Start-up-Förderung im grossen Stil

Seit 30 Jahren prämiert die Stiftung W.A. de Vigier Schweizer Start-ups. Zum Jubilä-um wurden im Mai 2019 gleich doppelt so viele Jungunternehmen ausgezeichnet. Die Stiftung vergab zehn Preise, fünfmal CHF 100 000.– und fünfmal CHF 50 000.–. Ein Teil der Preisgelder stammte von ehemaligen Preisträgern/-innen, die dem Start­ up-Ökosystem etwas zurückgeben wollten.

Start-up-Förderung im grossen Stil

 

Als der Preis W.A. de Vigier vor 30 Jahren zum ersten Mal verliehen wurde, lernten viele der diesjährigen Preisträger gerade erst laufen. Niemand redete damals über die Start-up-Förderung. Der Solothurn-stämmige Indust-rielle Bill de Vigier wusste aus eigener Erfah-rung, wie wichtig Startkapital ist, und setzte sich zum Ziel, vielversprechenden Start-ups den Weg zu ebnen. Er war einer der Ersten überhaupt, der sich in der Schweiz institutio-nell um die Start-up-Förderung kümmerte. Seit drei Jahrzehnten verleiht die W.A. de Vi-gier Stiftung den höchstdotierten Förderpreis der Schweiz und zwar à fonds perdu und un-abhängig, also ohne jegliche an den Gewinn geknüpfte Bedingungen. «Dass ehemalige

 

Gewinner/­-innen zu den diesjährigen Preis-geldern beisteuerten, freut mich ganz beson-ders. Ich wünsche mir, dass unsere Alumni untereinander inskünftig vermehrt Partner-schaften eingehen, die den bereits etablierten Firmen helfen, innovativ zu bleiben und den jungen Start-ups den Weg in den Markt eb-nen. Zudem ist es ganz im Sinne des Grün-dervaters Bill de Vigier, die Früchte des Er-folgs mit jenen zu teilen, die noch am Anfang stehen», so Regula Buob, Geschäftsführerin der Stiftung W.A. de Vigier.

Jury lud erstmals 60 Start-ups zum Pitchen ein
Im Jubiläumsjahr 2019 gab es eine weitere Premiere: Nach einer Vorselektion lernte der Stiftungsrat anstelle von 16 Start-ups erstmals gleich 60 Jungunternehmer/-innen persön-lich kennen. «Wir konnten uns am ‹Selection Day Top 60› sehr früh ein Bild von den Ideen und insbesondere den Menschen dahinter machen. Unsere Stiftung legt besonderen Wert auf die Unternehmerpersönlichkeit, weil wir in unserem Land mehr Pioniere brauchen, wie Bill de Vigier einer war. Wir brauchen echte Vorbilder, die unsere Gesell-schaft sowohl mit ihren Ideen als auch mit ihrem Spirit prägen», betont Beat Graf, Vize-präsident der Stiftung.

Daniel Borer, Präsident des Stiftungsrates, im Gespräch
Was bewog Sie dazu, das Präsidium der ­ W.A. de Vigier Stiftung zu übernehmen? Daniel Borer: Als Arzt, Investor und Gesell-schafter bin ich natürlich an innovativen Ideen­ interessiert. In meiner Rolle als Präsi-dent des Stiftungsrats und Juror freue ich mich immer wieder, mit spannenden Jungunternehmern/-innen in Kontakt zu kommen. Sie zudem auch noch fördern zu können, ist eine sehr sinnstiftende Aufgabe. Es ist mir eine Ehre, gemeinsam mit meinen Stiftungsratskollegen, mit der Geschäftsführerin, unseren Experten, Ambassadoren und mit der Gründerfamilie den Spirit Bill de Vigiers weiter am Leben zu erhalten.

 

Welche Ziele für die Stiftung verfolgen Sie seit Ihrem Amtsantritt?
Wir müssen das Rad zum Glück nicht neu erfinden, der Stiftungszweck ist klar definiert. Vielmehr führen wir eine äusserst bewährte Tradition weiter. Persönlich besinne ich mich immer wieder gerne aufs überdachende Ziel, das Schweizer Unternehmertum zu fördern. Damit meine ich, dass wir mit anderen Institutionen am gleichen Strick ziehen und uns gegenseitig ergänzen. In den letzten Jahren verschob sich zudem der Fokus von der eingereichten Idee verstärkt auf den Charakter

 

«Wir suchen nicht nur bahnbrechende Produkte.»

 

des CEOs, also den Menschen hinter der Idee. Wir suchen für die Schweizer Wirtschaft nicht nur bahnbrechende Produkte und Geschäftsideen, sondern ebenso gesunde und integre Unternehmerpersönlichkeiten, die anderen Jungunternehmern/-innen als Vorbilder dienen.

