Ressourcenallokation zwischen Strategie und operativem Management

Projektportfoliomanager haben zwei anspruchsvolle Aufgaben: Erstens müssen sie beurteilen, welche potenziellen Projekte zur Gesamtstrategie des Unternehmens passen. Zweitens müssen sie allen begonnenen und geplanten Projekten Prioritäten zuweisen, die dem jeweils erwarteten Nutzen für das Unternehmen entsprechen. Die ermittelte Priorisierung ist wiederum der Ausgangspunkt für das operative Projektmanagement.

Ressourcenallokation zwischen Strategie und operativem Management

 

 

Eine zentrale Rolle im operativen Projektmanagement spielt die richtige Ressourcenallokation: Ob die richtigen Ressourcen an der richtigen Stelle eingesetzt werden, entscheidet in den meisten Fällen über den Erfolg eines Projekts. Die optimale Rangfolge lässt sich nur dann operativ umsetzen, wenn die Ressourcen auch tatsächlich gemäss den Projektprioritäten zugeteilt werden und die in der Planung identifizierten Engpässe bereits behoben wurden. So selbstverständlich das in der Theorie klingen mag, so schwierig ist es oft in der Praxis. Projektmanager machen nämlich gerne den Fehler, die Ressourcenplanung nur am Rande zu betrachten und sich stattdessen mit wesentlich grösserer Energie in die Terminplanung zu stürzen. Im laufenden Tagesgeschäft verführt der Termindruck schnell dazu, die verfügbare Kapazität entgegen der ursprünglichen Ressourcenplanung auf Projekte umzuverteilen, bei denen der Liefertermin näher rückt – egal ob sie strategisch wichtig sind oder nicht. Das ist umso häufiger der Fall, wenn kurzfristig Ressourcen fehlen; vorhersehbare Abwesenheitszeiten lassen sich frühzeitig in die Planung mit einbeziehen, nicht so unvorhersehbare Ausfälle durch Unfall und Krankheit.

Wie Projektrisiken Ressourcen beeinflussen

 

Neben dem Personal zählen zu den Ressourcen auch Ausrüstung, Dienstleistungen, Lieferungen, Güter, Material, Budgets und Finanzmittel. Die einzelnen Ressourcen miteinander in Einklang zu bringen, ist schon für sich genommen eine komplexe Aufgabe. Darüber hinaus muss eine realistische Projekt- und Ressourcenplanung immer auch die Projektrisiken berücksichtigen. Sobald ein Risikofall eintritt, wirkt sich das unmittelbar auf die Ressourcen in einem Projekt aus: Wenn Kosten steigen und Bearbeitungszeiten sich verlängern, kann es im äussersten Fall zum Abbruch des Projekts kommen. Solche Risiken lassen sich zwar nicht eliminieren, aber es ist möglich, sich auf sie vorzubereiten. Werden sie bereits im Vorfeld hinsichtlich Wahrscheinlichkeit, Auswirkungen und möglicher Gegenmassnahmen bewertet, lässt sich auf der einen Seite schneller und effizienter reagieren, wenn der Fall eintritt. Auf der anderen Seite reduziert eine proaktive Ressourcenplanung von vornherein die Wahrscheinlichkeit eines Risikofalls. Kommt es doch dazu, ist schnelles Reagieren angesagt, durch Umpriorisierung, Fehlerbehebung und Umsetzung der Gegenmassnahmen. Der Trend in den Project Management Offices (PMO) geht zu immer enger kalkulierten Projekten und eng geplanten Ressourcen. Eine belastbare Ressourcenplanung wird daher in Zukunft noch wichtiger sein als bisher. Der Einsatz unterschiedlicher Methoden (z.B. Critical Chain) kann in der Umsetzung zusätzlichen Nutzen schaffen.

Linie versus Projekte – wer setzt sich durch?

 

Die richtige Allokation der Ressourcen ist jedoch nicht nur zwischen den einzelnen Projekten eine Herausforderung, sondern vor allem auch zwischen Projektund Liniengeschäft. In den meisten Unternehmen liegt es im Verantwortungsbereich der Abteilungsleiter, welchen Aufgaben die Mitarbeiter wie viel Zeit widmen. Ein Abteilungsleiter ist jedoch zunächst einmal daran interessiert, die Aufgaben und Ziele seiner Abteilung zu erfüllen. Erst wenn alle Aufgaben in der Abteilung bewältigt werden können, werden noch freie Kapazitäten an die Projekte gemeldet. Dies steht im direkten Widerspruch zu der Anforderung des Portfoliomanagements, Projekte mit hoher Priorität vorrangig mit Ressourcen zu versorgen. Zusätzlich zu diesem Interessenskonflikt zwischen Linien- und Projektorganisation ergeben sich jeweils entgegengesetzte Strategien aus der Bottom-up- und der Topdown- Perspektive auf ein Unternehmen: Während aus Topdown- Sicht die Devise lautet, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen den grösstmöglichen Nutzen zu erzielen (z.B. Umsatz oder Ertrag, das fertige Produkt zu einer wichtigen Messe), geht es bottom-up betrachtet darum, innerhalb eines Projekts das vor-gegebene Ziel mit dem kleinstmöglichen Aufwand an Ressourcen zu erreichen – einer Maximierungsstrategie steht eine Minimierungsstrategie gegenüber. Im Rahmen der Maximierungsstrategie schiesst das Management, das auf eine optimale Auslastung der Ressource-Personals bedacht ist, nicht selten über das Ziel hinaus: Um Leerlaufzeiten um jeden Preis zu vermeiden, werden Projekte gestartet, für die letztendlich doch nicht genügend Zeit zur Verfügung steht – zum Beispiel, weil andere Aufgaben mehr Zeit beanspruchen als geplant oder weil Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfallen. Anstatt einer optimalen Auslastung entstehen auf diese Weise Engpässe, unter denen der Fortschritt aller beteiligten Projekte und Aufgaben leidet. Solch einen Konkurrenzkampf um knappe Ressourcen erkennt das Management oft erst in einem späten Stadium. Eine Lösung des Konflikts kommt selten ohne drastische Schritte und strategische Entscheidungen aus, von den Beeinträchtigungen der Projekte und den Einbussen von Nutzen ganz zu schweigen.

