Die Konsequenzen für Schweizer Sektoren

Aktueller denn je verbreitet sich der Begriff «Trade war», dies auch unter Risiko-Verantwortlichen. Wenn zwischen den USA und China höhere Zölle erhoben werden: Könnte es auch weltweit tätige Schweizer Betriebe teffen? Wie könnten sich Riskmanager gegen die neuen Zoll-Regulativa rüsten? – Einschätzungen von Experten wie Martin Naville, CEO der Swiss-American Chamber of Commerce.

Die Konsequenzen für Schweizer Sektoren

 

 

Wie schwerwiegend ist der heraufbeschworene «Handelskrieg» zwi-schen den Grossmächten? Geht es um ein zielloses Geplänkel, oder zieht die Situation eine tiefe, nachhaltige Schädigung des globalen Handelssystems mit sich? Eigentlich sollten sich multinationale Un-ternehmen mit rapide verändernden Regulierungen und Bedürfnis-sen auskennen.

 

Viele Unternehmen in der Schweiz analysieren ihre Wertschöp-fungskette grundlegend und richten sie – je nach politischen Ent-scheiden und wirtschaftlichen Potenzialen – neu aus, und doch ver-donnert seit 2009 die USA ausländische Sektoren zu Zollhandels-Richtlinien.

 

Der Schweiz ist es bis jetzt gelungen, wichtige ökonomische Tei-le ihrer Wertschöpfungsketten anzuziehen. Der Schweizer Markt setzte positive Zeichen für Tausende von Zulieferfirmen, der Export nahm zu; schliesslich hat es auch solidere Entwicklungen auf dem Energie- und Arbeitsmarkt gegeben. – Nichtsdestotrotz ist jetzt die Si-tuation wegen auferlegter Handelshemmnisse der USA schwieriger einzukalkulieren.

 

Jetzt sieht es danach aus, als dass die volkswirtschaftlichen, rechtlichen und weiteren Treiber, welche bisher den multinationalen Unternehmen in die Schweiz Aufwind verliehen, umgestürzt werden. Und vor allem: Wo möchte Donald Trump mit seinen Strafzöllen res-pektive nebulösen Vorschlägen des jüngsten G-7-Treffens letztlich hin? Heisst es nur noch «America first» oder gibt es auch andere wirt-schaftliche Voraussetzungen und Planungsoptionen, mit denen auch hiesige Manager möglichst arbeiten können?

 

Kennen weltweit agierende Schweizer Betriebe die Treiber und Risiken, die bei staatlich-globalen Entwicklungen über die Ufer treten können? Aktuelle Tendenzen und Einschätzungen von Handels- und Entwicklungsexperten im Folgenden:

 

1.) Treiber Industriemetalle
Die Drohungen von US-Präsident Donald Trump, beispielsweise Im-portzölle von 25 Prozent auf Autos aus der EU zu verhängen, haben offensichtlich den Dollar-bedingten Preisanstieg der Industriemetalle gebremst. Ebenso gerieten im Frühling 2018 die Metallpreise in asiati-schen Börsen unter Druck, und demnächst werden neue Schutzzölle für Metalle gefordert. So möchte nicht nur die USA seinen Märkten Schützenhilfe leisten. Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang verkündete zum Beispiel im Mai 2018, dass in der Stahlindustrie Pro-duktionskapazitäten von 30 Mio. Tonnen Jahr für Jahr stillgelegt wer-den sollen. (Quelle: Wallstreet online)

 

Ziel der Chinesen ist es, bis Ende 2018 150 Mio. Tonnen an jähr-lichen Produktionskapazitäten einzuschränken, dafür die Preise zu-gunsten des chinesischen Renminbis zu drehen. Auf die inländische Stahlproduktion wird dies jedoch kaum Auswirkungen zeigen. Die Chinesische Republik könnte mit Stahlproduktionen locker weitere Rekordniveaus erreichen. So steuern nicht nur die USA, sondern auch andere Kräfte den Weltmarkt.

 

Der Aufstieg Chinas zum global wichtigsten Produktionsstand-ort spiegelt sich auch in der Nutzung wichtiger Rohstoffe wie zum Beispiel Kupfer wider. Daher wird im Kontext einer weltweit wach-senden Nachfrage ein systematisches Verständnis der Rohstoff­ bestände und -ströme immer wichtiger.

