Hannes konsequente DSGVO-Anwendung

Hannes’ Unternehmen steht mitten im Umbruch. Die Digitalisierung fordert alle bis aufs Letzte, der Fachkräftemangel nagt an den Ressour-cen und die Marktsituation lädt gleichzeitig auch nicht zum Platzneh-men und Geniessen ein. Mit anderen Worten: An allen Fronten herrscht gleichzeitig Hochbetrieb. Über all dem kreist der Geier na-mens Kostendruck, der die besagten Themen nicht schön verpackt, sondern ihre Brisanz quadriert. Alle personellen, finanziellen und be-trieblichen Ressourcen sind bis auf den letzten Strich ausgereizt, wenn nicht sogar darüber.

Hannes konsequente  DSGVO-Anwendung

 

Dafür hat man gar keine Zeit …
Und in diese Phase platzt die DSGVO hinein. Klar, «platzen» mag über-trieben sein, da die Verordnung ja schon zwei Jahre in Kraft ist. Nur: Die Übergangsfrist war noch nicht um. Soooo überraschend kam’s al-so nicht. Aber wer am 25.05.2018 begann, sich damit auseinanderzu-setzen, für den kam der ominöse 28.05.2018 doch ziemlich plötzlich.

 

Hannes hatte bis zuletzt gehofft, dass dieser Kelch an ihm vorü-bergeht. Aber als er die Weisung der just für diesen Anlass aus dem Boden gestampften Compliance-Abteilung liest, spürt er, dass er als Produktionsleiter durchaus DSGVO-relevant ist.

 

Er liest und denkt über die Konsequenzen der konsequenten Anwendung nach. Er beginnt die Klärungsbaustellen aufzuschreiben. Startet das Word, speichert ab unter «DSGVP Produktionsleitung – Umsetzung im Alltag».

DSGVO betrifft auch Hannes – sein Plan
Hannes durchforstet seine Datenbank und findet die Geburtstage sei-ner Mitarbeitenden, die eigentlich nur der HR-Abteilung zugänglich sein dürften. Soll er diese jetzt auf seiner Excel-Liste löschen? Dann könnte er aber künftig den Mitarbeitenden keine Geburtstagswün-sche mehr auf den Arbeitsplatz legen. Er müsste wohl einen Antrag ans HR stellen, dass er für den Folgemonat die Geburtstagstermine erhält, um rechtzeitig ein kleines Geschenk zu besorgen. Aber viel-leicht findet er noch eine Gesetzeslücke. Wenn begründet und ge-klärt, darf er die Geburtstagsdaten haben, muss diese den Betroffenen aber jederzeit rausgeben können. Hannes ist vorderhand glücklich, dass er sich einen solchen Passus zurechtlegen kann. Aber halt! Was könnte der Grund sein, dass ein Mitarbeiter das Geburtsdatum von ihm überhaupt wissen will? Weil er es selber vergessen hat? Das ergibt keinen Sinn. Also: streichen. Im Zuge der Sparmassnahmen aber auch die Geschenke. Schliesslich muss der Mehraufwand für die Klärung dieser Verordnung auch bezahlt werden. Compliance-Korrektheit durch Verzicht auf Geburtstagsgeschenke.

 

Hannes überlegt weiter. Er kennt von vielen Mitarbeitenden und gar von allen Bereichs- und Teamleitenden die Hobbys. Mist! Er weiss von Carsten, dass er gerne segelt, dass Jutta einen sechsjährigen Pudel hat, von Bruno, dass er im Internet Glücksspiele macht. Das geht nicht. Das sind persönliche Daten, die man nicht haben darf.

 

Die Frage kreist in Hannes’ Kopf: «Ich habe diese Informationen doch nur im Kopf gespeichert?» Er liest in der Weisung nach und sieht, dass die Hardware für Datenspeicherung nicht eingeschränkt ist. Das bedeutet, dass sie für Cloud-Systeme, CRM-Software, Festplatten und gar Papier-Karteikarten gilt.

Die grösste Herausforderung: das Gehirn
Wenn Papier-Karteikarten als Datenträger gelten, wird wohl das menschliche Gehirn auch darunter fallen. Für Hannes ist das Verdikt klar: Er darf nicht wissen, was er über die Mitarbeitenden weiss. Das Wissen mag zwar im Umgang empathisch wirken, ist aber illegal.

 

Aber wie vergessen? Das ist nicht ganz einfach. Seminare für Gedächtnistraining gibt es zuhauf, aber eines, um zu vergessen? Er kämpft sich durch Literatur und plötzlich purzelt ihm ein Satz vor’s Auge: Vergessen kann nur, wer den Datenträger (sprich Gehirn) durch genügend neue Daten, die vermeintlich wichtiger sind, über-schreibt.

 

Hannes ist erleichtert. Er beginnt sofort. Er lernt sämtliche ame-rikanische Präsidenten mit Namen und Amtsjahren auswendig, ver-innerlicht sämtliche Torschützen an der Fussball-WM 2018, die weni-ger als Neymar am Boden lagen (also alle. ..), und paukt das Mandarin-ABC. Ist das wichtiger als Hobbys der Mitarbeiter? Wenn man in China in den Ferien ist, auf jeden Fall. Und da ist man ja schliesslich oft genug …

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