Was bringen Blockchain- Technologien dem Energiemarkt?
Die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) unterstützt die Entwicklung einer neuen internationalen Norm für Distributed-Ledger-Technologien (DLT) im Energiemarkt. Es handelt sich um die erste Blockchain-Initiative für die Strom- erzeugung und den Stromhandel. Die Schweiz steht bei dieser Entwicklung an vorderster Front, und eine der treibenden Kräfte ist SNV-Experte Alexandre Juncker, der uns hier eine kurze Einführung ins Energie- und Blockchain-Umfeld gibt.
Das Aufkommen erneuerbarer Energiequellen prägt die Zukunft des Energiemarktes. Es ist wenig vorstellbar, dass die Energieerzeugung künftig nur auf Sonnen-, Wind- und Wasserkraft beruhen wird. Bis deren Speicherung kostengünstig wird, müssen geeignete dekarbonisierte Alternativen wie die Kernkraft als Teil des Stromnetzes die Grundlast in der Nacht liefern und wenn kein Wind weht.
Dennoch hat die Dezentralisierung der Energieproduktion bereits begonnen und setzt den Umbau des Netzes fort. Sie wird Auswirkungen auf die Marktteilnehmer haben, die an der Stromerzeugung beteiligt sind, so wird es beispielsweise mehr kleine Anlagen geben als bisher. In der Folge entsteht ein neues Segment von Geschäftsmodellen für die Energieproduktion, weil einzelne Solarpanel-Installationen zusammengelegt und als virtuelle Kraftwerke verwaltet werden können. Ebenso wird das Geschäftsmodell des Übertragungsnetzes wahrscheinlich stark betroffen sein, wenn Energie vermehrt lokal produziert und genutzt wird.
Blockchain auf den Punkt gebracht
Distributed Ledger Technologies (DLTs), wie z.B. Blockchain, organisieren eine Anzahl von Peer-to-Peer-Netzwerkteilnehmern, sodass sie sich über Ereignisse, die innerhalb des Netzwerks stattfinden, verständigen können. DLTs werden mit einer Software implementiert, die diese Peers verbindet und einen Konsensalgorithmus mit anderen Knoten ausführt. Die Interaktionen und Validierungen beruhen auf kryptografischen Beweisen.
Daher sind die Transaktionen und Informationen, die in der Blockchain registriert werden, sicher nicht manipulierbar und unveränderlich. «Zwei Parteien, die sich
Zwei Parteien, die sich weder a priori kennen noch einander vertrauen, können miteinander handeln, ohne dass eine dritte Partei erforderlich ist.
Bahnbrechende Wertschöpfungskette im Energiemarkt
DLTs schaffen eine gesamte Umgebung für die Ausführung von Transaktionen und die Verarbeitung von Informationen. Sie sind in der Lage, Softwareprogramme darauf auszuführen, die als Schnittstelle zu den Geschäftsteilnehmern dienen und die gesamte Wertschöpfungskette der Stromerzeugung und des Stromhandels unterstützen können. Ohne die Notwendigkeit einer dritten Partei können auch Abrechnungen zwischen den Marktteilnehmern automatisiert werden, eine Kernfunktion von DLTs, die eine Vereinfachung der Administration verspricht.
DLTs können als eine blosse Kopie der bestehenden Prozesse auf einer dezentralen Plattform angesehen werden. Letztlich wird quasi nur nur ein stringentes Abrechnungssystem geschaffen und genutzt.
Hohes Mass an Transparenz und Rückverfolgbarkeit
Über die Steigerung der Unternehmenseffizienz hinaus werden Blockchain-Systeme die Energieindustrie weiter verändern. Ihre Transparenz und Rückverfolgbarkeit verspricht eine deutliche Verbesserung des Sektors. Insbesondere wird Energie während ihres gesamten Lebenszyklus rückverfolgbar sein. Technisch gesehen, bedeutet dies, dass das Hauptbuch aufzeichnet, welche Anlage zu einem bestimmten Zeitpunkt wie viel elektrische Energie produziert und wer sie vom Netz verbraucht hat. Sobald es möglich sein wird, dass jeder Teilnehmer systematisch sagen kann, wer wofür bezahlt, werden die Zahlungen der Verbraucher auf direkterem Weg an diejenigen Produzenten fliessen, die auch von der Bevölkerung bevorzugt werden. Diese Markteffizienz ist wünschenswert, und sie ist der Weg, wie Blockchain zur Transformation des Energiesektors beitragen wird.
Der Spieler im Hintergrund und nicht der Stürmer
Wie wird Blockchain den Alltag der KMU in Zukunft verändern? Man darf davon ausgehen, dass die Veränderungen so gering wie möglich bleiben werden. Typischerweise sollte ein Händler immer darauf bedacht sein, den richtigen Preis und Zeitpunkt für den Kauf oder Verkauf von Strom zu wählen, unabhängig von der Art der Infrastruktur, die zur Dokumentation und Abwicklung des Handels dient. Natürlich werden sich einige Abteilungen von Unternehmen, die mit der neuen Plattform arbeiten, verändern oder sogar ganz wegfallen.
Bei der Einführung von DLT geht es grundsätzlich darum, die Geschäftsprozesse auf die neue Infrastruktur umzustellen. Auf dem Weg dahin sollten wir die Gelegenheit nutzen, wo immer möglich zu rationalisieren und die Rückverfolgbarkeit miteinzubeziehen, mehr nicht. Die Blockchain sollte eher ein Rückgrat sein, das tief in den Informationssystemen liegt, von dem die Anwender kaum etwas sehen.
Blockchain fördert die kohlenstofffreie Stromversorgung
Unabhängig davon, wie ein Konsens über die Blockchain erzielt wird, soll sie zur Unterstützung der Unternehmen und ihrer Schnittstellen eingesetzt werden, um die Märkte effizienter zu machen und dadurch die kohlenstofffreie Stromerzeugung zu begünstigen oder zumindest die Instrumente dafür bereitzustellen. Es versteht sich von selbst, dass ein energieintensiver Proof of Work wie bei Bitcoin als Konsensmechanismus nicht infrage kommt – die Blockchain der Industrie muss auf energiesparende Alternativen setzen.
Alle an einen Tisch holen und das gemeinsame Vorgehen festlegen Eine DLT-Plattform ist ein Protokoll mit universellem Anspruch. Alle Akteure, die versuchen, ihre Lösung voranzutreiben, haben den Ehrgeiz, alle Marktteilnehmer mit an Bord zu nehmen. Mit Unterstützung der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV) als Governance- Plattform sollen alle Marktteilnehmer in der Energiewirtschaft an einen Tisch gebracht werden, um eine gemeinsame Infrastruktur und ein gemeinsames System zu definieren, das von allen akzeptiert werden kann.
Wenn wir kein gemeinsames System schaffen, würden wir mit einer Vielzahl von Protokollen enden, die nur auf einem engen Segment der Wertschöpfungskette laufen, nicht aber für die Unterstützung der übrigen Anwendungsfälle ausgelegt sind und kaum mit den benachbarten Segmenten sprechen können. In diesem Fall wäre es uns nicht gelungen, das vielversprechende Potenzial der Blockchain wirklich zu nutzen.