Neue Technologien treiben die Entwicklung voran

Noch immer führt in der industriellen Qualitätssicherung kaum ein Weg um das Messen herum. Ob im Labor oder direkt auf der Maschine während der Produktion: Berührungslose Messsysteme sind vielerorts Standard. Auch wenn vielerorts das Rad erfunden zu sein scheint: Neue Technologien sind dabei, in weitere Anwendungsfelder vorzustossen.

Neue Technologien treiben die Entwicklung voran

 

 

 

Eine dieser relativ neuen Technologien ist die Terahertz (THz)-Technik. Schon länger etabliert ist diese Technik etwa bei den Personenkontrollen an Flughäfen. Mit Terahertz-Systemen wird dort nach versteckten Waffen oder Sprengstoffen gesucht. Auch in der Industrie wird diese Technologie immer häufiger als Alternative zum Ultraschall oder zur Thermografie angewandt. Terahertz-Wellen – ihre Wellenlänge von 0.1 THz (100 GHz) bis 10 THz liegt zwischen jener von Mikrowellen- und Infrarotstrahlung – können Schäume, Kunststoffe, aber auch Keramiken und weitere nichtleitende Materialien durchdringen. Sie eignen sich deshalb zur Untersuchung von Ober- und Grenzflächen. Dabei ignorieren sie Hohlräume und erlauben Messungen in Echtzeit von Schichtdicken bis 500 mm. Gegenüber der Röntgentechnologie etwa haben Terahertz-Wellen den Vorteil, dass sie biologisches Material nicht schädigen. Nicht geeignet ist die THz-Technik für alle leitenden Materialien, also für Metalle. Auch Strukturen von weniger als 0.1 mm Grösse setzen dieser Technik Grenzen. Und auch Wasser ist für Terahertz-Wellen undurchdringbar. Erzeugt werden Terahertz-Wellen entweder durch Laser oder vollelektronisch.

Mit Terahertz-Wellen Qualitätsmängel sichtbar machen

 

Anlässlich der 10. Sonderschau Berührungslose Messtechnik während der Control 2014, veranstaltet durch die Fraunhofer-Allianz Vision, zeigte etwa die Recendt GmbH aus Linz (Österreich) ein fasergekoppeltes Messsystem. Damit können sowohl Spektroskopie- wie auch Gesamtschichtdicken-Messungen durchgeführt werden. Da Messkopf und Messsystem über mehrere Meter räumlich voneinander getrennt werden können, eröffnen sich dadurch neue Möglichkeiten in Sachen Agilität. Ebenfalls auf die Karte Mobilität setzt die Becker Photonik GmbH aus Porta Westfalica (Deutschland). Mit dem System SynViewCompact präsentierte das Unternehmen auf der Sonderschau einen mobilen 3-D-Terahertz- Scanner. Die Wellen werden vollelektronisch erzeugt und nicht durch die vergleichsweise aufwändige Methode mittels Laser. Mit dem Gerät lassen sich Kunststoffe und Keramik zerstörungsfrei prüfen, die Eindringtiefe beträgt – abhängig von Frequenz und Material – bis zu 100 mm. Als konkrete Anwendungsbeispiele zu nennen sind etwa die Untersuchung von Kunststoff- Schweissungen oder -Klebungen.

Prüfung ausfallkritischer Bauteile

 

Fehlstellen in Bauteilen können fatale Folgen haben. Immer wieder kommt es zu Unglücken, deren Ursachen in fehlerhaftem Material zu finden sind. Auch Materialermüdung kann schwere, mitunter katastrophale Auswirkungen haben. Ein Beispiel dafür ist etwa das Zugunglück im deutschen Eschede vom 3. Juni 1998, als ein ICE aufgrund eines gebrochenen Radreifens bei 200 km/h entgleiste und 101 Passagiere in den Tod riss. Die Prüfung sogenannt ausfallkritischer Bauteile hilft, solche Katastrophen zu vermeiden. Zum Einsatz dabei kommt etwa das Resonanzprüfverfahren. Dabei wird der Körperschall, also der Schall, der sich in einem Festkörper ausbreitet, erfasst und die Schwingungsresonanzen analysiert. Die gemessenen Ergebnisse können dann mit Referenzwerten verglichen werden. Solche Prüfungen werden auch schon während des Produktionsprozesses durchgeführt. Prozessvariationen können nun aber zu einer Verschiebung von Resonanzmustern führen. Deshalb müssen diese Variationen kompensiert werden, damit zuverlässig zwischen Pseudofehlern und echten Defekten unterschieden werden kann. Genau dies leistet etwa das Quasar PCRT (Process Compensated Resonance Testing) von Quasar Europe. Dieses Gerät verknüpft die Resonanz- Ultraschallspektroskopie (erlaubt Aussagen zur Elastizität eines Körpers) mit der patentierten Vibration Pattern Recognition VIPR (Vibrationsmuster- Erkennung; erlaubt Aussagen über Defekte, die zu funktionalen Beeinträchtigungen führen). Ein zentrales Element ist nach Angaben des Herstellers das Sortiermodul. Dieses enthält eine Definition von Resonanzmustern der IO-Prüflinge. Die gemessenen Muster werden mit diesen abgeglichen, damit für die späteren Produktionsschritte eine Sortierung in IO- und NIO-Teile erfolgen kann.

