Permanent im Wandel

Die SAQ-QUALICON AG hat einen guten Ruf in der Schweiz. Aus- und Weiterbildung im Qualitätsbereich sind ihr Markenzeichen. Doch der Markt verlangt ständig Anpassungen und Innovationen. Seit 2007 ist Beat Häfliger ihr Geschäftsführer. Im MQ-Interview zeigt er auf, wo die Herausforderungen liegen.

Permanent im Wandel

 

 

Die SAQ-QUALICON AG ist wirtschaftlich gut aufgestellt. Weshalb?

Beat Häfliger: Ein Punkt ist entscheidend: Wir konnten uns in der Schweizer Bildungslandschaft etablieren. Wir bieten zusammen mit unseren Ausbildungspartnern eidgenössisch anerkannte Abschlüsse an. Das hat uns ganz neues Marktpotenzial erschlossen.

 

Was sind das für Abschlüsse?

Begonnen haben wir 2007 mit Nachdiplomen für Qualitätsmanager auf der Ebene Höhere Fachschule. Seit 2010 umfasst unser Angebot zusätzlich Weiterbildungs- Master (MAS) und Certificate of Advanced Studies (CAS) auf der Ebene Fachhochschule.

 

Das sorgte für den Durchbruch?

Ja, das waren wichtige Meilensteine. Ein weiterer war der Umzug 2011 nach Olten. Hier können wir uns für unsere Kunden als professionelles Weiterbildungsinstitut präsentieren, das ist unsere Stärke.

 

Und die braucht es im Wettbewerb?

Der Weiterbildungsmarkt, der ist brutal. Unsere Hauptkonkurrenten sind in vielen Themenbereichen die Fachhochschulen. Sie sind hochinnovativ, haben Forschungsprojekte, sie wissen immer, was neu kommt. Und vor allem können sie ihre Aktivitäten mit beneidenswert hohen Marketingbudgets auf dem Markt platzieren.

 

Schwer, da mitzuhalten?

Das ist eine Herausforderung. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir uns differenzieren, mit unserer Philosophie und eigenen Themen. Auf der anderen Seite pflegen wir auch die Zusammenarbeit, indem wir als Partner mit den Fachhochschulen Weiterbildungs- Master anbieten.

 

Wie läuft da die Kooperation zwischen einer staatlichen und privaten Organisation?

Das ist die grosse Kunst. Fachhochschulen haben vom Staat gesetzte Regeln, die sie einhalten müssen, und wir möchten möglichst viel von unseren eigenen Erfahrungen und Kompetenzen einbringen. Das ist dann ein Prozess, den wir aushandeln. Es ist kein Zufall, dass wir heute mit Fachhochschulen kooperieren, die eine private Trägerschaft haben.

 

Und gibt es da einen Gewinner?

Master-Studiengänge sind eine Kooperation, wo beide Partner idealerweise zu 50 Prozent ihre Leistungen erbringen. Eidgenössische Abschlüsse kann nur die Hochschule bzw. die Höhere Fachschule erteilen. Wir liefern eigene Pakete, für die wir zuständig sind.

 

Die Teilnehmer pendeln also zwischen Hochschule und Olten?

Sie besuchen Module. Die meisten Module mit eidgenössischen Abschlüssen finden an den Standorten unserer Partner HWZ und SIB in Zürich statt. Heute ist alles modular. Jeder kann in seinem Tempo und seiner Intensität seine Ausbildungsziele erreichen.

 

Das heisst, die Lernformen verändern sich?

Das Bildungswesen ist sehr stark im Wandel. Und zwar in grossem Tempo, getrieben durch die Technologie, die heute ganz andere Möglichkeiten bietet.

 

Wie stellen Sie sich dieser Herausforderung?

Es gibt neue Lernformen, es gibt E-Learning-Ansätze, das kommt auch bei uns. Das heisst, wir müssen technologisch ganz anders aufgestellt sein. Da haben wir viel investiert, vor allem in den letzten drei Jahren. Wir haben neue Tools entwickelt und unser Team mit einem IT-Spezialisten verstärkt.

 

Früher stand im Unterricht vorne der Dozent und hat was erzählt …

Der Präsenzunterricht bleibt immer noch, ist auch wertvoll. Aber der Anteil der Präsenzzeit im Lernprozess nimmt ab. Heute kann man zu jeder Zeit auch daheim lernen. Das heisst, wir müssen den Kunden Lerneinheiten ins Internet stellen, die sie selber abarbeiten können, wo sie lernen können, Tests zur Lernkontrolle machen, wo sie Transferaufgaben lösen, das läuft alles über Plattformen. Dabei arbeiten wir auch mit Videos, zum Beispiel aktuell zur Revision der ISO 9001 2015.

 

Was bringt diese Flexibilität wirtschaftlich?

Die stetige Umsatzsteigerung der letzten Jahre hat auch mit unserem professionellen Auftritt und dem Marketing zu tun. Trotzdem: Wenn der Präsenzunterricht tendenziell abnimmt und man sich gratis jedes Lernmittel im Internet abrufen kann, hat das Auswirkungen auf unser Geschäftsmodell. Wir müssen neue Wege gehen, auch das ist eine Herausforderung.

