Wissen ist mehr wert, wenn man es teilt
Der Erfolg eines Projekts hängt von vielen Faktoren ab: Unterstützung durch das Top-Management, entsprechende Organisationsstrukturen sowie qualifizierte Mitarbeiter. Zudem spielt Wissen eine wichtige Rolle im Projektmanagement. Das Problem: Oftmals sind sich Projektmanager gar nicht bewusst, was sie und ihre Mitarbeiter wissen oder eben auch nicht wissen.
Ein professionelles Wissensmanagement kombiniert nicht nur vorhandenes Wissen mit neuen Erkenntnissen, sondern macht auch alles für zukünftige Projekte verfügbar – und trägt so dazu bei, das Projektmanagement effektiver zu gestalten.
Welches Wissen steckt im Projekt?
Wissen ist an vielen Stellen eines jeden Unternehmens vorhanden: Es gibt wiederkehrende Abläufe, die sich bewährt haben oder grundsätzlich erforderlich sind, sowie Methodenkenntnisse darüber, welche Herangehensweise sich für bestimmte Projekte am besten eignet. Zum Beispiel erfordert das Critical-Chain-Projektmanagement, das vom Projektende aus strukturiert wird, ein ganz anderes Vorgehen als eine agile Produktentwicklung, wo es um eine regelmässige Reflexion von Teilergebnissen geht. Hinzu kommt das Wissen rund um ein Projekt selbst: Wo sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens? Was kann das Produkt – was kann es nicht? Wie sieht die Marktsituation aus? Solches Wissen entsteht während eines Projektes und wird im Zuge dessen auch stetig erweitert.
Wichtig ist aber auch zu wissen, wie etwas funktioniert: Wie wird die Maschine bedient? Wie nutzt man dieses Softwareprogramm? Dieses sogenannte prozedurale Expertenwissen zu Handlungsabläufen bedarf jedoch dem klassischen, deklarativen Wissen über Sachverhalte als Voraussetzung: Was ist ein Login? Welche Eigenschaften hat das Produkt? Faktenwissen bietet zwar eine gute Grundlage – doch besonders im Projektalltag stellt das Ausprobieren und Durchführen eine viel grössere Erkenntnisquelle dar. Dabei entsteht Erfahrungswissen, das sich auf Erlebtes und Wahrgenommenes bezieht und eine Interpretation dessen oder Schlussfolgerungen daraus enthält. Prozedurales und Erfahrungswissen im Unternehmen für die Zukunft nutzbar zu machen, ist eine der grössten Herausforderungen, die das Wissensmanagement bewältigen muss – und kann.
Standardisierte und lernfähige Projektprozesse schaffen
Um Wissensmanagement erfolgreich in das Projektmanagement zu integrieren, sind standardisierte Prozesse erforderlich. Nur so ist eine projektübergreifende Dokumentation durchführbar und eine Vergleichbarkeit gegeben. Bei der Projektdokumentation geht es darum, eine Basis für die Wissensweitergabe zu schaffen und die Projekte dahingehend zu klassifizieren, welches Wissen daraus bewahrt werden soll. Unter dem Begriff «lessons learned» kann am Ende eines jeden Projekts festgestellt werden, was gut funktioniert hat und was hätte besser laufen können. Wichtig ist, dass diese Punkte strukturiert aufgearbeitet werden, sodass sie zum Beispiel in einer Datenbank von Mitarbeitern wieder aufgerufen werden können. Ausserdem sollte das Projektmanagement Kennzahlen definieren und anhand dieser festhalten, was hinsichtlich des Wissensmanagements zu verbessern ist. Projekte sind zwar an sich zeitlich begrenzte Vorhaben, die Prozesse sollten aber über das Projektende hinaus lernfähig bleiben.