 

Wie sehen Sie die zukünftige Rolle der Stiftung W.A. de Vigier im Schweizer Start-up-Ökosystem?
Ich habe bereits erwähnt, dass unsere Stiftung den Fokus stark auf die Unternehmerpersönlichkeit legt. Dies tun wir, weil wir in unserem Land mehr Pioniere brauchen, wie Bill de Vigier einer war – echte Vorbilder eben, welche die Gesellschaft sowohl mit ihrer Idee als auch mit ihrem Spirit verändern. Und was wir auch brauchen, sind CEOs, die im Erfolgsfall wieder in Start-ups investieren und zwar nicht nur mit Geld, sondern auch mit Know-how. Dieses Meccano funktioniert in der Schweiz noch nicht optimal. Unsere Stiftung will in zehn Jahren mindestens 20 solcher Leuchtturmfiguren auf der Bühne der Schweizer Wirtschaft sehen, die einmal zu den Top 10 im Rennen um den W.A. de Vigier Preis zählten.

 

Wie messen Sie als Stiftung Ihren Erfolg?
Am direktesten zeigt sich der Erfolg unseres Engagements in den Berichten der von uns geförderten Start-ups. Wir hören immer wieder, dass aus dem Nichts Investoren anrufen, nachdem ein Start-up von unserem Stiftungsrat in die Top 16 gewählt wurde. Genau so erging es kürzlich Peter Diehl, dem CEO von Audatic. Bereits unsere Top-16-Shortlist ist ein Qualitätssiegel, das weit über die Schweizer Grenze hinaus hohe Glaubwür-digkeit geniesst. Tatsächlich erhielten in den vergangenen zehn Jahren alle Start-ups aus den Top 10 eine Anschlussfinanzierung. Wir pflegen ganz bewusst den Kontakt mit unseren Alumni und bieten gerne Hand, wenn dies gewünscht und machbar ist. Nebst dem Preisgeld, dem Coaching und Leadership- Training ist auch unser Netzwerk immer wieder richtungsweisend für die Start-ups. Die Stiftungsräte sind weit vernetzt, auch unsere Experten/Expertinnen und Ambassadoren/ Ambassadorinnen konnten schon so manche Tür öffnen. In Zahlen lässt sich sagen, dass die bisher 118 prämierten Start-ups nach einer Hochrechnung rund 3000 Stellen geschaffen haben.

 

Wann schlägt bei einem Pitch das Jurorenherz höher?
Das ist sicher bei jedem Stiftungsratsmitglied unterschiedlich. Ich werde besonders hellhörig, wenn Person und Idee eng verwoben sind und der oder die Geschäftsführer/-in geerdet und gleichzeitig visionär auf mich wirkt. Vor uns stehen oft sehr junge Menschen, die sich zutrauen müssen, riesige Finanzierungsrunden zu stemmen. Wir sind uns in der Jury auch nicht immer einig, es wird hart verhandelt und argumentiert, basierend auf den vorliegenden Expertisen, Factsheets, Assessments, Präsentationen und Motivationsvideos. Die Tätigkeit als Juror ist wirklich ein Privileg. Der Stiftungsrat darf risikofreudig und eben auch unabhängig bahnbrechende Ideen aussuchen. Das ist ein bisschen wie Perlentauchen.

Dies sind die Gewinner/-innen 2019

  • PXL Vision AG aus Zürich (ZH): entwickelt modernste Technologien zum vollautomatischen Kunden-Onboarding sowie zur Identitätsprüfung mit kamerabasierten Geräten.
  • Scewo AG aus Winterthur (ZH): entwickelt einen Rollstuhl, der es dem Fahrer ermöglicht, Treppen zu steigen und sich viel freier zu bewegen.

 

«Die 118 prämierten Start-ups haben 3000 Stellen geschaffen.» Daniel Borer

 

  • Swiss Motion Technologies AG aus Renens (VD): produziert im 3D-Druck erschwingliche prothetische Silikoneinlagen. Die Einlage dient als weiche Dämpfungsschicht zwischen Bein und Prothese.
  • T3 Pharmaceuticals AG aus Basel (BS): verwendet Bakterien, die solide Tumore spezifisch aufspüren und sogar in ihnen wachsen können. Im Tumor agieren die Bakterien als effiziente Produktionsstätten für therapeutisch aktive Proteine.
  • Vatorex AG aus Winterthur (ZH): Mit Wärme gegen das Bienensterben
  • Mirrakoi AG aus Lausanne (VD): Leicht bedienbares und zugängliches 3D-CAD-Tool
  • Mobbot AG aus Freiburg (FR): Bauunternehmen können ihre Herstellungs- und Installationskosten dank der 3D-Betondrucktechnologie von Mobbot und einem vollständig digitalisierten Prozess um 40 bis 80 Prozent senken. .
  • PharmaBiome AG aus Zürich (ZH): entwickelte eine Technologie zur Isolierung, Kultivierung und Charakterisierung von Darmmikroben, um Darmkrankheiten zu behandeln.
  • Piomic Medical AG aus Zürich (ZH): entwickelt ein neuartiges Medizinprodukt zur Behandlung chronischer Wunden.
  • Sleepiz AG aus Zürich (ZH): Mit der Lösung von Sleepiz können sich Patienten von zu Hause aus auf Schlafstörungen testen lassen.

 

 

 

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