Optimierte Mobilität durch Smartphones

Für die von Smartphones ständig übermittelten Daten gibt es etliche Anwendungs­ möglichkeiten. Ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Forschungsprojekt zum Thema «Crowd Sensing» hat aufgezeigt, wie sich Standort­ daten optimieren lassen, während gleichzeitig der Datenschutz garantiert und die Beanspruchung der Hardware verringert wird.

Optimierte Mobilität durch Smartphones

 

 

 

Würden die Daten aller Smartphones welt­ weit vernetzt, könnten quasi Phone-Nutzer auf einen «Supercomputer der Hosentasche» zugreifen. Durch die vernetzte, stets steigen­ de Rechenkapazität optimiert sich nicht nur die Datensammlung in Echtzeit, auch die Auswertung jeglicher Daten wird verein­ facht. So könnten zu jeder Zeit Daten zum Klima, zum Lärm, Hilfsmittel zur Navigation oder Orientierung durch eine Big-Data-Tech­ nologie abgerufen werden.

 

Gleichwohl sind noch technische Hür­ den und Bedenken hinsichtlich des Daten­ schutzes zu überwinden.

 

Die Wissenschaftler des Projekts Swiss­ SenseSynergy, das vom Schweizerischen Na­ tionalfonds (SNF) gefördert wird, haben sich mit diesen Problemstellungen auseinander­ gesetzt und neue Wege für die Sammlung und Nutzung solcher Daten gefunden.

Crowd Sensing
Das Projekt nutzt im Wesentlichen «Crowd Sensing», bei dem durch Zugriff auf Smart­ phone-Sensoren Informationen über einen bestimmten Ortsbereich gesammelt werden können. Ein typisches Beispiel hierfür sind Kartierungs-Apps, die anhand der Beschleu­

 

« Sensordaten werden genutzt, die Wände und Beton durchdringen.»

 

nigungssensoren des Smartphones Verkehrs­ staus erkennen können. Da die vernetzten Geräte Informationen über viele Aspekte un­ serer Umgebung sammeln (z.B. Bewegungen, Geräusche, Personen und Luftqualität), könn­ ten sie uns entscheiden helfen, wo wir uns verpflegen, welche Kleider wir nutzen sollen– generell auf welche Art wir reisen wollen.

 

«Diese Informationen lassen sich für ver­ schiedenste Anwendungen nutzen: fürs Mar­ keting oder um das Verhalten von Menschen­  gruppen vorherzusagen», erklärt der Koordi­ nator des Projekts, Torsten Braun von der Uni­ versität Bern. Allerdings sind für solche Crowd-Sensing-Apps noch einige Hürden zu überwin­ den. Es gibt Konflikte zwischen Datensamm­ lung, Datenschutz und den Auswirkungen auf die Nutzerfreundlichkeit des Smartphones.

 

Ausserdem werden die Hardware-Res­ sourcen durch die massive Datenübertragung beeinträchtigt, und unzureichende Sicher­ heitsvorkehrungen können dem Identitäts­ diebstahl Vorschub leisten. Vier Teams haben neue Konzepte zur Verbesserung der Crowd-Sensing-Technologie und Praxisempfehlun­ gen für ihre Anwendung entwickelt. Ihre Ar­ beit konzentriert sich auf vier Kernbereiche: exaktere Standortdaten, verbesserter Daten­ schutz, industrielle Anwendungen, effizien­ tere Datensammlung.

 

Ortungsfunktion übertrifft GPS
Wissenschafter der Universitäten Bern und Genf haben gemeinsam eine mobile App ent­ wickelt, die Crowd Sensing mit der Ortung in Innenräumen und mit Smart Spaces verbin­ det. Diese mobile App integriert anspruchs­ volle Ortungsalgorithmen und mit Stand­ ortangaben versehene Sensormessungen, die dann in einer Cloud abgelegt werden. Dort stehen die Daten für das Internet der Dinge be­ reit und können in personalisierte und stand­ ortbasierte Automatisierungsanwendungen für zahlreiche «smarte» Gegenstände oder Pro­ dukte übernommen werden.

 

Das Team von Torsten Braun in Bern ver­ besserte die Ortungsgenauigkeit in Gebäuden und unter dem Erdboden auf 1,1 Meter in 90 Prozent der Fälle. Das entspricht in etwa der Leistung von GPS-Systemen.

 

Genutzt werden dabei nur die Sensorda­ ten der Geräte und Funksignale, die im Gegen­ satz zu GPS auch Wände und Beton durchdrin­ gen. Die Forschenden sammeln die von den Smartphone-Sensoren übermittelten Daten und Angaben zur WiFi-Signalstärke. Diese In­ formationen werden dann von mehreren ma­ schinellen Lernalgorithmen verarbeitet. «Der nächste Schritt ist dann die Bestimmung des Ortes, den die Nutzer ansteu­ ern», sagt Braun. «Das könnte beispielsweise für Einkaufszentren oder Bahnhöfe interessant sein.»

 

Ein Team der Fachhochschule der italienischen­ Schweiz (SUPSI) in Lugano hat Modelle entwickelt, die prädiktive Ortungsdaten für die Datenübermittlung in den sozialen Medien nutzen. Die Experimente haben gezeigt, dass die schnelle Datenübertragung nicht nur in sozia­

 

«Es ist ein Balance-Akt zwischen Datennutzung und Datenschutz.»

 

len Netzwerken wie Facebook und Twitter funktioniert, sondern auch in den von Mobiltelefonen gebildeten physischen Ad-hoc-Netzwer­ ken. Die Mitteilungen könnten auf lokales Verhalten reagieren, Rück­ meldungen in Echtzeit auswerten und schneller zwischen den ausge­ wählten Nutzern zirkulieren.

Künstliches Rauschen als Datenschutz
«Eine der grössten Schwierigkeiten für die Forschenden ist der Balance-Akt zwischen Datennutzung und Datenschutz», sagt Torsten Braun. «Die Genauigkeit der Daten kann zulasten der Privatsphäre gehen.» Werden bei der Datensammlung auch Nutzerdaten erfasst, sinkt die Bereitschaft zur Teilnahme. Um die Sicherheit der Daten zu gewährleis­ ten, hat das Team der Chalmers University of Technology in Schweden für die Datenauswertung und die automatische Entscheidungsfindung maschinelle Lernverfahren entwickelt, die einen «differenziellen Da­ tenschutz» ermöglichen.

 

Die personenbezogenen Daten werden dabei durch ein sorgfäl­ tig abgestimmtes Rauschen (Zufallsdaten) geschützt, das in die von den Geräten gesammelten Daten eingeführt wird.

 

Forschende an der Universität Genf haben sich mit einem weite­ ren Konflikt beschäftigt: dem Wunsch, möglichst grosse Datenmengen zu sammeln bei möglichst tiefer Hardware-Belastung durch das Crowd Sensing. Wenn Nutzer eine Belastung ihres Smartphones fürchten, leh­ nen sie möglicherweise Apps ab, die auf ansonsten ungenutzte Senso­ ren zugreifen. Dieses Projekt untersucht spieltheoretische Modelle, um herauszufinden, wie sich die Belastung auf mehrere Telefone und Nut­ zer verteilen lässt.

 

Im Rahmen eines Feldexperiments in San Francisco haben frei­ willige Teilnehmer eine App zur Kartierung des Lärmpegels in der Stadt heruntergeladen. Während sie nützliche Daten für die Stadtver­ waltung sammelten, testeten sie gleichzeitig unterschiedliche Verfah­
ren zur Verteilung der Belastung auf mehrere Geräte.

 

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