Die Treuhandbranche im Umbruch

Die digitale Revolution macht auch vor der Finanzbranche keinen Halt. «Fintech» heisst das Schlüsselwort, und tiefgreifend kommt die Frage daher, wer Banken für Bankdienstleistungen benötige. Wer weiterdenkt, kommt nicht umhin, die gleiche Frage für Treuhanddienstleistungen zu stellen.

Die Treuhandbranche im Umbruch

 

 

 

A libaba, der weltgrösste Detailhändler, führt kein eigenes Warenlager. Airbnb, der weltgrösste Übernachtungsanbieter, unterhält keine eigenen Immobilien. Uber, das weltgrösste Taxi-Unternehmen, besitzt keine Fahrzeuge und Facebook, das weltweit beliebteste Medienunternehmen, produziert selbst keine medialen Inhalte. Eines haben die Unternehmen gemeinsam: Sie operieren aus dem Internet

Bankdienstleistungen ohne Banken?
Internetunternehmen verändern Gewohnheiten, erschliessen neue Möglichkeiten, verändern damit

 

Bill Gates: Bankdienstleistungen werden auch in Zukunft benötigt werden, aber keine Banken mehr.

 

Geschäftsmodelle, Wertschöpfungsprozesse und erschüttern in der Konsequenz ganze Branchen. 1994, als das Internet noch nicht die heutige Bedeutung als disruptive Technologie besass, machte Bill Gates die Aussage, dass Bankdienstleistungen auch in der Zukunft benötigt werden, dafür aber keine Banken mehr gebraucht werden. Anfänglich gegensätzlich diskutiert, zeigt sich mehr und mehr, wie ernst die Aussage zu nehmen ist.

 

Die Marktanteile der Fintech-Unternehmen sind gemäss den verfügbaren Studien jedoch noch weitgehend in einem bescheidenen Bereich. Je nach Angebotssegment spricht man von Anteilen im Promillebereich. Dies ist sicherlich auf die hohe Regulationsdichte und andererseits auf das Kundenverhalten zurückzuführen. Ganz offensichtlich ist man eher bereit, bei Unbekannten zu übernachten oder ins Fahrzeug zu steigen, als ihnen sein Erspartes anzuvertrauen.

 

Anders sieht es etwa bei Bezahldienstleistungen im Online-Handel aus, bei dem der Micropayment-Bereich ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodelles darstellt. Zahlungen werden in diesem Bereich immer stärker von bankunabhängigen Anbietern wie zum Beispiel PayPal abgewickelt, einem virtuellen Konto, dessen Identität durch die E-Mail-Adresse des PayPal-Mitglieds definiert wird, ohne Kontonummer und ohne eigentliche Bankverbindung

Zahlungsströme – das Eldorado von Big Data-Unternehmen
Zahlungsströme sind ein eigentliches Eldorado für Unternehmen, die sich auf Big-Data-Modelle ausrichten. Das Erlangen, die Analyse und die Verknüpfung von Kundendaten ermöglichen sich fast nirgendwo so offen, wie in den getätigten Zahlungen. Statistische Auswertungen erlauben damit etwa Preisvergleiche unterschiedlicher Regionen. Mit jeder Überweisung wird gleichzeitig aber auch das Per

 

Die digitale Verlagerung geht zurzeit für viele im Unentdeckten vor sich.

 

sönlichkeitsbild der betreffenden Person hinsichtlich Gewohnheiten, dem persönlichen Empfinden, den Vorlieben und der aktuellen Lebensphase immer offener. Kein Wunder, haben Unternehmen wie etwa Facebook, Google und Co. eine Bankenlizenz erworben oder befassen sich intensiv damit. Daten sind bekanntlich die Währung der Zukunft.

 

Der Veränderungsprozess innerhalb der Bankindustrie durchströmt den gesamten Finanzdienstleistungsbereich. Auch jenen des Treuhandbereichs. Online-Buchhaltungssoftware und damit Cloud-Computing gehören dabei seit Längerem zum Angebot. Neu geht die Entwicklung dahin, manuelle Tätigkeiten in die Anwendungen zu integrieren und

 

«Technology follows Lifestyle» als Treiber

 

die damit einhergehenden Folgeprozesse zu automatisieren. So können heute bereits Kundenund Lieferantenrechnungen eingescannt und durch das System eigenständig verbucht werden. Gleichzeitig werden die damit einhergehenden Prozesse ausgelöst.

Grenzen digitaler Systeme
An die Grenzen stossen die Applikationen bei komplexeren Anforderungen und insbesondere bei interdisziplinären Fragen, wie zum Beispiel der steuerlichen Auswirkungen. Dies wird auch in Zukunft einer der Knackpunkte digitaler Systeme sein und auch bleiben, aufgrund unterschiedlicher Ausgangslagen, Intentionen und sich laufend verändernder Rahmenbedingungen. Dieser Teil muss auch weiterhin durch Fachspezialisten abgedeckt werden, sei dies durch persönliche Kontakte oder durch die digitalen Möglichkeiten wie Chat oder Direktnachrichten.

 

Diese digitale Verlagerung geht zurzeit für viele im Unentdeckten vor sich und befindet sich noch in einer frühen Phase. Wie gewöhnlich bei derartigen Veränderungsprozessen sind erst frühe Nachfragegruppen eingebunden. In der heutigen Phase gilt es, diese Gruppen in die weiteren Entwicklungen der digitalen Dienstleistungen miteinzubinden und ihre Anforderungen, Bedürfnisse und Nutzenargumente zu erkennen und zu berücksichtigen. Einflussfaktoren wie Vereinfachung von Abläufen und Anwendungen, Zeitgewinn, zeitlich unabhängige Nutzung, Komfortgewinn und der Einbindung der Technologie in den gewohnten Tagesablauf (Technology follows lifestyle) sind die Treiber, um die neuen Angebote schliesslich zu etablieren.

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