 

Immerhin: Manche Lehrgänge der SAQ-QUALICON sind schon bis Mitte 2016 ausgebucht …

Ja, aber da steckt viel Arbeit dahinter. Wir müssen schnell auf Zusatzbedarf reagieren. Heute

 

Neue Technologie – neues Lernen

 

agiert der Kunde viel dynamischer. Ein Ausbildungsbedarf besteht, nicht erst nächstes Jahr, sondern subito, und dann geht er ins Internet und schaut: Wo gibts was und wann fängt es an?

 

Das Internet wird für die Kundenwerbung unverzichtbar?

Mehr denn je! Wir praktizieren so etwas wie ein Such-Marketing. Wir wissen, welche Wörter bei der Suche gewählt werden, kennen die Bedürfnisse. Wir müssen über das Internet identifizierbar sein. Und unsere Darstellung muss top sein. Die Ausbildung kann noch so gut sein, wenn sie nicht gefunden wird, bleibt der Erfolg aus.

 

Welchen Vorteil bringt eine Ausbildung bei der SAQQUALICON?

Das Differenzierungsmerkmal in der Weiterbildung ist klar unser Praxisbezug. Wenn unsere Teilnehmer Projektarbeiten oder Transferaufgaben machen, ist das immer, ich betone immer, Umsetzung in die Praxis, eine konkrete Lösung in ihren Unternehmen oder im persönlichen beruflichen Umfeld.

 

Was auch für die Kursentwicklung neue Akzente setzt?

Ja. Ein weiterer Grund dafür, dass wir so gut dastehen, ist die Spezialisierung auf Branchen. Eine Erfolgsgeschichte ist zum Beispiel Medizintechnik, wo wir eng mit dem Medical Cluster und der SAQ-Fachgruppe Medizintechnik zusammenarbeiten und die Lehrgänge gemeinsam entwickelt haben.

 

Eine Ausbildung also mit eindeutigem Fokus …

Medizintechnik ist ein hochreglementierter Bereich, und da ist es existenzbedrohend, wenn die Firmen die Fachleute für die Zulassung von Produkten in neuen Märkten nicht finden. Da herrscht ein enormer Druck.

 

Wie geht man da vor?

Wir haben aus Experten ein Entwicklungsgremium gebildet und analysiert: Was sind die Bedürfnisse, welcher Rucksack wird zukünftig gebraucht? Wir haben Bedarfserhebungen und Online-Befragungen gemacht und einen entsprechenden modularen Lehrgang entwickelt. Der Lehrgang ist ein Erfolg und die Zusammenarbeit  mit den Branchenvertretern ist extrem konstruktiv, ein tolles Erlebnis.

 

Medizintechnik-Themen sind hochspezialisiert …

Ja, deshalb müssen wir die Experten aus den Firmen, aus der Praxis haben. Diese Praktiker sind jetzt bei uns Autoren und Dozenten. Die Zufriedenheit der Teilnehmenden mit Form und Inhalt ist extrem hoch.

 

Sie stellen denen Ihre Infrastruktur zur Verfügung?

Ja, es läuft alles über unser Bildungszentrum und wird vom Produktmanager, der die Szene gut kennt, organisiert und weiterentwickelt.

 

Wollen Sie dieses Erfolgsmodell weiter ausbauen?

Wir sind dabei. Im Fokus ist das Gesundheitswesen das wollen wir auch branchenspezifisch vertiefen. Wir haben heute schon einen Lehrgang, der spezifisch auf die Bedürfnisse in der Branche ausgerichtet ist. Dieses Angebot wollen wir ausbauen. Deshalb arbeitet jetzt eine Ärztin bei uns, die das Thema vorantreiben wird.

 

Das Gesundheitswesen ist ja gigantisch in der Breite …

Wenn wir Lehrgänge machen, erheben wir immer zuerst die Bedürfnisse. In diesem Fall mittels einer Online-Befragung plus zusätzlichen Interviews. Und zwar stufengerecht auf allen Hierarchiestufen bis zu den CEOs der Spitäler und anderer Institutionen im Gesundheitsbereich. Aus diesen Befragungen hat sich ein klares Thema Nr. 1 ergeben: Effizienz und Kostenoptimierung. Da herrscht ein Riesendruck. Und die Organisationen haben das Problem, dass sie zu wenige Fachleute mit dem relevanten Fach- und Methodenwissen dafür haben.

 

Der Druck wird von politischer Seite aufgebaut …

Ja, aber es gibt auch immer mehr technologische Möglichkeiten. Zum Beispiel verändern sich allein durch die Einführung elektronischer Patientenakten viele Prozesse, aber auch Rollen, Tätigkeiten, Berufswahrnehmungen. Das muss alles umgesetzt werden. Was zudem spannend ist und was wir beobachten, ist die Renaissance von Kaizen und Lean Management. Da geht jetzt wieder voll die Post ab.

 

Gibt es so etwas wie einen Klassiker im Weiterbildungsangebot?

