Warum betriebsinternes Umweltmanagement nicht genug ist

Viele Firmen führen ein Umweltmanagementsystem, engagieren sich für Energie- und Materialeffizienz und versuchen ihre Beschaffungsprozesse zu optimieren. Dabei wird Nachhaltigkeit auf verschiedene Art definiert, dargestellt und gelebt.

Warum betriebsinternes Umweltmanagement nicht genug ist

 

 

 

Wer heute im Internet durch die Homepages von Firmen surft, stellt fest, dass sehr viele Unternehmen sich heute auf Nachhaltigkeit beziehen. Dies ist ein neuer Trend, welcher in den letzten 15 bis 20 Jahren entstanden ist. Denn vor 20 Jahren wurde Nachhaltigkeit und insbesondere der Teil, welcher sich auf die Umwelt bezieht, vor allem als Kostenfaktor gesehen. Heute ist vielen Firmen klar, dass betriebliche Nachhaltigkeit die Kundenbindung verstärkt, fähige Arbeitskräfte an die Firmen bindet und eine Bedingung für langfristige Profitabilität darstellt.

Sachzwänge dominieren den Alltag

 

Die Innensicht bietet ein differenzierteres Bild. Sachzwänge erschweren oft die Umsetzung, kurzfristige Kosten- und Risikoüberlegungen führen dazu, dass Projekte nicht umgesetzt werden können, mangelnde und falsche Informationen aus der Supply Chain verhindern eine bessere Umweltperformance und führen sogar zu Reputationsrisiken. Engineering-Kapazitäten sind knapp und der Kostendruck führt dazu, dass man sich nicht selten mit der zweitbesten Lösung zufrieden gibt. So ist denn das Optimierungspotenzial in den Firmen nach wie vor gross und bietet auch heute Chancen, sich zu profilieren. Gleichzeitig ist nachvollziehbar, dass Firmen zuallererst ein Produkt in guter Qualität herstellen möchten und dabei profitabel sein müssen.

 

Eine nüchterne Beurteilung der Nachhaltigkeit von Firmen zeigt deshalb Licht und Schatten. Insgesamt entsteht aber der Eindruck, dass sehr viele Unternehmen sich ernsthaft bemühen, dem Thema Nachhaltigkeit gerecht zu werden, und einzelne Firmen dabei grossartige Leistungen erbringen.

CO2-Reduktion als Herkulesaufgabe

 

Diese Situation kontrastiert jedoch sehr stark mit einer objektiven Beurteilung des Zustandes unseres Planeten. Themen wie Klimawandel, Wasserknappheit, Ressourcenverknappung und Verlust an Biodiversität zeigen eindeutigen Handlungsbedarf auf. Am einfachsten lässt sich diese Aussage anhand des Klimawandels quantifizieren: Wenn der weltweite Temperaturanstieg unter 2°C bleiben soll, müssen wir in den Industrieländern unseren Ausstoss von CO2 bis 2050 um mindestens 85% reduzieren – eine wahre Herkulesaufgabe.

Drei Fehlüberlegungen

 

Gleichzeitig hören wir von den traditionellen Wirtschaftsverbänden, man könne nicht mehr tun, «ohne die Wirtschaft zu gefährden». Eine unbefriedigende Situation – hiesse dies doch das Kalb zu schlachten, um an die Milch der Kuh zu kommen. Diese vertrackte Situation wird im Wesentlichen durch drei Fehlüberlegungen verursacht.

