Mit Leitfaden für umweltgerechtes Handeln im Betrieb
Vor gut sieben Jahren liessen sich die KHR von der SQS nach ISO 14001 zertifizieren. Kürzlich hat das Unternehmen seine Philosophie zu umweltgerechter Tätigkeit in einen Praxis-Leitfaden gefasst – einfach, verständlich und handhabbar: Das KHRUmweltmanagementsystem auf bloss 20 A5- Seiten. Betriebsleiter Markus Clavadetscher beleuchtet die Eckpunkte des Systems.
Markus Clavadetscher, als Wasserkraftwerk sind die Kraftwerke Hinterrhein «ökologisch» zertifiziert. Was heisst das genau?
Ja, die KHR sind seit dem Jahr 2007 SQS-zertifiziert nach ISO 14001. Der Nachweis dieses Zertifikats ist eine Voraussetzung, um den produzierten elektrischen Strom unter dem Label «naturemade basic» oder mit dem Zertifikat «100 % Wasserkraft – 100 % Erneuerbare Energien» vertreiben zu können. Der Wert der Wasserkraft als erneuerbare Energie wird damit besonders hervorgehoben. Wir wollen unser Umweltmanagementsytem » überzeugend und glaubwürdig betreiben. Das ist uns sehr wichtig, denn wir wollen nichts anderes, als umweltgerechte, wertvolle Energie produzieren. Dieses Bestreben ist schwarz auf weiss im Leitbild unseres Wasserkraftwerks verankert.
Was mussten Sie unternehmen, um das Zertifikat ISO 14001 zu erlangen?
Wasser, ein natürliches Element, ist unser Rohstoff, unsere Energiequelle. Bei der Energieproduktion ist jedoch der Einsatz umweltgefährdender Stoffe nicht ganz zu vermeiden. Gegenüber früher, als die Leitschaufellager noch mit der Fettpresse geschmiert werden mussten, sind aber materialtechnisch erhebliche Fortschritte erzielt worden. Die Fettpresse hat längst ausgedient. Dennoch: In den elektrischen Schaltanlagen zum Beispiel ist der Einsatz von SF6- Gas unvermeidlich. Das ist aus technischen Gründen so erforderlich. Also brauchten wir ein Konzept, wie man mit diesen und andern umweltbelastenden Stoffen umgehen will und was man macht, wenn ein gefährdendes Ereignis eintritt. Damit war die Basis für unser umfassendes Umweltmanagementsystem gelegt. Unsere Aufgabe war es, alles zu systematisieren und zu dokumentieren, was bereits KHRPraxis war. Durch die Zuordnung dieser Elemente in Prozesse resultierte in der Folge ein schlüssiges Ganzes – das Umweltmanagementsystem der KHR. Dazu gehört auch die Formulierung unserer Einstellung zu Umweltfragen im Kapitel «Umweltpolitik». Diese ist Bestandteil des publizierten KHR-Leitbildes. Wir legen grossen Wert darauf, dass man die Grundhaltung dieses Dokuments auch ausserhalb unseres Unternehmens kennt.
Welche Risiken werden bei Ihnen mit einkalkuliert?
Wir arbeiten sowohl mit Wasser, als auch nahe am Wasser. Naturgemäss sind da kleinere und grössere Gefahren zu bedenken. Im Rahmen unseres Umweltkonzepts haben wir deshalb eine umfassende Gefährdungsanalyse gemacht und, gestützt darauf, eine Matrix mit allen relevanten Risiken erstellt. An-schliessend wurden alle identifizierten Risiken bewertet und Massnahmen definiert, was im Falle ihres Eintretens zu tun ist.
Ich nenne drei Risikofaktoren aus der Praxis des Alltags: Bei wasserführenden Maschinenteilen besteht die latente Gefahr der Ölverschmutzung. Unsere Teams sind sensibilisiert dafür und können entsprechend reagieren. Das KHR verfügt über die notwendigen Einrichtungen, um solche Fälle entdecken zu können, etwa mit Detektoren in den Sickerwasserabflüssen.
