Projektleiter der Hochschule Luzern, betreffend die Vorsorgestrategien dar-
Schweizer Vorsorgeeinrichtungen orientieren sich an direkten Anlagen für Immobilien.
auf hin, dass es zu einer Angleichung des Schweizer Immobilienmarktes kommt, entsprechende Opportunitäten allmählich schwerer zu finden sind: «Eine Ausweichmöglichkeit wäre, dass die Institutionen ausländische Märkte nach geeigneten – indirekten – Investitionsmöglichkeiten untersuchen. Allerdings konkurrieren Schweizer Investoren auch dort mit nationalen und internationalen Investoren, und gute Objekte sind in ihrer Anzahl limitiert», so Trübestein.
Im Vergleich zum Vorjahr sind jedenfalls die Vorsorgeverpflichtungen der sogenannten SLI-Unternehmen um etwa CHF 36 Mrd. (+19,8 %) und bei den SMI-Unternehmen um CHF 30 Mrd. (+18,0 %) bei den Planvermögen gestiegen. Allerdings reduzierte sich der durchschnittliche Deckungsgrad, insbesondere wegen des niedrigen Diskontierungssatzes, um fünf Prozent bei den SMIund um vier Prozent bei den SLIUnternehmen.
Gemäss Towers Watson waren die Vorsorgeverpflichtungen im Jahr 2014 zu 84 Prozent respektive 80 Prozent bei den SLIs in einem entsprechenden separat ausgeschiedenen Planvermögen gedeckt.
Nichtsdestotrotz sei angesichts des weiteren Rückgangs der Zinsen und der zunehmenden Schwierigkeit, klassische Anlagevehikel zu finden, die kurz- und mittelfristig angemessene Renditen generieren, die Konzentration auf die Vorsorgeverpflichtungen evident.
Mögliche Auswirkungen
Nicht nur wirtschaftliche, sondern auch juristische Intransparenzen durchkreuzen die Pläne der Schweizer Pensionskassen. Die meisten Schweizer studieren jedoch den von der Schweizer Pensionskasse gemeldeten Deckungsgrad, der auf den Grundsätzen nach Swiss GAAP beruht. Hierunter kommt nun Bewegung in den Heimatmarkt:
Die Vorsorgeverpflichtungen (und deren Volatilität) gemäss den Rechnungslegungsstandards könnten die Arbeitgeber jedoch dazu veran lassen oder sogar zwingen, die dem Plan zugrunde liegenden Risiken besser zu kontrollieren, indem sie die Art der Durchführung der beruflichen Vorsorge oder die Höhe der angebotenen Leistungen direkt beeinflussen. Dies bezeugt der Forschungsbericht «Auswirkungen von IAS 19 auf die berufliche Vorsorge» (Nr. 02/15) vom Bundesamt für Sozialversicherungen BSV.
Infolge des fallenden Zinses könnte der Arbeitgeber mehr Druck auf die Pensionskasse ausüben, die unter der Leitung des paritätisch aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern zusammengesetzten Stiftungsrats steht. Das hslu Forschungsteam hat in seiner Studie die Investoren nach Kriterien gefragt, welche für die Auswahl eines externen Managements für die Verwaltung ihres Anlagebestandes von Bedeutung sind:
«Die Pensionskassen, Stiftungen und Lebensversicherungen achten dabei stark auf die Erfahrung und die Reputation sowie die Kosten des Dienstleisters, während vertragliche Aspekte wie die Vertragslaufzeit oder die Eigenkapitalbeteiligung des Managements eine weniger grosse Rolle spielen », heisst es in der im März 2015 erschienenen hslu-Studie.
Hierzu meint Michael Trübestein: «Dieses Verhalten bedeutet einerseits, dass neue Management-Anbieter jeweils ‹hohe Eintrittsbarrieren› durchbrechen müssen. Andererseits zeigt es, dass die Marktteilnehmer ihren Partnern im Immobilienbereich viel Vertrauen entgegenbringen.» Ein grundlegender Unterschied der Anforderungen an ein externes Management für direkte oder für indirekte Immobilienanlagen konnte nicht festgestellt werden.
Wie könnten sich also grössere Vorsorgeeinrichtungen verhalten, die quasi passiv zusehen müssen, wie ihre Anleiherenditen sinken?
Experten wie Michael Trübestein differenzieren: «Nebst Währungsverlusten gibt es immer auch politische Risiken. Gleichwohl bewerten institutionelle Investoren eine hohe Diversifikation als sehr wichtig, bilden diese aber nur teilweise in ihren Portfolios ab. Eine stärkere Internationalisierung wäre deshalb aus Sicht der Portfoliooptimierung und -absicherung durchaus zielführend.» Vorsorgeexperten scheint es eher suboptimal, wenn wegen weitergeleiteter Negativzinsen der SNB plötzlich viele
Nebst Währungsverlusten gibt es immer auch politische Risiken.
Schweizer Kassen Vorsorgekapital über längere Zeitabschnitte in eigenen Tresorschubladen deponieren. Die Vorsorgebranche muss dringlichst Lösungen finden, wie die Transparenz ausländischer Märkte richtig genutzt sowie Anlagen für solide Investitionen optimiert werden können.