  1. Die Wirtschaft sei der grosse alleinige Verursacher
  2. Firmen könnten zugunsten der Umwelt auf Profit verzichten
  3. Die heutige Wirtschaft sei die einzig mögliche

Keine Schuld-, aber eine Willensfrage

 

Die Aussage,die Wirtschaft sei der grosse alleinige Verursacher und müsse deshalb Massnahmen ergreifen, ist falsch. Mehr als zwei Drittel unseres Energieverbrauchs werden durch Verkehr und Wohnen verursacht – mithin durch die privaten Konsumenten. Den schwarzen Peter den Kunden zuzuschieben und zu sagen, sie würden durch ihre Nachfrage die Produkte bestimmen, ist aber genauso falsch. Ebenso ist die Aussage falsch, die «Zitrone in der Wirtschaft sei ausgepresst und man könne sich deshalb keine ambitionierteren Ziele setzen». Erstens stimmt diese Aussage wie oben dargestellt nicht und zweitens zeigt das Beispiel Energieverbrauch: Es ist die falsche Zitrone. So ist zum Beispiel heute der einzige Bereich mit immer noch steigendem Ausstoss von Klimagasen der Verkehr: Diese Zitrone könnte durchaus mehr ausgepresst werden. Der Wechsel zu effizienteren Fahrzeugen, Elektromobilität, kombinierte Mobilität und virtuelle Mobilität, also der Ersatz von Reisen durch Videokonferenzen, bieten für die Zukunft Reduktionspotentiale von insgesamt mehr als 60% – bei gleichbleibender Mobilität und zum Teil deutlich höherer Lebensqualität.

Der Einfluss der Preispolitik

 

Genauso problematisch ist die Erwartung, Firmen sollten zugunsten der Umwelt auf Profit verzichten. Es ist die Aufgabe einer Firma, die Kosten zu optimieren, um auf dem Markt Produkte günstig anbieten zu können. Es entspricht deshalb der ökonomischen Grundlage, dass Produktionsgüter, die günstig sind, tendenziell eher verschwendet werden, während solche, die teuer sind, sparsam eingesetzt werden. Wenn Arbeit teuer, aber Material günstig ist, entspricht es der ökonomischen Logik, Arbeit durch Material zu ersetzen.

 

Dieser Zusammenhang kann auch beim Klimawandel nachgewiesen werden. Nach wie vor hat CO2, das wichtigste Klimagas, einen Preis, der im Vergleich zu den absehbaren Folgen viel zu niedrig ist. Es auszustossen, kostet deshalb zu wenig. Aus rein ökonomischer Sicht gibt es also keinen genügenden Grund für Firmen, CO2 einzusparen.

 

Etwas überspitzt könnte man sagen, von Firmen zu verlangen, dass sie sich nicht profitorientiert verhalten, ist wie dem Pfarrer das Predigen zu verbieten. Klar gibt es den moralischen Aspekt und Unternehmen sollten dem Auftrag gerecht werden, sich im Rahmen des Möglichen optimal zu verhalten. Es wird aber nicht ausreichen, die anstehenden Herausforderungen alleine über das freiwillige Wohlverhalten der Firmen zu lösen. Es entspricht nicht ihrer Natur und es entspricht nicht ihren Kunden, welche ebenfalls dazu tendieren, ihren Nutzen zu maximieren und möglichst günstig einzukaufen.

Abfall ist im herkömmlichen Wirtschaftssystem nicht vorgesehen

 

Eng damit verbunden ist die dritte Fehlüberlegung. Wenn man ein Unternehmen oder eine Gesellschaft auf der «grünen Wiese» entwickeln würde, käme man nie auf die Idee, sich eine Gesellschaft auszudenken, die ihr langfristiges Überleben aufgrund kurzfristiger Vorteile gefährdet. Man würde wohl versuchen, sich so zu organisieren, dass langfristige Nutzung und Schutz im Gleichgewicht sind.

 

Unser Wirtschaftssystem entstand jedoch nicht auf der grünen Wiese, sondern entwickelte sich aus einer Mangelwirtschaft, in der Ressourcen so knapp waren, dass man sich kaum Gedanken über Abfälle machen musste. Nur was sich gar nicht wieder verwerten liess, wurde weggeworfen – und das war nicht viel. Schäden – falls diese entstanden – waren lokal und es war kaum denkbar, dass der Mensch so stark in die Natur eingreifen könnte, um ein ganzes Ökosystem kollabieren zu lassen. Erst Kohle- und später Erdölfunde ermöglichten eine dramatische Beschleunigung des Materialumsatzes und verursachten die – angenehmen und unangenehmen – Nebenfolgen unserer Wirtschaft.

