Die Chance packen
Seit September 2015 ist sie auch in der Schweiz publiziert, die Norm ISO 9001:2015. Sie enthält einige wesentliche Neuerungen, um die Kundenorientierung weiterzuentwickeln. Deshalb stehen den ISO- 9001:2008-zertifizierten Unternehmen drei Jahre seit der Lancierung für die Umstellung auf die neuen Anforderungen zur Verfügung. Diese Zeit kann für eine Reifegradbestimmung des bestehenden zertifizierten oder nicht-zertifizierten Managementsystems genutzt werden, denn die Annäherung der ISO an den EFQM-Ansatz ist deutlich erkennbar.
ISO ist und bleibt ein Standard, welcher den Kunden in den Mittel punkt stellt. Es geht primär darum,
- kontinuierlich Produkte herstellen und liefern oder Dienstleistungen erbringen zu können, die die Anforderungen der Kunden und die zutreffenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfüllen,
- Chancen und Risiken unter Berücksichtigung des Kontextes wahrzunehmen und zu handeln,
- danach zu streben, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen (in Anlehnung an den Anwendungsbereich ISO 9001:2015).
Excellence geht weit über diesen Anwendungsbereich hinaus und integriert einen umfassenden Stakeholder-Ansatz. Dies wird bereits bei der Definition von Excellence deutlich: «Exzellente Organisationen erzielen dauerhaft herausragende Leistungen, welche die Erwartungen aller ihrer Interessengruppen erfüllen oder übertreffen.» Das EFQM
Excellence berücksichtigt neben den Kunden auch Mitarbeitende, Eigentümer und die Gesellschaft.
Excellence Modell ist somit ein zukunftsorientiertes Modell, um festzustellen, wie eine Organisation arbeitet und wie sie Chancen für Verbesserungen frühzeitig erkennt und rasch umsetzt.
Wesentliche Neuerungen ISO 9001:2015
Die auffälligste Änderung betrifft die Struktur der ISO 9001:2015, die High Level Struktur (siehe Grafik 1). Sie dient als Grundlage für weitere normierte Managementsysteme, wie z.B. Umwelt und Arbeitssicherheit. In der Grafik ist diese ergänzt durch den bekannten PDCA-Zyklus.
Die wesentlichen inhaltlichen Neuerungen betreffen das Kapitel 4, den Kontext der Organisation. Diese Orientierung nach aussen und innen, die Berücksichtigung der relevanten Stakeholder und deren relevante Anforderungen sind eine klare Erweiterung, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Mit dem Kapitel 5 wird neu die Führung der Organisation klarer adressiert. Dadurch werden die strategische Führung und das Qualitätsmanagement stärker miteinander verknüpft.
Im Kapitel 6 Planung wird das risikobasierte Denken verankert, welches sich aus dem Kontext der Organisation ableiten soll. Dieses Konzept wird über die Prozesse und dokumentierten Informationen weitergeführt. Die Norm fordert jedoch keine formellen Methoden oder einen dokumentierten Risikomanagementprozess.
Das Kapitel 7 Unterstützung beschreibt das Thema Wissen: «Die Organisation muss das Wissen bestimmen, das benötigt wird, um ihre Prozesse durchzuführen und um die Konformität von Produkten und Dienstleistungen zu erreichen.» Auch hier wird keine Forderung nach einem umfassenden Wissensmanagement gestellt.
Im Kapitel 8 wird das Thema Ent-wicklung viele Organisationen beschäftigen. Es geht um die Anpassung oder Weiterentwicklung der Produkte und Dienstleistun
gen. Diese Anforderung muss in Form eines Entwicklungsprozesses dokumentiert, umgesetzt und überprüft werden
Im Kapitel 9 Bewertung der Leis tung ist der Aspekt der Bewertung neu. Diese Bewertung verlangt eine Beurteilung der vorliegenden Zahlen und Daten
EFQM Excellence Modell 2013
Um Excellence im beschriebenen Sinn anzustreben, unterscheidet das EFQM Excellence Modell drei Elemente ähnlich wie die Norm ISO 9001:2015, welche deshalb in Klammern angeführt sind: die Grundkonzepte der Excellence (Grundsätze der ISO 9001:2015), das Kriterienmodell (Kapitel der Norm) sowie die RADAR-Logik (PDCA-Zyklus).
Mit den acht Grundkonzepten wird Excellence greifbar. Sie sind
Die Ergebniskriterien spezifizieren die Leis tung der Organisation
somit die Prinzipien für nachhaltigen Erfolg.
