Beschaffungskosten senken
Alters- und Pflegeheime können inskünftig Zeit und Kosten einsparen und sich verstärkt auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: die Pflege und Betreuung der Bewohner. Möglich wird dies durch eine digitale Dienstleistungsplattform, die den Beschaffungsprozess von medizinischem Verbrauchsmaterial optimiert.
In der einschlägigen Fachliteratur für Materialwirtschaft ist zu lesen, dass die eigentlichen Prozesskosten (Lieferantenauswahl, Bestellabwicklung, Logistik) schon mal das Doppelte des Warenwertes betragen können. Die Ursachen dafür sind vielschichtig: Die Auswahl der Lieferanten benötigt viel Zeit und das Artikelsortiment will gepflegt sein. Häufig sind mehrere Lieferanten im Spiel, das bedeutet eine Vielzahl von Bestellungen und Anlieferungen, hinzu kommt der hohe Aufwand bei der Rechnungsabwicklung. Und längst nicht jeder Patient benötigt einfach ein Standardprodukt: Die patientenbezogene Bestellung und Verteilung erhöht den Aufwand zusätzlich. Auf der Strecke bleibt bei so viel administrativer Arbeit die Kernaufgabe: die Pflege der Patienten.
Mehr Zeit für die Kernaufgaben
Die Massnahmen liegen auf der Hand: Weniger Lieferanten, ein gestrafftes Sortiment, ein patientenbezogenes Bestellsystem, konsolidierte Anlieferung des gesamten Sortiments mit weniger Wareneingängen, optimierte interne Logistikabläufe und womöglich sogar noch ein Service für das Einräumen der Lager. Dieser Wunsch war dem Schweizer Hersteller von medizinischen Verbrauchsgütern IVF HARTMANN AG Befehl: Im Oktober 2017 lancierte das in Neuhausen a. Rheinfall ansässige Unternehmen unter der Bezeichnung HARTMANNeasy eine digitale Beschaffungsplattform. Durch eine zentrale und optimierte Bestellung des gesamten medizinischen Verbrauchsmaterials, einer zusammengefassten Lieferung und einer konsolidierten Monatsrechnung werden die Logistikprozesse so optimiert, dass sich das Pflegepersonal verstärkt auf seine Kernaufgabe, die Pflege, konzentrieren kann. Zudem können nachhaltig Kosten gespart werden. «Wir haben dank Prozessoptimierungen und HARTMANNeasy unsere Kosten und administrativen Aufwände im Zusammenhang mit dem gesamten Bestellwesen und der Lagerbewirtschaftung um gut einen Drittel reduzieren können», sagt Ingrid Markart, Geschäftsleiterin des Pflegeheims PeLago bei Rorschach. «Wir hatten früher zu viele verschiedene Lieferanten, mussten häufig Kleinmengenzuschläge bezahlen, hatten viele Lager. Entsprechend waren viele Personen involviert, aber niemand hatte die komplette Übersicht. Doppelspurigkeiten und ‹Zetteli-Wirtschaft› waren die Folge.»
HARTMANNeasy kann auf die Bedürfnisse des jeweiligen Bezügers massgeschneidert werden. Die einfachste Variante: Die Bestellung eines oder mehrerer Warenempfänger wird direkt ins Zentrallager an eine zentrale Adresse geliefert. Die Bestellung ist mit den einzelnen Warenempfängern gekennzeichnet und kann so direkt zugeordnet werden. Optional kann diese Zentrallagerbelieferung auch sortiert nach Stationen erfolgen, gegen einen Servicezuschlag von 10 Prozent ist dabei auch ein Einräumservice möglich: Der Einräumservice kommt zu einem vereinbarten Zeitpunkt, packt die Ware aus und liefert diese direkt auf die einzelnen Stationen. Damit wird das Personal maximal entlastet und es bleibt noch mehr Zeit für die Pflege.
Zusätzliche Module lanciert
Doch damit nicht genug: Um interne Abläufe in Alters- und Pflegeheimen zu verbessern, wurde das Modul HARTMANN easyCare entwickelt. Dabei handelt es sich um eine digitale Bewohner- und Stationsverwaltung. Damit können Kunden eine Wochenplanung pro Bewohner oder Station vornehmen und die Produkte digital bestellen. Dabei werden sie von einer Vielzahl an Funktionen wie automatische Bestellvorschläge, Generierung von Verteillisten oder massgeschneiderte Belieferungsoptionen unterstützt. Selbstredend ist easyCare direkt an der Beschaffungsplattform HARTMANNeasy angebunden. Darauf befinden sich über 95 Prozent der in einem Altersund Pflegeheim benötigten medizinischen Verbrauchsgüter und Hygieneprodukte. Dabei werden nicht nur Produkte der IVF HARTMANN AG angeboten, sondern auch von anderen Lieferanten.
Als jüngste Ergänzung kam kürzlich eine automatisierte Regalbewirtschaftung für Kliniken und Spitäler hinzu. Die Lösung HARTMANN easyShelf regelt den Bestell- und Logistikprozess über Sensoren und löst die benötigte Bestellung automatisch nach den vordefinierten Parametern aus. Bei Bedarf werden die Produkte auch direkt in die Regale eingeräumt. Auch hier wird das Pflegepersonal von einem Teil der administrativen Aufgaben befreit und kann sich vermehrt der Pflege widmen. Durch die Verknüpfung mit HARTMANNeasy kann das Tool auch zur Lagerverwaltung sowie für Inventuraufgaben eingesetzt werden.
Durch Digitalisierung den Pflegealltag optimieren
«Die digitale Dienstleistungsplattform soll auch in Zukunft basierend auf den Erfahrungswerten kontinuierlich optimiert und ausgebaut werden, um unsere Kunden langfristig und partnerschaftlich zufriedenzustellen», sagt dazu Edward Mulder, Leiter Digitalisierung bei IVF HARTMANN AG (siehe Interview). Solche Innovationen können einen massgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Sanierung des Schweizer Gesundheitssystems leisten, indem sie etwa helfen, die Beschaffungskosten zu senken.
Wie lief die Implementierung bei PeLago? Ingrid Markart war es wichtig, ihre Mitarbeitenden von Anfang an in die Evaluation der Lösung mit einzubeziehen. «Das Personal gab an Befragungen bekannt, was nicht funktionierte, und beurteilte selbst Vorschläge zur Verbesserung.» Deshalb ist heute die Akzeptanz bei den Nutzern sichergestellt, und die Lösung funktioniert problemlos. Mehr noch: Ingrid Markart sieht die erfolgreiche Einführung von HARTMANNeasy als Element eines soliden Qualitätsmanagements.