Primat der zentralen Ressourcenplanung – Erfolgsmodell PMO

 

Damit sowohl die einzelnen Projekte erfolgreich abgeschlossen werden, als auch das gesamte Projektportfolio zur Verwirklichung der Unternehmensstrategie beitragen kann, müssen die richtigen Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Projekt eingesetzt werden. Es ist grundsätzlich sinnvoll, diese Aufgabe an eine zentrale Stelle zu delegieren: Ein eigenes PMO oder eine entsprechende Stelle im Portfoliomanagement hat den Überblick über alle Projektprioritäten und Kapazitäten. Kurzfristige Änderungen in der Projektplanung werden direkt mit den jeweiligen Projektleitern abgestimmt, wobei die zentrale Stelle stets darauf achtet, dass die Umplanung der Ressourcen mit der Projektpriorisierung in Einklang steht. In kleineren Unternehmen sind die Projektleiter selbst für die Ressourcenallokation verantwortlich. Konkurrieren mehrere Projekte um knappe Ressourcen, besteht eine beliebte Methode in Projektmeetings, in denen nach dem Prinzip eines Marktplatzes darüber verhandelt wird, wo die Ressourcen am besten eingesetzt werden sollten. Hier ist wiederum die Gefahr gross, dass diejenigen Projekte mit dem höchsten Termindruck bevorzugt werden. Ein solches Vorgehen kann daher nur eine Lösung sein, um mit kurzfristigen Ausfällen umzugehen.

Anforderungen des Ressourcenmanagements an eine PPM-Software

 

Für die reguläre Ressourcenplanung ist es zunächst essentiell, historische Daten zur Verfügung zu haben: Wie viel Zeit wurde in der Vergangenheit für Projektund Linienaufgaben investiert? Nur auf der Basis dieser Informationen ist es möglich, zu beurteilen, welche Kapazitäten für zukünftige Projekte realistischerweise zur Verfügung stehen. Eine aussagekräftige Datenbasis liefert eine Projekt-und-Portfoliomanagement- Software: Der Ressourcenmanager kann damit Attribute wie Kapazitäten, Kosten, Qualifikationen, Verfügbarkeit usw. erfassen und verwalten. Wichtig für das PMO sind auch Auswertungen, um die Stellen- und Qualifikationsprofile der Abteilungen zu analysieren; erst so wird eine langfristige Personalplanung möglich. Bei der Ressourcenplanung für ein einzelnes Projekt steht der Ressourcenmanager in engem Dialog mit dem Projektmanager. Um die Ressourcen optimal zu verteilen, orientieren sie sich an Prognosen, die die Software anhand von qualifizierten Spezifikationen und Anforderungen errechnet. Folgende Funktionen einer Software sind für die Ressourcenallokation relevant:

 

  • zentrale Verwaltung von Ressourcen innerhalb der Organisationsstruktur,
  • Reorganisation künftiger Organisationsstrukturen per Stichtag,
  • Ressourcenanfragen mittels Stellen-, Qualifikations- und Organisationsprofilen (generische Ressourcen),
  • zeitlich variable Verfügbarkeitsund Kostenprofile,
  • automatischer Vorschlag verfügbarer Ressourcen für generisch eingeplante Stellen, Qualifikationen oder Organisationen,
  • Anzeige der Ressourcenverfügbarkeit in Echtzeit unter Berücksichtigung von Abwesenheiten,
  • kurz-, mittel- und langfristiger Ressourcenbedarf,
  • Ressourcenkontrakte zwischen Projekt- und Ressourcenmanagern,
  • genehmigtes Einsatzvolumen pro Projekt,
  • Kapazitätsabgleich auf Basis von vereinbarten Verfügbarkeiten.

 

Wenn einem Unternehmen die Gratwanderung im Spannungsfeld von strategischem und operativem Management gelingt, ist das ein Qualitätsmerkmal einer professionell geführten Organisation. Der Reifegrad eines Unternehmens hängt wesentlich von klaren, explizit beschriebenen und entsprechend gelebten Prozessen ab. Nur auf dieser Grundlage ist es auf lange Sicht möglich, qualitativ hochwertige Produkte termingerecht zu liefern. Vergangene Erfahrungen in künftige Aufgabenstellungen umzuwandeln und so den Wirkungsgrad der Organisation zu optimieren, ist dann die Königsdisziplin.

 

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