 

Entscheidend ist aber, dass in diesem Denken aus begreiflichen Gründen «Entsorgung» im weitesten Sinn kaum Kostenfolgen hatte: Man deponierte den Abfall – gleich welcher Art – da, wo es gerade praktisch war. Entsprechend optimierten die Firmen ihre Funktionsweise: Profitabilität geht Hand in Hand mit grossem Ressourcenverschleiss und grossen Mengen an Abfällen jeglicher Art. Das Fazit ist einfach und gleichzeitig ernüchternd. Unser Ressourcenverschleiss ist eine nachvollziehbare Entwicklung. Genau so klar ist, dass es nicht der zwingend einzige Zustand ist. Entscheidend ist die Frage, wie man unser Wirtschaftssystem so anpasst, dass die Nebenfolgen minimiert werden.

 

Heute, da die ehemals unerwarteten Nebenfolgen sichtbar werden, stehen Firmen vor einer schwierigen Herausforderung: Sich komplett ressourceneffizient zu verhalten, würde wohl ihre Profitabilität gefährden; es nicht zu tun, gefährdet aber in mindestens ebenso grossem Mass ihre langfristige Profitabilität.

Es gibt Lösungen…

 

Aus der Sicht von swisscleantech gibt es dazu nur eine Lösung: Firmen, die auch langfristig profitabel operieren wollen, müssen sich heute für neue Regeln einsetzen. Nachhaltiges und ressourceneffizientes Wirtschaften muss profitabel werden.

 

Aus Sicht der Wirtschaft müssen diese neuen Regeln vier Kriterien erfüllen: Die Anpassung muss langfristig angegangen werden, aber die Umsetzung muss schnell beginnen. Sie müssen den Firmen Planungssicherheit vermitteln und sie sollten möglichst unbürokratisch umgesetzt werden können. Ausserdem sollten sie so ausgestaltet werden, dass sie einen fairen Wettbewerb auch auf dem internationalen Parkett ermöglichen. Diese Ziele zu erreichen, ist, zugegeben, nicht einfach. Sie sind aber erreichbar. Voraussetzung ist, dass die Firmen sich in die Diskussion einbringen. Viele grosse international tätige Firmen haben dies mittlerweile erkannt. An einem Vortrag am Imperial College of London betonte Unilevers CEO Paul Polman diesen Frühling, dass die gegenwärtigen Antworten auf den Klimawandel nicht genügen. Sie bedrohten die Wirtschaft. Deshalb müsse die Bewältigung des Klimawandels mit System erfolgen, damit die Weltwirtschaft überhaupt weiter wachsen könne.

…nicht ohne Politik

 

In eine ähnliche Richtung zielt IKEA mit ihrer Strategie «people & planet positive»: Firmen müssen sich über ihren eigenen Einflussbereich hinaus für die Umwelt einsetzen. Deshalb engagieren sich grosse und kleine Unternehmen bei der Klimakampagne (www.klimakampagne. ch) von swisscleantech, welche eine engagierte Klimapolitik der Schweiz fordert. Besonders für KMU ist eine solche Plattform ein machbarer Weg, um die politische Zukunft mitzugestalten.

 

Politisches Engagement muss aber weiter gehen. «Richtige Regeln führen zu nachhaltigeren Lösungen für unsere Kunden», erklärt Wolfgang Schwarzenbacher, CEO von Cofely. Aber es gelte viel politische Kleinarbeit zu leisten. «Dies ist für ein KMU schlicht nicht zu leisten», betont Schwarzenbacher. «Deshalb engagiere ich mich bei swisscleantech, denn dieser Verband vertritt die nachhaltig orientierten Firmen in der Politik.»

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