Zweitens: Ein weiteres Risiko stellt der Umgang mit Korrosionsschutzfarben dar – bei der Anlieferung, bei der internen Verschiebung an den Ort des Gebrauchs oder beim Auftragen der Farben. Auch in solchen Risikofällen wissen wir genau, was zu unternehmen ist.
Ein dritter Punkt ist die Restwassersanierung. Im Flussabschnitt unterhalb von Wasserfassungen und Staumauern muss gemäss der schweizerischen Gewässerschutzgesetzgebung eine Restwassermenge aufrechterhalten werden. Auch im Kanton Graubünden stand dieser Aspekt immer wieder in der Diskussion. KHR-Direktor Guido Conrad hat die Sache proaktiv erkannt, einen runden Tisch mit allen Umweltorganisationen und allen Ämtern einberufen und eine Lösung erarbeitet, die jetzt zeitgerecht vom Kanton verfügt worden ist. Die Lösung ist inzwischen umgesetzt.
Jetzt stehen die KHR mitten in der grossen, geplanten Anlagenrevision. Worum geht es da?
Die technischen Komponenten der KHR haben eine unterschiedliche Lebensdauer. Elektronik und Leittechnikmaterial halten etwa 15 Jahre, elektromechanische Einrichtungen (Transformatoren, Generatoren, Turbinen usw.) etwa 40 Jahre, und die baulichen Anlagen sind auf die Konzessionsdauer von 80 Jahren ausgelegt. Nach rund 50 Jahren erfolgte im Jahr 2009 der eigentliche Projektstart zur Gesamterneuerung der Anlagen. Bei dieser Gelegenheit wurde ein Schadstoff- Screening durchgeführt, um die bestehenden Altlasten zu bereinigen und die neuen Anlageteile umweltgerecht zu erstellen. Diese Investition wird im Jahr 2017 abgeschlossen sein. Danach werden die KHR wieder zum Normalbetrieb übergehen können. Die Optimierung des Kraftwerkeinsatzes und die Maximierung der Energieproduktion sind und bleiben unsere Kernaufgaben.
Welche Rolle kommt den Mitarbeitenden bei der Umsetzung zu?
Im Betriebsalltag die Entscheidende! Alle Mitarbeitenden sind stufengerecht einbezogen. Wir gehen dabei sehr praxisnah vor. Das war und ist auch bei der laufenden Grossrevision so. Für jede Tätigkeit haben wir Spezialisten in Umweltfragen beigezogen. Zusammen erkannten wir, welche problematischen Stoffe wo im Spiel sind und wie man damit umgeht.
Das Umweltdenken von uns KHRMitarbeitenden ist solide verankert, reicht bis ins Private hinein. Wir sind eben Teil der KHR, sozusagen rund um die Uhr. Das spürt man auch, wenn irgendwo einmal eine Störung zu beheben ist. Da sind unsere Leute prompt zur Stelle, wenn sie gebraucht werden.
Welche weiteren Erfahrungen konnten Sie mit einem Auditing sammeln?
Besonders in dieser anspruchsvollen Phase mit dem parallel laufenden Grossprojekt ist es wertvoll, im Auditor einen Ansprechpartner zu haben, der begreift, wie unser Geschäft abläuft und mit welchen Risiken wir konfrontiert sind. Es kommt uns entgegen, dass der Auditor technisch vom Fach – der SQS-Auditor ist Maschineningenieur – und zugleich Praktiker ist. Er macht das Audit mit uns in Form einer gezielten Begehung der Anlagen. Wir besprechen dabei alle neuralgischen Schnittstellen und erkennen, wo notwendig, Handlungsbedarf. Unsere kleine Broschüre «Das Umweltmanagementsystem der KHR» ist auf diese Weise entstanden. Sie ist ein Vorzeige- Beispiel für diese gelungene Form der Zusammenarbeit. Wir realisierten die Praxisanleitung auf Anregung des SQS-Auditors.