150 Jahre economiesuisse: Ein Verband wie die Schweiz

economiesuisse ist der älteste nationale Unternehmerverband der Welt. In diesem Jahr feiert er sein 150-jähriges Bestehen. Seit seiner Gründung am 12. März 1870 vertritt der Dachverband einen bedeutenden Teil der Schweizer Wirtschaft – zunächst als Schweizerischer Handels- und Industrieverein, auch bekannt als «Vorort», und ab 2000 unter dem Namen economiesuisse.

 

Vor 150 Jahren haben in Bern kantonale Handelskammern und Branchenverbände einen nationalen Dachverband gegründet: den Schweizerischen Handels- und Industrieverein (SHIV). (Bild: Unsplash)

Seit nunmehr 150 Jahren vertritt economiesuisse die Interessen der wettbewerbsorientierten, international vernetzten und verantwortungsbewussten Schweizer Unternehmen. Heute repräsentiert der Wirtschaftsdachverband auf nationaler Ebene 20 kantonale Handelskammern, rund 100 Branchenverbände und rund 100 000 Unternehmen mit rund zwei Millionen Arbeitsplätzen in der Schweiz und nochmals über 2,1 Millionen Arbeitsplätzen im Ausland. «Wir haben Mitglieder aus allen Landesteilen, grosse und kleine, aus allen Branchen. Damit sind wir eine wichtige Stimme der Unternehmen im gesamten politischen Prozess. Und wir setzen alles daran, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird», sagt Heinz Karrer, Präsident von economiesuisse.

Nach der offiziellen Vereinsgründung mit der Unterzeichnung der Statuten am 12. März 1870  hat sich für den SHIV rasch der Name Vorort eingebürgert. Dieser wurde vom Verein bis ins Jahr 2000 und bis zur Umbenennung in economiesuisse beibehalten. Im neu gegründeten Verband führte jeweils eine kantonale Handelskammer im Rotationsprinzip die Geschäfte und wurde daher Vorort genannt – wie in der Tagsatzung der Eidgenossenschaft vor 1848 sollte ein Kanton jeweils als «Vorort» walten. Im Jahr 2000 fusionierte der Vorort mit der 1943 gegründeten Gesellschaft zur Förderung der Schweizer Wirtschaft (wf) zu economiesuisse.

ÄLTESTER WIRTSCHAFTSDACHVERBAND DER WELT

Aus Anlass seines 150-jährigen Bestehens beauftragte economiesuisse die habilitierte Basler Wirtschaftshistorikern Andrea Franc, die Geschichte des ältesten Wirtschaftsdachverbands der Welt seit 1870 nachzuzeichnen. In minutiöser Kleinarbeit hat sie die Archive von economiesuisse und der Vorgängerorganisationen Vorort und wf durchforstet und ihre Erkenntnisse in den Kontext politischer und wirtschaftlicher Ereignisse in den vergangenen 150 Jahren in der Schweiz gestellt. Sie kommt zum Schluss: «Die Geschichte des Verbands spiegelt die langfristig gewachsene, auf starken Institutionen beruhende politische Kultur der Schweiz», sagt Andrea Franc. Und weiter: «Ein Blick zurück auf die Anfänge von economiesuisse kann uns nur lehren, dass Unternehmergeist und Freiheitsverständnis letztlich nicht zu trennen sind.»

Ihre Einblicke und Einsichten wird sie im Laufe dieses Jahres bei verschiedenen Gelegenheiten präsentieren. Zudem wird im Herbst im Verlag Hier und Jetzt das Buch «Im Austausch mit der Welt – Schweizer Unternehmen im 19. und 20. Jahrundert» von Andrea Franc erscheinen. Die Chronologie der wichtigsten Ereignisse für den Verband und die herausragenden Persönlichkeiten der Verbandsgeschichte finden sich bereits auf der Website des Verbandes.