Das ist wahrscheinlich immer noch der Qualitäts- und Prozessmanager. Aber, und das ist ein wichtiger Punkt, das Berufsprofil verändert sich. Früher haben wir Spezialisten für Qualitätssysteme ausgebildet, das war der Standard. Heute bilden wir Qualitätsund Prozessmanager als Generalisten aus. Der zukünftige Qualitäts- und Prozessmanager hat eigentlich nur eine Existenzberechtigung, nämlich die, dass die Ergebnisse der Organisation besser werden. Das ist eine völlig andere Herausforderung.

 

Das heisst, die Fähigkeit zur Umsetzung wird entscheidend?

Früher haben die Leute in solchen Ausbildungen Normen, Methoden und Regulatorien gelernt, ISO 9001 etc., tagelang, das machen wir heute eher nebenbei. Was sie heute zusätzlich wissen müssen, ist: Wie gehe ich mit Menschen um, mit Machtkonstellationen, mit Vorgesetzten, wie finde ich die richtige Methode zur Prozessverbesserung im richtigen Kontext, wie kann ich mich strategisch positionieren? Kurz: Wie finde ich meine Rolle im Qualitätsmanagement!

 

Wie würden Sie diese Rolle definieren?

Ich sage das immer so: Der Qualitätsmanager wird immer mehr – und da rede ich primär von KMUs – zum Unternehmensentwickler. Heute sehen wir Qualitätsmanager, die Karriere machen und weit hoch kommen. Weil sie nicht nur eine enge Fachverantwortung haben, sondern auch die Kompetenzen, um sich in verschiedenen Funktionen durchzusetzen.

 

Verwischt sich damit nicht das Berufsprofil?

Qualitätsmanager haben heute viel anspruchsvollere Aufgaben als früher. Das macht es auch für uns spannend. Wir sind uns sicher, es braucht sie immer, diese Fachleute, der Bedarf wird immer da sein, in jeder Firma, in jeder Organisation, die sich über Qualität differenziert, aber ein Qualitätsmanager braucht heute breite Kompetenzen.

 

Frage: Ist Business Excellence noch ein Thema?

Schwierig zu sagen, ich persönlich finde das Modell ausgezeichnet, vor allem für die Unternehmensentwicklung. Gerade im Gesundheitswesen ist die Anwendung des Ansatzes relativ weit verbreitet. In unseren Beratungen greifen wir immer darauf zurück, gerade bei der Führungsausbildung. Viele Akteure haben das Modell einfach falsch eingesetzt. Quasi als Qualitätsmanagementsystem. Aber das ist es nicht. Es ist mehr eine Denkweise, es hilft die relevanten Fragen zu stellen und mittels Best- Practice-Ansätzen die eigene Organisation weiterzubringen

 

Was spielt im Beratungsbusiness noch eine Rolle?

In Unternehmen ist Six Sigma heute viel bedeutender als EFQM. Extern wie inhouse machen wir heute viel mehr Six-Sigma-Ausbildungen. Kaizen ist auch wieder ein Thema. Der Trend zu mehr Regulatorien schlägt sich auch in unserer Beratungstätigkeit nieder. Im Fokus stehen hier neben Medizintechnik und Gesundheitswesen auch die Themen Security und Safety.

 

Beratung bleibt eine Kerntätigkeit?

Sie ist Teil unseres Geschäftsmodells, umsatzmässig macht das etwa ein Viertel aus. Hauptbusiness ist die Bildung. Unsere Vision ist klar: Wir sind das führende Kompetenzzentrum für Qualität. Wir befähigen und unterstützen Personen und Unternehmen. Als Beratungsunternehmen kann man uns ersetzen, es gibt genug andere. Aber als Ausbildungsorganisation sind wir einzigartig. Für Qualitätssicherung zum Beispiel, die immer noch sehr wichtig ist, gibt es kaum Alternativen in der deutschsprachigen Schweiz.

 

Spürt SAQ-QUALICON die Wirtschaftsentwicklung?

Ja natürlich. Es ist immer das gleiche Spiel. Wenn Kosten gespart werden, trifft das zuerst das Ausbildungsbudget. Weil man da noch nichts getan hat, was kurzfristig wehtun könnte. Der Effekt ist schon da: Industriekunden schicken weniger Leute in die Ausbildung. Aber das kompensieren wir mit neuen Zielgruppen und innovativen Angeboten im Dienstleistungsbereich.

 

Ohne neue Angebote ginge es nicht ständig aufwärts?

Jedes Produkt der SAQ-QUALICON hat einen Lebenszyklus. Neben unseren Klassikern gibt es häufig einen Hype und der verschwindet auch wieder. Deshalb müssen wir dauernd neue Bedürfnisse frühzeitig erkennen. Zurzeit läuft es extrem gut, wir sind super aufgestellt und haben sehr gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein extrem professionelles Team. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich.

 

Qualität verleiht immer noch Flügel?

Ja. Wer Qualität liefert, hat im Markt klare Vorteile. Die Frauen und Männer, die heute im Qualitätsthema tätig sind, die haben ein Label in der Berufsbezeichnung, das zeitlos ist. Und: Qualitätsfachleute werden auch zukünftig immer gefragt sein. Beat Häfliger, vielen Dank für das Gespräch.

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