Optimierungsbedarf bei Automobil-Zulieferern?

 

Eine zunehmende Nachfrage nach diesem Prüfverfahren erfolgt aus der Automobil-Industrie. «Die wichtigsten Tier-1- oder Komponentenlieferanten in der Automobilindustrie sind Quasar-Anwender », berichtet Dipl.-Ing. Thomas Köhler, Geschäftsführer der Hesselmann & Köhler Prozessautomation GmbH aus Limburg, welche Quasar PCRT vertreibt. Ein Grund dafür ist die Standardisierung nach ASTM E2534-10. Ein weiterer, wohl wichtigerer Grund, ist in den jüngsten Rückrufwellen zu suchen, welche die Automobilbranche erschütterten. Damit steige der Druck, interne Prüfstände mit technologisch ausgereifteren Verfahren zu bestücken, so die Einschätzung bei Hesselmann & Köhler. Studienergebnisse des Center of Automotive Management (CAM) würden zudem diesen Trend bestätigen, heisst es weiter. In vielen Qualitätssicherungsprozessen der Automotive-Zulieferer bestehe Handlungsbedarf für Optimierungen.

Berührungsloses Messen von Schichtdicken

 

Viele Produkte werden heute nassoder pulverlackiert. Eine homogene und gleichmässige Schichtdicke ist dabei eine Qualitätsmerkmal. Zur berührungslosen Messung von Schichtdicken hat die Winterthur Instruments AG den CoatMaster entwickelt. Dieses Gerät misst die Schichtdicke von nassen, klebrigen, pulverförmigen und festen Beschichtungen mit einer Dicke von 1 μm bis 1 mm berührungslos und zerstörungsfrei unmittelbar nach dem Auftragen. Unabhängig von der Farbe der Beschichtung oder der Form und des Materials des Untergrunds liefert das Gerät genaue Prüfergebnisse. Dabei arbeitet es nach dem Prinzip der thermischen Schichtprüfung. Bei der thermischen Schichtprüfung wird die zu untersuchende Beschichtung kurzzeitig durch eine Belichtung erwärmt, während Infrarotsensoren den resultierenden Verlauf der Oberflächentemperatur aufzeichnen. Die Temperatur klingt mit einer charakteristischen Dynamik ab, die von den thermischen Eigenschaften der Beschichtung abhängt. So können Beschichtungsparameter wie die Schichtdicke, aber auch die Porosität, der thermische Schichtwiderstand, die thermische Leitfähigkeit und die thermische Diffusivität schnell und reproduzierbar ermittelt werden. Die neue Version des Geräts visualisiert den Messbereich mittels LED-Technologie und bietet jetzt auch eine Einzelpunktmarkierung mit einem Durchmesser zwischen 1 und 50 mm. Bestimmt werden können Schichtdicken aus einem Abstand von 5 bis 25 cm. Das Gerät kann aber auch inline für die vollautomatisierte Steuerung von Beschichtungsanlagen eingesetzt werden. Die Firma J. Wagner GmbH aus Markdorf am Bodensee etwa hat den CoatMaster in eine Pulverbeschichtungsanlage integriert und misst inline die Schichtdicke direkt nach dem Lackauftrag.

Information und Weiterbildung

 

Die genannten Beispiele bilden nur einen kleinen Ausschnitt aus der vielfältigen Anwendung von zerstörungsfreier Prüfung mit Bildverarbeitung. Die Technologien entwickeln sich laufend weiter und eröffnen immer neue Anwendungsfelder. Dies hat die Control 2014 gezeigt, auch für die Control 2015 ist wieder eine Sonderschau «Berührungslose Messtechnik» vorgesehen unter der Führung der Fraunhofer- Allianz Vision. Für neue potenzielle Anwender ist es nicht immer leicht zu entscheiden, ob eine der neuen Techniken für eine eigene Applikation verwendbar ist. Kommt hinzu, dass es sich bei den meisten Bildverarbeitungssystemen um keine Produkte «ab Stange» handelt, sondern um anwendungsspezifisch entwickelte Geräte. Es dürfte sich also lohnen, sich laufend zu informieren, was die Anbieter an Neuheiten präsentieren.

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