AUSEINANDERSETZUNG MIT DER VERGANGENHEIT UND DER ZUKUNFT DER WIRTSCHAFTSPOLITIK

«Die Neugier hat uns angetrieben», erklärt Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse, zum Auftrag an die Historikerin. «Was offenbart uns ein kritischer, wissenschaftlich geschärfter Blick in die Archive? Was lehrt uns die Geschichte der Wirtschaftspolitik unseres Landes? Und vor allem: Welche Erfahrungen in der Vergangenheit können uns Orientierung geben in dieser immer schneller und dynamischer werdenden Zeit, in der wir leben? Diese Frage steht für uns im Jahr 2020 im Zentrum.»

Mit Veranstaltungen und Ausstellungen, mit Videos, Podcasts sowie Online-Aktivitäten und vor allem in Gesprächen mit Politik und Gesellschaft regt economiesuisse eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Zukunft der Schweizer Wirtschaftspolitik an. Eine Wirtschaftspolitik, die – eingebettet ins konsensuale und partizipative politische System der Schweiz – als Rahmen für die Unternehmen den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land Wohlstand und soziale Sicherheit gebracht hat. «In Zeiten steigender Unübersichtlichkeit schafft Orientierung und Vertrauen, was schon unsere Vorgänger gepflegt und geschätzt haben: der Dialog zwischen Menschen und das gemeinsame, konstruktive Ringen um die beste Lösung für unser Land,» sagt Monika Rühl.

SONDERPUBLIKATION «150 JAHRE ECONOMIESUISSE»

Wie ist es zu erklären, dass vor 150 Jahren der erste nationale Unternehmerverband der Welt ausgerechnet in der Schweiz entstand? Eine von economiesuisse in Auftrag gegebene und vom «Schweizer Monat» ausgearbeitete Sonderpublikation geht dieser Frage nach. Es ist kein Zufall, dass economiesuisse für diese Publikation mit dem «Schweizer Monat» zusammengearbeitet hat. Ihre beiden Wege sind durch gemeinsame Interessen und Anliegen seit über 80 Jahren miteinander verbunden. Der Direktor der Wirtschaftsförderung, die mit dem Vorort zu economiesuisse fusionierte, war 1941 bis 1962 sogar zeitgleich Redaktor der «Schweizer Monatshefte». Die Sonderpublikation zeigt auf, wie es 1870 zur Gründung des Schweizerischen Handels- und Industrievereins kam und was für eine Rolle der Verband heute spielt. Silvio Borner und Beat Kappeler sprechen über verpasste Liberalisierungen, die Macht der Wirtschaftsverbände und dunkle Wolken am Horizont. Mit der Glarner Textilindustrie und der Emmentaler Werkzeugfirma PB Swiss Tools werden Pioniere der Schweizer Wirtschaft portraitiert. Einblicke in die Arbeit von economiesuisse-Mitarbeitenden runden die Anfang März erschienene Ausgabe ab.

HANDEL IM WANDEL – EINE AUSSTELLUNG AUS DEM ARCHIV FÜR ZEITGESCHICHTE

Die Archive von economiesuisse sowie der Vorgängerorganisationen SHIV und wf befinden sich im Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) der ETH Zürich. Zum 150-jährigen Bestehen präsentiert das AfZ Dokumente zur Verbandsgeschichte und greift damit Kernthemen der schweizerischen Wirtschaftspolitik auf. Die Ausstellung zeigt exemplarische Dokumente aus dem Archiv. Sie beleuchtet die politische Rolle und die inhaltliche Arbeit des Wirtschaftsdachverbands in unterschiedlichen Phasen vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Ausschnitte aus Zeitzeugengesprächen sowie Industrie- und Lehrfilmen ermöglichen einen lebendigen Blick in die Vergangenheit. Dies ruft zeitgenössische Besonderheiten in Erinnerung und regt zum Nachdenken über Gegenwart und Zukunft an. Die Ausstellung im Archiv für Zeitgeschichte am Hirschengraben 62 in Zürich dauert vom 18. Mai bis zum 3. Juli 2020.

Weitere Informationen zur Geschichte von economiesuisse und zu den aktuellen Jubiläumsaktivitäten finden Sie auf unserer Jubiläums-Website.

Zur Jubiläums-Website

(Visited 393 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema