Gefahrgüter in der Luftfracht

Gesetze gelten nicht ewig. Um die Risiken bei Transporten mit Gütern auf Strasse und Schiene schliesslich an neuralgischen Punkten wie Flugplätzen zu überwachen und – falls nötig – Massnahmen zu ergreifen, werden Gefahrgutprozesse auf nationaler und internationaler Ebene redefiniert. Nichtsdestotrotz gibt es unter­ schiedliche Gefahrenbereiche.

Gefahrgüter in der Luftfracht

 

 

 

Gewisse Güter dürfen nur unter Vorschriften von A nach B transportiert werden. So gelten gesetzliche Regelwerke, was den Gefahrgut­ prozess betrifft. In der Schweiz gelten das Ge­ fahrgutbeförderungsgesetz, für Gefahrgut­ transporte die Strassenverkehrsordnung (ADR), die Ordnung für Eisenbahnbeförde­ rung gefährlicher Güter (RID) sowie die Ver­ ordnung über den Lufttransport (LTrV).

 

Nebst weiteren Gesetzen wie dem Bin­ nenschifffahrtsrecht und Untergesetzen wie etwa dem Containersicherheitsgesetz richtet sich das Schweizer Gefahrgutrecht nach dem Europäischen Übereinkommen. Dieses bildet die Grundlage für die schweizerische Gesetz­ gebung, geregelt in der Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Stras­ se (SDR) und der Gefahrgutbeauftragtenver­ ordnung (GGBV). Solche Regelwerke sind je­ doch Tausende von Seiten dick.

 

Um dem Stand der Technik und der Entwicklung Rechnung zu tragen, werden diese Richtlinien regelmässig revidiert. Eine aktuelle Lufttransportänderung nach LFV und LTrV betrifft die Haftpflicht der Fluggesellschaften bei Schädigungen von Pas­ sagieren, bei Beschädigung von Reisegepäck oder Gütern sowie bei Verspätungen. Der Umfang der Haftpflicht (Übereinkommen von Montreal 1999) wird also immer wieder von Experten überprüft. Änderungspunkte der LFV-Verordnung, letztendlich auch die Berücksichtigung von Luftfahrzeugen beson­ derer Kategorien, siehe etwa Drohnen, wur­ den letztmals am 1. Januar 2017 umgesetzt.

 

Des Weiteren gilt seit dem 1. Juni 2017 das «Globally Harmonized System» (GHS; sie­ he Box), ein internationales Regelwerk für die Einstufung und Kennzeichnung von Chemi­ kalien, den eigentlichen Gefahrstoffen, auch in der Schweiz. Gemäss dem Chemikalien­ge­ setz müssen Gefahrstoffe in ein neues, ein­ deutigeres Kennzeichnungssystem – in neun Gefahrgutklassen – unterteilt werden. Ob­ gleich sie per se nicht mit dem Transport von Gefahrgütern einhergeht, bringt diese Werk­ änderung ebenso wie das Sicherheitsdaten­ blatt Orientierung für Hersteller, Versender, Unternehmen und letztlich auch Transpor­ teure, die mit Gefahrengütern arbeiten.

Einordnung von Gefahrengütern
Gefahrgüter, auf Schweizerdeutsch «Gefah­ rengüter», sind Güter, die während eines Transports ein gefährliches Risiko für Men­ schen, Tiere, Umwelt und Objekte aufweisen. Seit 2001 muss jedes Schweizer Unterneh­ men, welches Gefahrgut verpackt, versendet oder transportiert, einen Gefahrgutbeauf­ tragten bei der zuständigen kantonalen Voll­ zugsstelle gemeldet haben. Ist dies nicht der Fall, haftet der Geschäftsführende strafrecht­ lich und muss mit Konsequenzen rechnen.

 

Unternehmen können jedoch auch von der Pflicht, einen Gefahrgutbeauftragten zu ernennen, befreit sein. Dies zum Beispiel, wenn sie je Versand/Transport die sogenann­ te Freigrenze nicht überschreiten. «Einen handelsüblichen Farbverdünner in einem Passagierflugzeug mitzuführen, ist je nach-dem erlaubt. Problematischer wird es bei ei­ nem grösseren Gefäss», erklärt ein Gefahren­ gut-Experte gegenüber Management und Qualität.

 

« Die Luftverkehrsordnung regelt besondere Kategorien.»

 

Jeder Gefahrgutbeauftragte muss ge­ mäss Artikel 11 und 12 der Gefahrgutbeauftrag­ tenverordnung vorgehen. Tatsächlich braucht es viel Fachwissen im Umgang mit den kom­ plexen Regelwerken sowie eine gute Praxiser­ fahrung zur Umsetzung der Vorschriften in der täglichen Betriebspraxis. Viele Schweizer Unternehmen seien trotz arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht imstande, jegliche Gefah­ rengüter und Gefahrstoffe zu beschreiben.