Das Kriterienmodell (siehe Grafik 2) unterteilt sich in fünf Befähigerkriterien und vier Ergebniskriterien. Die Befähigerkriterien gehen der Frage nach, was die Organisation macht oder eben befähigt, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Die Ergebniskriterien zeigen auf, was die Organisation misst, um sicherzustellen, dass die Strategie umgesetzt wird, die Ziele erreicht werden können und somit die Organisation auch in Zukunft erfolgreich sein wird. Diese 9 Kriterien unterteilen sich in 32 Teilkriterien, welche in der Grafik bei den Befähigerkriterien stichwortartig aufgeführt sind.
Die RADAR-Logik bildet den Kern des EFQM Excellence Modells, wobei RADAR für Results (Ergebnisse), Approach (Vorgehen), Deployment (Umsetzung), Assess and Refine (Bewertung und Verbesserung) steht. Sie dient der Bewertung der Leistung sowohl in Bezug auf die Befähiger- wie auch der Ergebniskriterien.
Annäherung ISO 9001:2015 an das EFQM Excellence Modell
Auch wenn die oben beschriebenen wesentlichen Neuerungen der ISO 9001:2015 nicht 1:1 im Kriterienmodell abgebildet sind, so lässt die nachfolgende Zuordnung eine deutliche Annäherung erkennen.
Der Kontext der Organisation wird im Kriterium 1, Führung, und insbesondere durch das persönliche Befassen der Führungskräfte mit den Interessengruppen berücksichtigt. Anschliessend werden diese Informationen im Kriterium 2, Strategie, in einen systematischen Strategieprozess über führt. Die Verknüpfung zwischen Führung und Managementsystem ist explizit im Teilkriterium 1b (Definition, Überprüfung und Verbesserung des Management systems und der Leistung der Organisation) gefordert. Wie die Modellgraphik zeigt, sind auch Risiko- und Wissensmanagement auf der Befähigerseite des Kriterienmodells berücksichtigt. Die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen wird im Teilkriterium 5b gefordert. Die RADAR-Logik spiegelt den PDCA-Zyklus wider, fordert jedoch zusätzlich strategisch relevante und messbare Ergebnisse. Neben den Schlüsselergebnissen berücksichtigt das Kriterienmodell auch kunden-, mitarbeiter- und gesellschaftsbezogene Ergebnisse und ermöglicht so eine umfassende Bewertung der Leistung der Organisation.
Reifegradbestimmung durch Assessment
Um den Reifegrad eines Managementsystems bewerten zu können, hat die EFQM den Assessment-Prozess definiert. Assessments können als Selbst- oder extern als Fremdbewertung durchgeführt werden (siehe Grafik 3).
Basis der Selbstbewertung bildet eine Erhebung der vorhandenen Unternehmensdaten und -instrumente anhand des Kriterienmodells. Gleichzeitig wird im Rahmen der sogenannten Schlüsselinformationen der Kontext der Organisation beschrieben. Anschliessend bewertet das Managementteam die gesammelten Daten mit Hilfe der RADAR-Logik auf Effizienz, Effektivität und Wirkung.
Mit einer EFQM-Selbstbewertung, die im Idealfall in den strategischen Prozess integriert wird, identifizieren Unternehmen Stärken sowie Handlungsfelder, lernen was für den Unternehmenserfolg
Dank der EFQM-Selbstbewertung individuelle Handlungsfelder erkennen.
wichtig ist, und können auf dieser Basis den Weg der kontinuierlichen Verbesserung in Abstimmung mit der strategischen Ausrichtung definieren und beschreiten.
Um erfolgreich zu sein, benötigen alle Organisationen, unabhängig von Grösse und Struktur, ein geeignetes Managementsystem. Das EFQM Anerkennungs programm (Stufen der Excellence) macht Erfolge sichtbar. Unternehmen können nach einer EFQM-Selbstbewertung strategisch relevante Verbesserungsprojekte und deren Umsetzung extern beurteilen lassen (C2E), sich einem eintägigen Assessment stellen (C2E 2 Stern) oder das Managementsystem in Form eines umfassenden Assessments (R4E) bewerten lassen. Reicht es in der heutigen Zeit, Anforderungen zu erfüllen, oder muss die Organisation nicht ständig besser werden, um auch morgen noch erfolgreich zu sein? Der EFQM-Ansatz bietet die Möglichkeit, das Unternehmen Schritt für Schritt in Richtung Business Excellence zu entwickeln. Die Annäherung der Norm an den EFQM-Ansatz ist eine exzellente Chance, mit einer EFQM-Selbstbewertung die Synergien der beiden gängigsten Werkzeuge zum Thema Qualität zu nutzen.