Hannes macht einen Markt führer
Die Zahlen des vergangenen Jahres sprechen eine deutliche Sprache: Das Unternehmen, in dem Hannes seit einigen Jahren die Produktion leitet, befindet sich mitten in einem finanziellen Gewitter. Die Zeiten, in denen «Gewinnwarnung» lediglich die Aussage war, dass die Ge winnsteigerung nächstes Jahr eventuell nicht ganz so hoch ausfallen könnte, sind vorbei. Das Wort «Gewinnwarnung» erhält endlich die Bedeutung, die es hat. Vielleicht müsste man es auch in «Verlustwar nung» umbenennen.
Die Zahlen des vergangenen Jahres sprechen eine deutliche Sprache: Das Unternehmen, in dem Hannes seit einigen Jahren die Produktion leitet, befindet sich mitten in einem finanziellen Gewitter. Die Zeiten, in denen «Gewinnwarnung» lediglich die Aussage war, dass die Ge winnsteigerung nächstes Jahr eventuell nicht ganz so hoch ausfallen könnte, sind vorbei. Das Wort «Gewinnwarnung» erhält endlich die Bedeutung, die es hat. Vielleicht müsste man es auch in «Verlustwar nung» umbenennen.
Der einstige Fehlentscheid
Es zeichnet sich ab, was Hannes schon lange vermutet hatte: Die Auf teilung der Lagerhaltung auf zwei Länder, die von der Geschäftslei tung initiiert worden war, hat sich nicht bewährt. Der Logistikauf wand war zu gross. Deshalb hat man beschlossen, eines der Ausliefe rungslager gleich ganz zu schliessen.
Vielleicht war der Zeitpunkt nicht ideal. In dem Monat, in dem üblicherweise die grösste Auslieferungsmenge zu bewältigen war, wurde umdisponiert. Aus dem daraus entstehenden Rückstand von mehreren tausend Aufträgen resultierten fast ebenso viele Kunden stornierungen. Hannes hatte es gewusst, hatte gewarnt, war aber in der Schlussabstimmung unterlegen. Man unterstellte, dass ihm – in zwischen der Älteste im Gremium – der Mut zu Veränderungen fehle.
Als «Dank» darf er jetzt für den Kommunikationsverantwortli chen die Pressemitteilung verfassen. Man meint, dass es in Hannes’ Abteilung klemmt. Deshalb sei er prädestiniert, etwas Aussagekräfti ges zu formulieren.
Die Marktführerposition kreieren
Hannes hat die Vorgabe, die Schliessung des Lagers als Zeichen der Stärke wirken zu lassen, denn schliesslich seien sie Marktführer. Han nes stolpert bereits über das Wort «Marktführer». Wo und wann sind sie Marktführer? Das Unternehmen ist weder das grösste, noch hat es den grössten Umsatz. Verlustführer zu sein, gilt ja nicht. Die höchste Kundenzufriedenheit hat man auch nicht. Wie kriegt man die Be zeichnung «Marktführer» trotzdem hin?
Hannes recherchiert, aufgrund welcher Kriterien all die Pokale als «Entrepreneur des Jahres» vergeben werden. Da geht ihm ein Licht auf. Es ist gar nicht schwer: Man biegt sich die Kategorien so lange zu recht, bis nur noch einer übrig bleibt. So wird schliesslich jeder «En trepreneur des Jahres».
Wer also beispielsweise in der Kategorie «Unternehmer, die zwi schen 20 und 22 Jahren im Markt tätig sind, kein Studium absolviert haben, Linkshänder sind, zweimal durch die Führerprüfung gefallen sind, nie eine Stunde Marketing studiert haben und trotzdem von et was leben können» übrig bleibt, der gewinnt.
Hannes überlegt sich, wo sein Unternehmen Marktführer ist. Es stellt neben vielem anderem auch Werkzeugteile für die Montage von Löffel-Einwurf-Motoren in öffentlichen Kaffeeautomaten her. In die sem Segment sind wenige tätig, da ist man bereits fokussiert. Tiefe statt Breite ist ja sowieso das Marketing-Credo der Stunde.
Klarer Marktführer im Segment
Von diesen Herstellern für Werkzeugteile für die Montage von Löffel-Einwurf-Motoren in öffentlichen Kaffeeautomaten gibt es wiederum nur wenige Unternehmen, die länger als fünf Jahre existieren und in dieser Zeit mindestens viermal den Chef ausgewechselt haben. Die da zu Lagerhaltung in zwei Ländern betreiben und in denen gleichzeitig unter den Mitarbeitenden alle Charaktertypen nach dem DISG-Profil vertreten sind. Von diesen wiederum sind sie die einzigen, die trotz Verlust noch alle die eigene Kaffeetasse am Arbeitsplatz haben dürfen.
Hannes fasst zusammen und hackt in die Tastatur: «Wir sind in einem schwierigen Markt. Trotzdem haben wir es zum Marktführer gebracht. Wir sind klar und unangefochten die Nummer 1 im Markt für Werkzeughersteller für die Montage von Löffel-Einwurf-Motoren in öffentlichen Kaffeeautomaten mit Lagerhaltung in zwei Ländern, die bereits über fünf Jahre existieren, dabei mindestens viermal den Chef ausgewechselt haben und in denen bei den Mitarbeitenden alle Charaktertypen nach dem DISG-Profil vertreten sind, die allesamt eine eigene Kaffeetasse am Arbeitsplatz haben.»
«Wow!» Hannes ist stolz und erleichtert. Zur Not, falls es einen zweiten solchen Anbieter gäbe, würde er sich kurzerhand zum Links händer erklären. Denn der andere hat sicherlich keinen Produktions chef, der Pressemitteilungen «mit links» schreibt …