 

So gehören eigentlich auch Maschinen­ teile, Kühlschränke, Tiefgefrorenes, Ret­ tungslichter nicht ohne Weiteres in die Flug­ zeugfracht. Dass kosmetische Produkte, Far­ ben, Haaröle oder Putzmittel nicht im Hand­ gepäck mitgeführt werden dürfen, weil sie chemische oder giftige Substanzen enthalten, wissen Vielreisende. Die Gefahr eines Bran­ des, einer Korrosion oder Gasentweichung an Bord eines Flugzeugs wäre zu gross.

 

Nichtsdestotrotz kennen gar industrielle Lieferanten nicht alle gesetzlichen Verbote. Zum Beispiel gehören Produkte wie ein Sauer­ stoff-Generator oder nur schon ein Flugzeug-pneu in die Kategorie Gefahrengut ausserhalb des Flughafens Zurich. Innerhalb des Flugha­ fenareals respektive in verbauten Flugwerken stellen solche Gegenstände keine definierte Gefahr. In einem Lkw können jedoch Druckge­ genstände bersten und schlimme Schäden ver­ ursachen.

 

Bevor eine Fracht, beispielsweise Feuer­ löscher, in alle Himmelsrichtungen abhebt oder über Flughafen-Ausfahrten hinaus be­ wegt wird, muss sie deklariert werden. Ob­ gleich der Flughafen Zürich ein konzessionier­ ter Betrieb ist, müsste also eine SR-Technics-Fracht über die Strasse erst genehmigt werden.

Lieferketten schützen
Auf internationaler Ebene nennt man Gefah­ rengüter Dangerous Goods, abgekürzt DG. Gefahrengüter für die Strasse oder für die Luft werden umfassend umschrieben. So können Unternehmer, die mit einem überla­ denen Kleintransporter über Pässe fahren wollen, hoch gestraft werden.

 

«Eigentlich kursieren Gefahrengüter überall, vor allem auch dort, wo man sie nicht erwarten würde», meint Nicole Räz, Spreche­ rin beim Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL. Um Gefahren deutlicher zu bestimmen, Mensch und Umwelt vor den potenziell schäd­ lichen Auswirkungen von Chemikalien zu schützen, kursiert eine Reihe von Verordnun­ gen.

 

Das Sicherheitsdatenblatt vermittelt den beruflichen und gewerblichen Verwen­ dern von Stoffen oder Zubereitungen die not­ wendigen physikalisch-chemischen, sicher­ heitstechnischen, toxikologischen und öko­ toxikologischen Daten, mit deren Hilfe die erforderlichen Massnahmen für die Sicher­ heit am Arbeitsplatz sowie für den Gesund­ heits- und Umweltschutz getroffen werden können. Sie regulieren unter anderem die Ar­ beitssicherheit, Produktion, die Lagerungen, den Einsatz und die Entsorgung eines Guts.

 

Darüber hinaus wird die Klassifizie­ rung von Chemikalien durch das Chemikali­ engesetz (Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen) ge­ regelt. Die Schweiz ist seit dem 1. Juni 2017 daran, ihre gesetzlichen Regelungen den europäischen­ Regeln anzupassen. Sie decken sich im Wesentlichen mit der REACH-Ver­ ordnung (Registration, Evaluation, Authori­ sation and Restriction of Chemicals) der Eu­ ropäischen Union.

 

Gleichwohl bekunden Insider noch viel vorliegende Klassifizierungsarbeit, die sicher bis zum Abschluss der letzten Registrierungs­ phase unter REACH in der EU im Jahre 2018 andauern dürfte.

 

Die Einordnung der Chemikalien mit Gefährdungspotenzial in verschiedene Grup­ pen richtet sich je nach der Gefährdungsart (z. B. explosionsgefährlich, giftig, leicht ent­ zündlich, umweltgefährdend, etc.).

 

Diese Regelwerksänderung hat auf den Bereich, den jedoch das BAZL beaufsichtigt, kei­ nen direkten Einfluss: «Das einzige, was sich für uns ändert, sind die neuen Kennzeichnungen, die die industriellen Gefahrengüter aufzeigen werden», meint die BAZL-Sprecherin. Die neuen Labels müssen jetzt in DG-Vorschriften und Handbüchern von Transportunternehmen eingeflochten werden. Nicht zuletzt liegt die Verantwortung für die Sicherheit der Bauten, Anlagen, Fahrzeuge und des Betriebs per se bei den Transportunternehmen.

 

 

 

 

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