Wissen erkennen und dokumentieren
Bei Produkten lässt sich Wissen relativ einfach in Datenblättern oder Handbüchern festhalten. Schwieriger ist es, prozedurales Wissen und Erfahrungswerte in geeigneter Form zu fixieren – und zwar so, dass es Mitarbeitern in Zukunft tatsächlich von Nutzen sein kann. Ziel kann es daher nicht sein, gigantische Datenbanken zu erstellen, die Unmengen an Informationen beinhalten. Ohne Struktur lässt sich daraus nämlich kein Wissen generieren. Ein Beispiel: Viele Unternehmen unterziehen sich einem Qualitätsaudit – die zugehörigen Qualitätshandbücher allerdings verstauben oftmals in den Regalen. Wichtig ist daher, das gesammelte Wissen zu strukturieren und in ansprechender Form aufzubereiten, zum Beispiel mit Hilfe einer Softwarelösung. Grundsätzlich sollten Unternehmen bei der Dokumentation auf Angebot statt Zwang setzen: Checklisten und Vorlagen werden von Mitarbeitern eher akzeptiert als starre Formulare, weil sie einen persönlichen Nutzen bieten, zum Beispiel Arbeitserleichterung oder besseres Zeitmanagement. Dann greifen Mitarbeiter auch tatsächlich auf unternehmensinternes Wissen zurück und können es nutzbringend anwenden
Wissen in geeigneter Form zur Verfügung stellen
In welcher Form Unternehmen das gesammelte und aufbereitete Wissen optimal zur Verfügung stellen, hängt von der Art des Wissens und dem Verwendungszweck ab. Neben den klassischen Formen wie Handbüchern und Vorlagen eignen sich beispielsweise Wikis gut, um deklaratives und Projektwissen zu teilen. Der Vorteil: Jeder kann daran mitarbeiten, sodass unterschiedliches Wissen erfasst und weitergegeben werden kann. Zudem bieten Wikis die Möglichkeit, ein Expertenverzeichnis mit Ansprechpartnern für bestimmte Fach- und Themengebiete anzulegen. Achtung: Ein Wiki sollte nicht zu einer undurchsichtigen Beitragssammlung werden, sondern wirklich relevantes und gut strukturiertes Wissen bereitstellen. Akzeptiert wird ein Wiki von Mitarbeitern nur dann, wenn es die benötigten Informationen leicht zugänglich macht. Für prozedurales und Erfahrungswissen ist ein Wiki weniger gut geeignet. Stattdessen kann der Verweis an einen Experten dessen Wissen und Erfahrungsschatz nutzbar machen.
Wissen, das sich nicht oder nur schwer schriftlich fixieren lässt, kann innerhalb eines Unternehmens auch auf anderen Kanälen geteilt werden. Tutorial-Videos auf dem Unternehmensserver oder Youtube können zeigen, wie Arbeitsabläufe oder Softwareprogramme funktionieren. Mitarbeiter erfahren hier, wie sie bestimmte Aufgaben Schritt für Schritt erfüllen oder vorhandene Werkzeuge nutzen können. Zwar gibt es für neue Mitarbeiter oder Anwendungen meist Schulungen, doch um das Wissen aufzufrischen, eignen sich die Videoanleitungen sehr gut. Auch elektronische Assistenten, die auf eine Software aufgesetzt werden, führen schrittweise durch die Funktionen eines Systems. Chat-Funktionalitäten lassen sich ebenso in ein Projektmanagementsystem einfügen, sodass Mitarbeiter ihre Kollegen direkt aus dem Programm heraus um Unterstützung bitten können. Unternehmen fällt es jedoch oft schwer zu erkennen, das Chatten längst nicht mehr nur Freizeitaktivität ist, sondern auch im Bereich Wissensmanagement sinnvoll eingesetzt werden kann.
Erfolgsfaktor Mensch
Durch Wissensmanagement lassen sich viele Prozesse im Unternehmen effektiver gestalten: Mitarbeiter machen weniger Fehler, weil sie bei Unsicherheit schnelle Hilfe finden. Das spart nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Qualität der Arbeit. Durch das Zusammenführen von Erfahrungswerten innerhalb des Unternehmens entstehen Lerneffekte. Bei Störungen oder Auftragsänderungen können Projektleiter viel flexibler reagieren und entsprechende Massnahmen anleiten. Zudem steigern eine verbesserte interne Kommunikation und der fachliche Austausch mit Kollegen die Zufriedenheit sowie die Motivation der Mitarbeiter und sorgen für ein angenehmes Arbeitsklima. Doch damit ein Unternehmen lange von den Vorteilen profitieren kann, muss Wissensmanagement kontinuierlich weiterentwickelt werden. Unmittelbar nach der Einführung sind das Interesse und die Motivation der Mitarbeiter recht hoch. Doch wenn sich die anfängliche Euphorie gelegt hat, gerät alles schnell in Vergessenheit. Um dem entgegenzuwirken, ist eine regelmässige Pflege des Wissensmanagements erforderlich und jemand, der dafür die Verantwortung trägt. Im Idealfall ist das Wissensmanagement im Projektmanagement-Office angesiedelt und aus diesem sollte ein Beauftragter das Wissensmanagement verantworten, Mitarbeiter motivieren und ihnen zeigen, wie sie die jeweiligen Portale oder Datenbanken nutzen – und vor allem, welche Vorteile sie davon haben. Letztlich ist der Mensch verantwortlich für den Erfolg des Wissensmanagements innerhalb des Projektmanagements