Was kommt danach, wenn nicht die Smartwatch?

Vor 50 Jahren wurde in den CEH Laboratorien – der Vorgängerorganisation des Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) – die erste Quarzuhr entwickelt. Diese Innovation veränderte das Gesicht der Schweizer Uhrmacherindustrie. Parallel profitierte der Mikroelektronik-Sektor. Heute sind wieder Kompetenzen und Weiter-entwicklungen in einer digitalisierten Welt gefragt.

Was kommt danach, wenn nicht die Smartwatch?

 

 

Im Centre Electronique Horloger CEH in Neuchâtel wurde vor 50 Jahren die erste Quarzuhr entwickelt. Eigentlich handelte es sich um zwei elektronische Armbanduhr-Versionen. Ihre Codenamen hiessen schlicht «Beta 1» und «Beta 2». Diese wurden erstmals 1967 an der jährlichen «precision competi­ tion» der Schweizer Gesellschaft für Chrono-metrie präsentiert.

 

Ganze fünf Jahre brauchten die zwölf Forscher damals, um jene Innovation zu ent-wickeln. Herb nur, dass die Schweizer Uhrma-cherbranche zuerst nicht von der Schwing-quarz-Erfindung profitieren konnte. Die erste erhältliche Quarz-Armbanduhr in Serie, na-mentlich die Astron SQ, wurde denn auch durch den japanischen Hersteller Seiko ab dem 25. Dezember 1969 vertrieben.

 

Die Beta-Versionen waren jedenfalls im normalen Temperaturbereich unempfindli-cher als mechanische Uhrentypen. Durch die Verwendung des Schwingquarzes bei den da-mals eingeführten Beta-Typen konnte die Ganggenauigkeit um drei Zehnerpotenzen verbessert werden. Ein Batteriewechsel war nur einmal pro Jahr notwendig, heisst es im zum Millennium erschienenen Buch «Engi-neering time: inventing the electronic wrist-watch» (British Journal for the History of Sci-ence). Ein Quarzuhr-Rohwerk kostet auch nur den Bruchteil des Preises eines mechanischen  Zeitmessers. Quarzuhren bestehen aus weni-ger Bauteilen. Früher bei Autofahrern beliebt, sind Quarz-Zeitmesser nach wie vor sehr ge-

 

«Smarte Uhren sind immer noch Uhren»

 

fragt in der breiten Öffentlichkeit, weil sie kompakt aussehen und – bis auf den Batterien-verbrauch – einwandfrei funktionieren. Aller-dings, wo steht die Uhrenwelt zwischen Sili-con Valley und der Schweiz heute?

Die Bedeutung der Mikroelektronik
Eigentliches Ziel der Uhrenentwicklung ist die Verbesserung der Ganggenauigkeit und eine Erhöhung der Gangreserve. Weiteres Entwick-lungsziel ist neben der wirtschaftlichen Ferti-gung auch die Langlebigkeit und Unempfind-lichkeit von Werk und Gehäuse. Die damalige Pionierarbeit in den CEH-Labors in Neuchâtel lieferte eine regelrechte Initialzündung für die Mikroelektronik, die ihrerseits versucht, dien-liche Brücken zwischen Industrie und Gesell-schaft zu bauen. Die Mikroelektronik arbeitet bis heute an einer Gleichung mit drei Variab-len, namentlich sind es: Präzision, Miniaturisa-tion und Energieverbrauch. – Wichtige Prämis-sen für viele Schweizer Unternehmen.

 

Überhaupt ist die Rolle der Mikroelek­ tronik bedeutend, was die Unterstützung von Unternehmen angeht. «Unsere Aufgabe ist es, Wissen, das in technologischen Plattformen entwickelt und generiert wurde, auf die In-dustrie zu übertragen. Das CSEM unterstützt auch Schweizer KMU, damit sie von den lau-fenden Veränderungen im digitalen Bereich profitieren können», betont Jens Krauss, Di-rektor Systems Schweizer Zentrum für Elekt-ronik und Mikrotechnik.

 

Wo ordnet Jens Krauss, CSEM Vize-Prä-sident und Uhrenexperte, kursierende Smart-watches ein? «Smartwatches sind bis jetzt nur portable Erweiterungen des Smartphones», meint Jens Krauss. Er gibt ferner zu bedenken, dass die Schweizer Industrie bereits seit Jah-ren eigenständige, intelligente Uhrentypen anbiete. Man denke nur an die Swatch Acces, Swatch Zero One oder an Uhren, die es nicht nur in Notfällen ermöglichen, direkt mit einer Person in Kontakt zu treten.

 

«Im Hinblick auf die Miniaturisierung sind Smartwatches echte technologische Bi-jous. Im Vergleich zu Smartphones bleibt der Mehrwert für den Benutzer begrenzt: die Mensch-Maschine-Schnittstelle ist noch kaum adaptiert worden. Design und Handlungs-spielraum sind noch unzureichend», meint der Direktor Systems CSEM. Smarte Uhren sind der Ansicht des Experten nach immer noch Uhren. Erst in einer nächsten Stufe könn-te man von einer «montre augmentée» (siehe auch Interview gegenüber) sprechen.

 

Träger von intelligenten Smartwatches könnten weit mehr profitieren, was bisherige Fernzahlungen, Gesundheits- oder Sicher-heits-Checks per Knopfdruck anbetrifft. Die Tatsache, dass sie auch personenbezogene Da-ten, beispielsweise über die Gesundheit des Trägers sammeln, würden nicht nur hierzu-lande offene Datenschutzfragen aufwerfen.

Weiterentwicklungen
Über Produkteinführungen von Elektronik­ riesen wie Apple oder Samsung wird jeweils viel diskutiert. Seit rund einem Jahr prokla-mieren auch Schweizer Hersteller wie Hub-lot Uhren, die sich mit Cloud-Daten ver-knüpfen lassen. Noch immer steht eine Frage im Zentrum: Überzeugt letztlich eine smarte Uhr mit vom Smartphone abgeleiteten An-wendungen oder eine typische Schweizer Uhr mit einer längeren Betriebszeit und we-nigen, dafür aber nachvollziehbaren Funkti-onen?

 

Takahiro Hamaguchi, Leiter der Ent-wicklungsabteilung der Neuenburger Vau-cher Manufacture Fleurier SA, entwickelt laut Swissinfo eine neuartige Technologie, um die Energie des mechanischen Werks der automatischen Uhr in Strom umzuwandeln. «Das Problem der kurzen Akkulaufzeit bei Smartwatches wäre dadurch gelöst», so der technische Leiter. Wird solches Know-how von «Schweizer» Ingenieuren auch in der Zu-kunft noch eine wichtige Rolle spielen? Zweifellos. Durch mikrotechnische Ent-wicklungen werden auch traditionell anmu- tende und doch intelligente – «Swiss made»
– Uhren nicht auf künftigen Uhrenmessen fehlen.

 

 

 

 

 

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