 

Bis heute wurde aber kein Versuch unternommen, beispiels-weise Kupferströme im Detail abzubilden und gleichzeitig diejenigen Wirtschaftssektoren zuzuordnen, welche Treiber für die Kupfer-nachfrage sind. Laut einer Studie des Fraunhofer ISI hat sich Chinas Pro-Kopf-Kupferbestand seit 1990 verachtfacht. Der Kupferpreis stieg kürzlich auf ein Viereinhalb-Jahres-Hoch. Mitten in diese Situation schiesst ein schwacher Dollar, der das Metall in anderen Wäh-rungen billiger macht, was die Nachfrage per se anschiebt. Allein seit dem 30. Mai 2018 hat sich Kupfer daher um sieben Prozent verteuert – im Vergleich zum Mai 2017 ist der Kupferpreis um über 20 Prozent gestiegen.

 

Gleichzeitig schwingen noch viele weitere Faktoren im Roh-stoffhandel mit: Aufstieg der USA zum weltgrössten Rohölproduzen-ten; volatile Ölpreise. Bevorstehende Schliessungen von (Kupfer-)Mi-nen in China und Chile; oder regionale Streiks.

 

2.) Verhalten der Marktteilnehmer
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China respektive zwi-schen den USA und der EU führte den SMI im Juni 2018 auf ein Jahres-tief; der Kurs hat sich jedoch schnell wieder hochgerappelt. Einige Börsen-kommentatoren versuchten derweil zu erklären, weshalb sich in Euro-pa im Gegensatz zu Asien kaum panikartige Reaktionen einstellten. Grundsätzlich kursiert die Börsenweisheit «der Markt irrt und korri-giert sich». Eine generelle Erklärung für SMI-Entwicklungen kursiert ebenso:

 

Die Anleger sind inzwischen «unempfindlich» gegen die ununter-brochene Tweets-Flut des US-Präsidenten geworden. Darüber hinaus gewinnt der in turbulenten Zeiten als sicherer Hafen geltende Schwei-zer Franken sowohl zum US-Dollar als auch zum Euro an Wert.Auf glo-baler Ebene sieht die Situation jedoch anders aus. Weil die Zinsen be-reits auf einem sehr tiefen Niveau liegen, ist auch der Spielraum der Zentralbanken eingeschränkt, um auf eine allfällige Wachstumsabschwächung reagieren zu können. Einige Marktkommentatoren haben für die «Trumpschen Zölle» durchaus Verständnis. Daniel Lacalle, Chefökonom des Hedge-Fund Tressis Gestion, stimmt dem Vorwurf zu, dass die Länder mit den höchsten Handelsbilanzüberschüssen seit Jahrzehnten die USA ausgenützt hätten (siehe «Der Handelsstreit ist nur ein Geplänkel», NZZ vom 17.6.2018).

 

Jetzt müsse man die Handelsverträge revidieren. Möglicherwei-se könnte die USA seine Handelspartner durch Druck zum Abbau ei-gener Protektionismus-Strategien bewegen. Den Gedanken eines völ-lig freien Handels, den Trump am letzten G-7-Treffen ausgesprochen hatte, würden einige Vertreter freier Märkte regelrecht begrüssen. Laut Korrespondenten scheine jedoch Trump zurzeit nicht wirklich an den freien Handel zu glauben.

 

Immerhin sei die Welt schon weit gekommen mit dem Zoll­ abbau, lobt der Science-Redaktor Ronald Bailey im Blog des «Reason Magazines», welches in Washington, DC, kursiert. Die Weltbank un-terstreicht: Die Zölle der USA beantragen im Durchschnitt noch 1,6 Prozent – sie sind gleich hoch/tief wie jene in Deutschland, Frank-reich, Italien und Grossbritannien. In Ländern wie Kanada oder Japan gehen sie sogar noch tiefer.

 

Indes ist die Position der USA gegenüber den Handelspartnern enorm gewichtig: Einerseits zeigt ihr Markt grosse Anziehungskraft auf andere Industrienationen, andererseits sind sie weniger export­abhängig.

 

 

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